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Gespenst aus der Zukunft

Gespenst aus der Zukunft

Titel: Gespenst aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Howard (Hrsg.)
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»Jawohl.«
    »Was denn?«
    »Gras«, sagte Chuck. »Rotes Gras.«
    Engar starrte ihn an. »Rot?«
    »Wie das da.« Ein Grashalm lag in Chucks großer Handfläche. Er war breit und rauh und rot. Engar nahm ihn vorsichtig auf. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Die Chlorophyll-Reaktion ...«
    »Ich auch nicht«, unterbrach ihn Chuck. »Meine Arbeit ist es, mit dem großen Bagger umzugehen. Dachte mir nur, daß es Sie vielleicht interessiert.«
    »Sehr sogar«, sagte Engar und studierte den Grashalm. »Danke, daß Sie das Ding hergebracht haben. Wenn Sie wieder etwas Auffälliges beobachten, sagen Sie mir Bescheid.«
    Chuck machte sich mit dem Plastikhelm unter dem Arm auf den Weg. »Schon gut, Mister Jarvin.«
    Engar nickte. Er war bereits ganz in die Beobachtung des Halms vertieft. Er legte ihn unter ein Mikroskop und stellte fest, daß er bis auf die rote Farbe wie jedes andere Gras aussah. Natürlich gab es auf der Erde viele Pflanzen, die im Herbst rot wurden. Er warf einen Blick auf das Thermometer. Es zeigte minus hunderteinundsechzig Grad Fahrenheit an. Nicht gerade Herbsttemperatur, dachte er. Außerdem begann die Pflanze erst zu wachsen, und sie wuchs aus gefrorenem Ammoniak. Er legte das Blatt auf die Porzellanwerkbank. Es schien dunkler zu werden. Dann rollte es sich zusammen. Plötzlich entzündete es sich und verpuffte.
    Engar nickte. Völlig normal.
    Er holte das Bericht-Tonband, aber eine scharfe Stimme unterbrach ihn. »Mister Jarvin, Sie sind kein Botaniker, oder?«
    Er wandte sich Corinne Madison zu. »Nein«, sagte er.
    »Ich schon«, erklärte sie. »Botanik war mein Nebenfach. Außerdem mag ich es nicht, wenn sich etwas hinter meinem Rücken abspielt.«
    »Ich habe nur ...«
    Sie streckte ihre zierliche Hand aus. »Den Grashalm bitte.«
    Er biß sich auf die Unterlippe. »Leider kommen Sie zu spät.«
    Sie ließ die Hand sinken. Ihre Augen blitzten. »Weshalb komme ich zu spät, Mister Jarvin?« Er deutete auf das winzige Aschehäufchen.
    Sie wuchs um ein paar Zentimeter. »Das ist glatte Gehorsamsverweigerung, Mister Jarvin.«
    »Sie erwarten doch nicht, daß ein Blatt, das von da draußen kommt, hier im Labor seine Substanz behält? Wenn ich Sie erinnern darf, beträgt der Temperaturunterschied etwa fünfhundert Grad.«
    »Nein, ich erwarte es nicht«, sagte sie. »Ich erwarte auch nicht, daß rotes Gras aus gefrorenem Ammoniak wächst.«
    Engar senkte den Blick. »Es ist ein fremder Planet, und wir wissen sehr ...«
    »Das haben Sie, glaube ich, schon einmal gesagt. Ich möchte nicht mit Ihnen streiten, Mister Jarvin. Wenn wieder so etwas vorkommt, verständigen Sie mich bitte, bevor die Verbrennung stattfindet.«
    Er gab keine Antwort. Die Situation erforderte keine Antwort. Wenn sie nur nicht so schwarzes Haar und so weiße Haut hätte – er seufzte. Aber er dachte, daß alles seine Grenzen hatte, und er fragte sich, ob Miß Madison ihn nicht auf diese Grenze zuschob ...
     
    *
     
    Zwei Tage später sah Chuck Delbert wieder vorbei. Über der Nase hatte er zwei scharfe Falten. »Das rote Gras«, sagte er und nahm den Helm ab, »wird stärker. Die ganze Ebene draußen ist damit bedeckt.«
    »In welcher Richtung, Chuck?«
    »In allen Richtungen. Ich nahm den Eisschlitten und machte eine Runde um die Station. Es ist ein ganz regelmäßiges Feld.«
    »Können Sie sagen, wie weit es von der Station aus reicht?«
    »Ziemlich weit – jedenfalls bis über die Strahlen der Suchscheinwerfer hinaus.«
    »Vielleicht ist es eine jahreszeitlich bedingte Erscheinung.«
    »Letztes Jahr war es nicht da.«
    »Nein, das nicht – aber vielleicht sind die Jahreszeiten auf Uranus anders. Der Planet braucht vierundachtzig Jahre, bis er die Sonne umkreist hat, deshalb könnten die Wachstums- und Ernteabschnitte weiter auseinanderliegen.«
    »Ja, vielleicht. Es ist komisch«, sagte Chuck. »Das Gras scheint auf die Station zuzukommen.«
    »Das bilden Sie sich vielleicht ein.«
    »Ich nicht«, sagte Chuck. »Meine Lehrer haben immer behauptet, ich besäße überhaupt keine Phantasie.«
    An diesem Abend waren die Säulen etwas ruhiger, und Engar stieg zum Beobachtungsposten im obersten Teil der Kuppel hinauf und schaltete den großen Suchscheinwerfer ein. Er beleuchtete die Dunkelheit von Uranus in allen Richtungen. Überall war es das gleiche – eine gefrorene weiße Ebene, flach und riesig. Bis auf eines – das rote Gras, das im Scheinwerferlicht schwarz wirkte, kam von allen Seiten bis auf zweihundert

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