Gespenster um Al Wheeler
ich und zuckte nur ein wenig zusammen. »Aber
der Scotch war gut, und Ihre Figur ist ausgesprochen schön .«
»Gehen Sie schon, Al ?« Ihre dichten Augenbrauen zogen sich zusammen. »Weshalb?
Der Abend ist eben erst angebrochen .«
Ich warf einen Blick auf meine
Uhr. »Es ist kurz nach sieben — und ich bin seit meinem Hiersein ungefähr
zwanzig Jahre älter geworden, vergessen Sie das nicht. Ich habe vor, nach Hause
zu gehen, ein hübsches heißes Bad zu nehmen und mich schlafen zu legen .«
Sie stand mit einer
geschmeidigen Bewegung auf. »Es tut mir leid, daß Sie gehen müssen, Al, aber
ich kann es begreifen .«
Als wir an der Tür standen,
legte sie ihre beiden Hände auf meine Schultern, und ich drehte mich zu ihr um.
Ihr Körper preßte sich für ein
paar Sekunden heftig an mich, und ihre Hüften bewegten sich leicht. »Es tut mir
leid, daß Sie gehen müssen«, wiederholte sie leise, und ihre Stimme klang
plötzlich viel heiserer. »Wir hätten es uns schrecklich nett machen können,
Baby. Vielleicht hätte ich sogar meinen Spezialtanz für Sie getanzt !«
Sie betrachtete mich durch ihre
halbgeschlossenen Lider. »Ich habe einmal in San Francisco Unterricht bei einer
echten ägyptischen Bauchtänzerin genommen. Nur ist das nicht die Sorte Tanz,
die in diesem Land erlaubt ist — nicht einmal in einem wirklich tollen Bums .«
»Es verschlägt mir den Atem vom
reinen Zuhören, Charity , mein Baby«, sagte ich
trocken.
Die rhythmische Bewegung ihrer
Hüften nahm an Tempo zu. »Kommen
Sie ein andermal zurück«, flüsterte sie, »und ich garantiere, daß es Ihnen
nicht nur den Atem verschlägt .« Sie biß mich einen Augenblick
lang beiläufig in die Unterlippe, als handle es sich um eine Olive in einem
Martini, und trat dann zurück. »Verraten Sie dem alten Sauertopf Crispin nicht,
daß Sie mich bereits gefunden haben«, sagte sie gleichmütig. »Sonst kommt er in
die Stadt geprescht und zerrt mich auf die alte Plantage zurück, und ich habe
jetzt noch keine Lust dazu .«
»Ich würde ihm noch nicht
einmal guten Tag sagen, wenn er an eine Zeitbombe angebunden wäre«, sagte ich
aufrichtig, mit den Fingern meine bereits anschwellende Unterlippe betastend.
»Man hätte Sie Vampivy und nicht Charity taufen sollen .«
VIERTES KAPITEL
D as lange heiße Bad, ein langer
Nachtschlaf — beides wirkte bei Wheeler, dem so lange freundlicher Behandlung
Entwöhnten, Wunder. Ich wachte, mich munter und gesund fühlend, zu meinem
Schrecken um sechs Uhr am nächsten Morgen auf, frühstückte, zum erstenmal seit ich mich erinnern konnte, in Ruhe und
langweilte mich derart, als ich zum zweitenmal die
Morgenzeitung durchlas, daß ich fünf Minuten nach neun Uhr im Büro eintraf.
Annabelle Jackson, die
Sekretärin des Sheriffs, starrte mich mit oifenem Mund besorgt an, als ich eintrat.
»Al Wheeler! Sie müssen krank
sein !« In Augenblicken seelischer Bedrängnis verdickte
sich ihr südlicher Akzent zur Konsistenz von Zuckersirup, und ich fragte mich,
ob er überhaupt echt sei. »Oder wandeln Sie im Schlaf, mein Honigpüppchen ?«
»Quatsch«, sagte ich brüsk.
»Ich fühlte mich nur gesund, das ist alles .«
»Sie — gesund ?« Sie schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Nun weiß ich, was los ist — Sie haben
wieder einmal eine Spritztour hinter sich !«
»Ich bin nur bis zum Rand
gefüllt mit Vitalität und Lebenslust«, sagte ich mit Wärme und gab ihr zum
Beweis dessen einen anerkennenden Klaps dorthin, wo ihr Rock am engsten saß.
Sie zog sich hastig hinter
ihren Schreibtisch zurück und beobachtete mich scharf mit einem gequälten
Ausdruck in den Augen. »Wenn Sie schon um neun Uhr morgens so sind«, stöhnte
sie leise, »dann lege ich keinen Wert darauf, um fünf Uhr heute
nachmittag noch hier zu sein .«
»Sie brauchen sich keine Sorgen
zu machen«, teilte ich ihr mit einem beruhigenden und freundlichen Lächeln mit.
»Ich habe nur eine Vorliebe für Mädchen, die blond, schön und sexy sind .«
Sie machte einen plötzlichen
Ausfall über den Schreibtisch weg und griff nach einem schweren Eisenlineal.
»Eine Bewegung in meiner Richtung, Al Wheeler«, keuchte sie, »und Sie kriegen
eines über den Kopf .«
»Okay.« Ich zuckte hilflos die
Schultern. »Wenn ich hier dauernd mißverstanden werde, möchte ich jetzt mit dem Sheriff reden .«
»Geht nicht«, sagte sie in
bedauerndem Ton. »Er hat eben angerufen. Er wird vor elf Uhr nicht hier sein — er
muß mit irgendwelchen Koryphäen vom Stadtrat
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