Gespenster um Al Wheeler
werde !« knurrte eine barsche Stimme. »Ihr Boß hat es wirklich
gerade noch geschafft — noch zehn Sekunden, und die Tür hier hätte quer über
seinem Schreibtisch gelegen !«
Die drei kamen ins Büro, zwei
Männer und ein Mädchen, und kaum waren sie drin, schlüpfte Annabelle hinaus,
die Tür hinter sich schließend. Der große, erschreckend dünne Mann mit dem
scharfgeschnittenen Gesicht und der quer über seine Stirn laufenden weißen
Narbe trat auf den Schreibtisch zu. »Sind Sie der Countysheriff — oder wie Sie sich selber bezeichnen wollen — , jedenfalls der, der hier für die Polizei zuständig ist?«
»Ich bin Lieutenant Wheeler und
bin von der Mordabteilung der Stadtpolizei zum Büro des Sheriffs kommandiert«,
sagte ich. »Wie Ihnen die Sekretärin draußen schon mitgeteilt hat, wird der
Sheriff erst später kommen .«
Er knallte eine Detroiter
Ausgabe der Morgenzeitung vom Vortag vor mir auf den Schreibtisch. Der
vertraute Anblick des Kopfes des Unbekannten sprang mir förmlich in die Augen.
»Haben Sie etwas mit dieser
Sache zu tun ?« knurrte Martinelli .
»Sicher«, sagte ich. »Ich führe
die Ermittlungen .«
»Ja? Na, großartig!« Seine
Stimme quoll über vor ironischer Verachtung. »Hast du das gehört, Georgie ? Das hier ist das Genie, das sich seit fünf Jahren
mit dem Fall befaßt und noch nicht das geringste
herausgekriegt hat !«
»Ich habe es gehört, Gabe«,
sagte das Mädchen mit gepreßter Stimme. »Es ist
schrecklich — einfach schrecklich !«
»Haben Sie das gehört, Polyp ?« sagte Martinelli wild. » Georgie findet es schrecklich. Wie steht’s mit dir, Ed, was
hältst du davon ?«
»Ich halte es für einen
erschreckenden Beweis von Unfähigkeit, Gabe«, sagte der andere Bursche mit
ruhiger, kultivierter Stimme. »Ich glaube, da gäbe es einen Ansatzpunkt für
eine Anklage wegen geradezu verbrecherischer Unfähigkeit. Man sollte die
Staatspolizei mit einer Untersuchung beauftragen .«
»Haben Sie das auch gehört,
Polyp ?« krächzte Martinelli .
»Ed findet, daß Sie Ihren Job lausig versehen und für neunundneunzig Jahre ins
Loch gesteckt gehören. Was haben Sie dazu zu sagen, he ?«
»Ich gebe Ihnen einen guten
Rat, Gabriele«, knurrte ich. »Scheren Sie sich hier raus, bevor ich Sie alle
drei wegen Hausfriedensbruchs einsperren lasse .«
Für eine Sekunde weiteten sich
seine Augen ungläubig, dann verdunkelte sich sein Gesicht in ausbrechender Wut.
»Hören Sie zu«, sagte er mit erstickter Stimme, »reden Sie noch einmal so mit
mir, und ich reiße Sie in Stücke und schmeiße sie zum Fenster hinaus !« Er beugte sich über den Schreibtisch, und seine Hände
griffen nach meinem Hals. »Wissen Sie, wer ich bin ?«
Den Schreibtisch als Schutz vor
mir, war es kein Kunststück gewesen, den 38er aus dem Gürtelholster zu ziehen.
Ich hob die rechte Hand über die Schreibtischplatte und richtete die Pistole
auf seine Brust. Seine Hände hielten plötzlich mitten in der Bewegung inne und
verharrten unsicher in der Luft, während er erneut die Augen aufriß . Das Klicken beim Entsichern klang sehr laut in der
plötzlichen Stille des Zimmers.
»Ich weiß, wer Sie sind,
Gabriele«, sagte ich leise. »Mit dem Mädchen draußen als Zeugin würde ich, wenn
sie die ganze Geschichte erzählt, vor Gericht dafür, daß ich Sie umgebracht
habe, bestenfalls eine Medaille bekommen. Also berufen Sie’s nicht. Ich fühle
mich ohnehin schon genügend verlockt .«
Er ließ die Hände seitlich
herabfallen und zog sich, ein steifes Grinsen auf dem Gesicht, vom Schreibtisch
zurück. Die schwarzen Augen glitzerten, während er ein paar Sekunden lang
scharf mein Gesicht betrachtete — lange genug, um es sich für spätere
Verwendung zu merken.
»Nicht so wild, Lieutenant«,
sagte er beinahe freundlich. »Ich war eben ein bißchen aufgeregt. Ist das
vielleicht eine Staatsbeleidigung ?«
»Du bist mit gutem Grund
aufgeregt, Gabe«, sagte der Bursche mit der kultivierten Stimme ernst. »Mit
gutem Grund. Vielleicht solltest du das dem Lieutenant erklären .«
»Ja, Gabe«, sagte das Mädchen
mit seltsam triumphierender Stimme. »Erzähl es ihm .«
Martinelli wirkte jetzt beinahe völlig
entspannt. Ich legte die Pistole auf den Schreibtisch und sah mir die beiden
anderen zum erstenmal genauer an.
Das Mädchen war dunkelhaarig
und sehr jung, höchstens zwanzig, schätzte ich. Ihr Gesicht war wirklich
hübsch, ohne übermäßig intelligent zu wirken. Ihre angenehm rundlichen
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