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Gespenstische Warnung

Gespenstische Warnung

Titel: Gespenstische Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zugeben, daß ich unser
kleines Geplauder genossen habe, Mr. Holman.« Diesmal zündete er seine Pfeife
wirklich an und begann befriedigt zu paffen. »Es geschieht nicht oft, daß Roger
mich ein bißchen an seinen kleinen Späßen und Vergnügungen teilhaben läßt.«
    Ich verließ das Büro der Trushman -Agentur und strebte geradewegs der nächsten Bar
zu, bemüht, den mörderischen Schock durch Alkohol zu mildern. Wenn mir noch
öfters dergleichen zustieß, dann war es wohl an der Zeit, mich nach einem
anderen Beruf umzusehen, vielleicht dem eines unterbelichteten Gegenspielers
für einen Komiker bei fragwürdigen Shows. Es war Lunchzeit, aber Trushmans genialer Detektiv hatte mir den Appetit genommen,
und so beschloß ich, statt dessen meine wenig geschätzte Blondine aufzusuchen.
    Als ich dort angekommen war, öffnete
niemand auf mein Klingeln. Während der nächsten drei Minuten drückte ich in
regelmäßigen Abständen auf den Knopf, dann fiel mir ein, daß ihr Bruder ihr
direkt gegenüber wohnte. Beim dritten Klingeln öffnete sich die Tür ganze zehn
Zentimeter weit, wobei die Sicherheitskette noch davorhing .
Frank Marco spähte mich mißtrauisch durch den Spalt hindurch an.
    »Holman«, sagte ich barsch. »Ich war
gestern nacht bei dem Lieutenant im Büro.«
    »Ah ja.« Er hakte die Kette aus und
öffnete weit die Tür. »Kommen Sie herein, Mr. Holman.« Er schloß schnell die
Tür und hängte die Kette wieder ein. »Ich dachte, es sei wieder einer dieser
schrecklichen Reporter. Seit der Morgendämmerung vermiesen sie uns das Dasein.«
    »Ich möchte mit Ihrer Schwester
reden«, sagte ich.
    Er fingerte nervös an seiner
geplatzten und geschwollenen Unterlippe herum. »Die arme Andrea ist nach wie
vor entsetzlich aufgeregt über den scheußlichen Mord. Ich glaube nicht, daß die
arme Kleine seit unserer Heimkehr gestern nacht ein Auge zugetan hat. Natürlich
bestand ich darauf, daß sie hier bei mir bleibt.« Der dramatische Schauder
versetzte all seine Fettpolster in sanftes Zittern. »Ich meine, könnten Sie
sich vorstellen, in einer Wohnung zu hausen, in der gerade Ihre beste Freundin
ermordet worden ist? Es wäre doch einfach gespenstisch.«
    »Wo ist Ihre Schwester?« wiederholte
ich ungeduldig.
    »Im Wohnzimmer, Mr. Holman. Bitte
gehen Sie sanft mit ihr um.« Seine wäßrigen Augen
blinzelten. »Sie ist nicht... Nun ja — sie ist im Augenblick nicht ganz sie
selbst, wenn Sie mich richtig verstehen.«
    »Natürlich«, brummte ich. »Ich bin
sowieso der Typ, der alles mit Samthandschuhen anfaßt .
Können wir jetzt zu ihr gehen?«
    Das Wohnzimmer hatte etwas von einer
vergammelten Möchtegern-Jagdhütte an sich — genau wie Frank Marco auch — , und
das Mobile aus kleinen, bunten Glasbällen war ein lustloses Überbleibsel aus
der Zeit, bevor die Hippie-Generation kam und ging. Andrea Marco saß auf einer
Couch, die mit einer zerschlissenen Thaiseide von scheußlichem Nicht-ganz-Purpurrot
bedeckt war. Andrea trug ein knöchellanges schwarzes Seidengewand, in dem sie
wie ein Sargträger ausgesehen hätte, wäre sie dafür im Augenblick nicht zu
kraftlos erschienen. Ihr langes blondes Haar hing ihr über die Schultern, und
aller Glanz schien daraus gewichen zu sein. Nur die schwarzumränderten Augen,
die in dem bleichen Gesicht brannten, waren lebendig.
    »Raus«, flüsterte sie bösartig.
    »Nur eine Frage«, sagte ich.
    »Sie haben sie gestern an Sorel
verraten, und das werde ich Ihnen nie vergeben, Holman.«
    »Na, Andrea, Honey!« Die schrille
Stimme ihres Bruders zitterte. »Du weißt, daß das nicht stimmt.«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, hätte
einen Borgia erbleichen lassen. Er trat unwillkürlich einen Schritt zurück und
stolperte beinahe über einen imitierten Kamelsattel, der dringend eines neuen
Anstrichs bedurft hätte. »Schon gut, Sis , wie du
meinst.« Er fuhr sich mit einer verzweifelten Geste durch das lange blonde Haar
und sah drein, als bräche er demnächst in Tränen aus.
    Ich konzentrierte mich erneut auf
Andrea. »Ist Ihnen oder Linda jemals ein Mann namens Hugill begegnet?«
    »Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen
sich hier rausscheren.«
    »Beantworten Sie die Frage, und ich
gehe«, sagte ich.
    » Hugill ?«
Sie schüttelte kurz den Kopf. »Den Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Ein großer Bursche, um die Vierzig
herum«, beharrte ich. »Braunes Haar und ein Schnurrbart, der sich sträubt. Er
erweckt den Eindruck, als ob er mit den Indianern ganz allein fertig

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