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Gespenstische Warnung

Gespenstische Warnung

Titel: Gespenstische Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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auffällig wie möglich.
    Ich kam nur hinter das Ganze, weil ich
im Dreißigkilometertempo fuhr und ihn trotzdem während drei Kilometer nicht aus
den Augen verlor. Kein Mensch, der einen Jaguar fährt, trödelt an einem heißen,
stickigen, von Smog erfüllten Sommermorgen so langsam dahin, wenn er binnen
zwanzig Minuten bei Vogelgezwitscher und frischer Brise sein könnte.
    Ich beschleunigte das Tempo, aber
selbst ein Thunderbird mit seiner erheblichen Menge an Pferdestärken unter der
Motorhaube kann sich im Herzen von Los Angeles nicht eben austoben. Der Verkehr
war nicht übermäßig dicht und man konnte immerhin sechzig fahren, aber es
bestand keine Hoffnung, näher an den Jaguar heranzukommen, als Andy Capp es
duldete.
    Ich hätte den ganzen Morgen mit ihm
herumspielen können, aber das schien wenig Zweck zu haben.
    Der Ort, den ich mir für unser
Zusammentreffen vorgesehen hatte, war nicht elegant, aber ergiebig. Auf dem
Signal Hill saugen die niedrigen Pumpen Öl aus dem Boden wie Blutegel mit in
die Erde gebohrten Rüsseln. Es gibt dort Tausende dieser kleinen Monstren, die
unermüdlich mit einer mechanischen Präzision arbeiten, die Errol Flynn neidisch
gemacht hätte. Manche haben große, aufrechte Bohrtürme über sich, andere nicht,
und sie verteilen sich über das Gebiet wie Heuschrecken über ein Weizenfeld.
    Sobald ich den Wagen geparkt hatte,
rannte ich auch schon los. Ich wollte von der Straße weg sein, bevor er mich
entdeckte. Ich hatte auf dem Kamm eines Hügels gehalten, und er war vierhundert
Meter von mir entfernt; so wußte ich, daß ich es schaffen würde.
    Ich kroch hinter eine Wellblechbaracke,
die von den Arbeitern benutzt wurde, und wartete darauf, daß sich das Geräusch
seines Motors nähern, verlangsamen und schließlich verstummen würde.
    Er kam schnell die Steigung empor und
fuhr über den Kamm des Hügels. Seine Fußspitze auf dem Gaspedal zuckte nicht
einmal, und wenn ich im Wagen auf ihn gewartet hätte, so wäre er wahrscheinlich
lächelnd und winkend vorbeigebraust, ein freundlicher, sportlicher Mann auf
einer Straße, die ins Nichts führte.
    Ich wartete. Das Dröhnen des mächtigen
Motors entfernte sich. Soweit ich es beurteilen konnte, hielt er nicht. Aber
ich glaubte ihn besser zu kennen.
    Ich machte mich auf den Weg durch das
Ölfeld. Es war, als ob man in einem Alptraum durch einen verwesenden Wald
läuft. Die Insekten hoben und senkten ihre Köpfe in monotonem Rhythmus zu dem
Klagelied des schwachen, von weit her kommenden Windes, der zwischen den
Spitzen der Stahltürme hindurchwehte.
    Als ich ihn ausfindig machte, mußte
ich anhalten und Atem schöpfen. Zusammen mit den nickenden Monstren sog ich den
Petroleumgestank längst gestorbener Lebewesen ein, füllte meine Lungen mit den
gasartigen Ausdünstungen menschlicher Besitzgier.
    Andy hatte nun seine Mütze abgenommen
und sie flott auf die Spitze seiner Antenne gehängt. Durch die weiche, graue Form
seines Kopfes sah er aus wie ein Walroß . Er stand auf
einem Hügel oberhalb der Straße.
    Vermutlich konnte er durch das
Fernglas, das er an seine Augen hielt, meinen Wagen sehen.
    Ich beschrieb einen weiten Bogen und
überquerte die Straße hinter einer Biegung. Dann ging ich auf ihn zu. Ich war
noch gut sechs Meter von ihm entfernt, als er das Fernglas senkte und ohne sich
umzudrehen sagte: »Kommen Sie nicht näher, Mr. Holman.«
    Mein Revolver war in meiner Hand, noch
bevor er den Satz beendet hatte, aber ich fühlte mich wie ein Mann mit zwei
Assen, der gegen eine wohlassortierte Hand pokerte. Den Rücken mir nach wie vor
zugewandt, als ob er mit einem Radargerät ausgerüstet sei, sagte Andy: »Stecken
Sie das Schießeisen weg, Sie Idiot. Hier handelt es sich um wirkliche Räuber
und Gendarmen, nicht um einen Western.« ,
    Ich blickte auf seinen breiten Rücken.
Er trug ein weinrotes Sporthemd aus Baumwolle, aber teuer. Es steckte in einer
gewöhnlichen weißen Hose. Sauber, an diesem Morgen frisch angezogen. Unter
seinem Arm zeigte das Hemd Schweißflecken. Er trug Golfschuhe, die mit
erheblichem Gewicht belastet waren. Er war ein großer Mann, und ich war bereit
zuzugeben, daß er muskulös war. Seine Kleidung war nicht mit Fett ausgefüllt.
    »Sie schwitzen«, sagte ich. »Das ist
nicht elegant.«
    »Die Mädchen behaupten immer, es sei
sexy«, sagte er. »Aber ein geschleckter Hübschling wie Sie versteht vermutlich nichts von wirklichen Frauen, was, Holman?« Seine rauhe Stimme behandelte meinen Namen, als

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