Gespenstische Warnung
baumelte nach wie vor an ihrem
appetitanregenden Ohrläppchen, und ich fragte mich sehnsuchtsvoll, ob es wohl
jemals für mich allein klingeln würde?
»Rick?« Ihre graugrünen Augen lachten
mich an. »Haben Sie gehört, was ich gerade gesagt habe?«
»Klar«, murmelte ich und mußte mich
dann räuspern. »Eddie sei Hugills Idee gewesen.«
Sie lächelte. »Nun ja, man kann nicht
überall gleichzeitig sein, Rick.«
»Hoffen wir, daß für Eddie dasselbe
gilt«, sagte ich. »Wo ist Sam?«
»In seinem Zimmer beim Fernsehen. Es
läuft gerade eine Wiederholung eines Terry-Crane-Films, den er letztes Jahr
gemacht hat. Sam hat am Ende einen Fünfminutenauftritt, und er ist wie alle
Schauspieler — er kann nicht warten, sich selbst wieder zu sehen.«
»Und Hugill?«
»Roger ist vor einer Weile
ausgegangen, wohin weiß ich nicht. Er sagte, es würde nicht lange dauern. Kann
ich Ihnen was zu trinken einschenken, Rick?«
»Bourbon auf Eis, danke.«
Sie schlängelte sich zwischen dem
unordentlich herumstehenden Mobiliar durch, bis sie die Bar am anderen Ende
erreichte. Ich blickte auf das Gemälde an der Wand vor mir und dachte, der
Künstler müsse zu dem Zeitpunkt irre gewesen sein. Entweder das — oder wie war
es möglich, daß ich noch nie von dem doppelköpfigen Schreivogel mit dem
Fächerschwanz gehört hatte?
Ich fragte mich, wie ein Mann von Hugills Reichtum auf solch verrückte Weise sein Geld
ausgeben konnte. So wie der Raum ausgestattet war, gereichte er niemandem zur
Ehre, und das Mobiliar war nicht nur scheußlich, es war auch noch nicht einmal
teuer! Selbst reiche Leute mit schlechtem Geschmack kaufen keinen billigen
Ramsch, sofern sie um ihr Image besorgt sind. Aber vielleicht war das Hugill
egal. Vielleicht konnte es ihm egal sein.
»Kommen Sie und setzen Sie sich
hierher, Rick«, rief Sonia. »Da ist eine Couch, die fast bequem ist.«
Als ich hinüberkam, saß sie bereits
auf dem einen Ende. Ich blickte zweifelnd auf die vier spindeldürren Beine,
welche die Vorderfront aufrecht hielten, und Sonia lachte vergnügt.
Vorsichtig ließ ich mich nieder, und sie
reichte mir meinen Drink. »Sie kennen doch Hugill seit langem«, sagte ich.
»Vermutlich betrachten Sie ihn als guten Freund?«
»Als sehr guten Freund.« Sie nickte.
»Als einen Mann, auf den Sie sich
verlassen können, wenn Sie in Schwierigkeiten stecken?«
»Ja, ich glaube schon«, antwortete sie
gelassen.
»Ein Mann, der an allen Ecken und
Enden stiller Teilhaber ist, ist zweifellos ein Aktivposten«, pflichtete ich
bei. »Wollen Sie im Film tätig sein — er ist bei der Wallace-Produktion; haben
Sie Probleme mit Plastik — er ist bei Reynor -Plastik;
wollen Sie Auskunft über das Privatleben der drei Exfrauen von Sam haben — er
ist bei der Trushman -Detektivagentur!«
Sonia saß sehr still da. Ich trank
einen Schluck Bourbon, während ich beobachtete, wie ihr Gesicht ausdruckslos
wurde.
»Vielleicht hatten Sie einen guten
Grund?« sagte ich nach einer Weile.
»Sam war auf dem Tiefpunkt angelangt,
als er mich bat, seine persönliche Managerin zu werden. Er war damals praktisch
ein Psychopath, und es gab viele Zeiten während des langen Aufstiegs, wo wir
nichts anderes tun konnten als herumsitzen und reden.« Ein Lächeln der
Erinnerung zuckte um ihre Lippen. »Das heißt, eigentlich hat er geredet und ich
habe zugehört. Ich hörte all die Geschichten von seinen drei Ehen immer und immer
wieder, und es störte mich nicht, weil das eine Art gefühlsmäßiger Therapie für
ihn war. Aber damit wurden diese drei Frauen eine ausgesprochene Realität für
mich. Ich wußte so viel über sie — wie sie aussahen, wie sie sich anzogen, wie
sie redeten, ja beinahe, was sie dachten. Sorge wegen ihnen machte ich mir
erst, als Sam wieder an der Spitze angelangt war. Emotionell gesehen ist er
noch ein Kind, und wenn sie anfingen, sich an ihn heranzumachen, dann, das
wußte ich, würde er daran zerbrechen.«
Sie schüttelte bedächtig den Kopf, so
daß die kleine Kupferglocke bimmelte — um Holmans Hoffnungen willen, dachte ich. »So wie ich die Sache ansah, brauchten wir einen
Trumpf, um sie dort zu halten, wohin sie gehörten — abseits von Sams Leben. Ich
wußte, daß Roger an einer Detektivagentur beteiligt war, und so bat ich ihn,
mir einen vertraulichen Bericht über die drei Frauen zu beschaffen, vor allem
über ihr Privatleben. Ich wollte ihn Sam geben, damit er, wenn eine von ihnen
ihn belästigte, die Wahrheit über sie kannte.
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