Gesponnen aus Gefuehlen
Sie waren bei seinem Anruf noch zusammen. Da muss etwas passiert sein«, zählte Jules vorwurfsvoll auf.
»Ich hatte so wenig Zeit. Sie hatte Angst, dass das Telefon abgehört wird,« verteidigte Marie sich. »Aber das kann ja wohl nicht sein.«
»Mädels, jetzt streitet nicht«, unterbrach Colin den Wortwechsel. »Wir haben Wichtigeres zu tun.«
Marie nickte. »Ihr wisst, welchen Ausflug sie meint?«, fragte sie nach.
»Da kommt nur einer infrage«, sagte Jules.
»Ich glaube auch«, grinste Marie.
»Ich wollte nie wieder an diesen Ort zurückkehren«, meinte Colin theatralisch.
»Musst du vielleicht auch nicht«, fiel Jules ihm ins Wort.
Colin richtete sich auf. »Wieso? Wenn Lucy uns da treffen will, fahre ich ganz sicher dorthin.«
»Ich glaube, es ist besser, wenn nur einer von uns fährt und die anderen beiden ein Ablenkungsmanöver starten. Wenn de Tremaine uns überwachen lässt, wäre es äußerst unklug, ihn direkt zu ihr zu führen. Aber er kann uns nicht allen dreien gleichzeitig folgen. Hoffe ich jedenfalls.«
Marie sah ihre Freundin bewundernd an. »Du arbeitest nicht zufällig heimlich beim MI5?«
Jules schüttelte lachend den Kopf. »Noch nicht.« Dann drehte sie sich zur Bar und rief dem Mann, der dahinter stand, ihre Bestellung zu. »Drei Martini, geschüttelt, nicht gerührt.«
Der Mann, dessen Arme über und über tätowiert waren und dessen schwarzer Vollbart sein ganzes Gesicht verdeckte, grinste Jules zu. »Kommt sofort, Miss Bond.«
»Und wer, schlägst du vor, trifft sich mit Lucy?«, fragte Colin mit gerunzelter Stirn.
Jules griff nach seiner Hand. »Ich weiß, dass du sie gern sehen möchtest, Colin. Aber das wird Batiste de Tremaine sich auch denken können, wenn er nur halb so gut über Lucy Bescheid weiß, wie wir denken. Ich glaube, es ist besser, wenn Marie oder ich zu dem Treffpunkt fahren. Hinter dir wird er in jedem Fall jemanden herschicken.«
»Ich finde das keine gute Idee«, knurrte Colin. »Wer soll Lucy beschützen, wenn euch jemand folgt? Ich will sie sehen. Ich möchte mich persönlich davon überzeugen, dass es ihr gut geht.«
»Jetzt sei doch vernünftig, Colin. Hier geht es nicht um dich, sondern um Lucy.«
»Eben, und darum ist es das Beste, wenn ich mich mit ihr treffe.«
Jules verdrehte die Augen. »Sie hat einen männlichen Beschützer, vergiss dass nicht. Sie braucht dich nicht mehr.«
»Pah. Das glaubst du doch selbst nicht.« Colin lehnte sich in dem Stuhl zurück. »Sie hat nichts von Nathan gesagt, oder?«, wandte er sich an Marie.
»Nein. Kein Wort. «
»Es würde mich nicht wundern, wenn er zu seinem Großvater zurück gekrochen ist. Vielleicht war ihm das spartanische Leben in der Hütte doch nicht gut genug.«
»Du bist eifersüchtig«, kicherte Marie.
»Ich bin nicht eifersüchtig.«
»Natürlich bist du das.« Jules’ Stimme klang wie splitterndes Glas.
»Ich sorge mich um sie. Was ist so falsch daran? Ich habe mich immer um Lucy gekümmert und werde jetzt nicht damit aufhören. Das hat mit Eifersucht gar nichts zu tun.«
»Wer’s glaubt«, flüsterte Jules in ihr Glas und trank einen Schluck.«
Marie warf ihr einen warnenden Blick zu und sie verstummte. »Colin, Jules hat recht. Ich werde zu dem Treffpunkt fahren. Kein Mensch käme im Ernst auf den Gedanken, dass ihr mich auf diese Mission schickt.« Sie lachte fröhlich. »Ich werde Lucy treffen und ihr lenkt unsere Verfolger ab.«
»Ich weiß nicht, ob dass eine gute Idee ist«, murmelte Colin noch einmal.
»Das ist eine und jetzt keine Widerrede mehr. Lasst uns lieber überlegen, wie wir vorgehen wollen«
»Denk an Madame Moulin«, warf Colin ein, doch keins der Mädchen reagierte darauf.
»Wir könnten gemeinsam losfahren«, sagte Jules ohne Colin noch eines Blickes zu würdigen. »Chris hat ein Auto, damit bringt er uns aus der Stadt. Er setzt uns an drei verschiedenen Bahnhöfen ab und wir wählen drei verschiedene Routen. Nur Marie kommt am vereinbarten Zielpunkt an. Wenn wir Chris mit einrechnen, müsste Batiste vier Leute haben, die uns zeitgleich folgen. Das kann und will ich mir nicht vorstellen. Was meint ihr?« Jules schwieg und lehnte sich zurück.
»Für mich klingt das nach einem guten Plan«, verkündete Marie.
»Klingt ganz gut« stimmte Colin missmutig zu. »An welche Bahnhöfe hast du gedacht?«
»Das müssen wir überlegen«, sagte Jules. »Vielleicht fällt uns etwas ein, um unsere Fährte zu verwischen. Immerhin haben wir noch zwei Tage Zeit. Du
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