Gesponnen aus Gefuehlen
ist.«
»Aber wenn euch am Anfang jemand verfolgt hat, bedeutet das, Nathans Großvater hat gewusst, dass wir uns treffen.«
»Das ist wahr. Die Frage ist nur, ob er uns ständig überwachen lässt, oder ob er mitbekommen hatte, dass wir uns verabredet haben.«
»Aber dann müsste er das Telefon der Bibliothek überwachen«, widersprach Lucy.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Marie. »Allerdings ist er angeblich mit dem Commissioner befreundet. Das haben die Polizisten erzählt, die bei uns waren. Du musst dich vorsehen, Lucy. Die Krankenschwestern, die Batistes Männer bewusstlos geschlagen haben, hatten der Polizei erzählt, dass die Männer nach dir gesucht haben. Die Polizisten haben Colin und Jules gefragt, ob es sein kann, dass du in ein Kunstraubdelikt verwickelt bist und das mit dem Brand vertuschen wolltest. Ich befürchte, sie glauben, dass du wertvolle Bücher gestohlen hast.
Lucy glaubte, sich verhört zu haben. »Was ist das denn für ein Blödsinn?«, fragte sie und spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich.
Tröstend griff Marie nach ihrer Hand. »Jemand muss ihnen den Floh ins Ohr gesetzt haben, und es würde mich nicht wundern, wenn das Mr. Barnes gewesen wäre. Batiste de Tremaine hat übrigens eine unverschämt hohe Summe gespendet, damit das Archiv restauriert werden kann.«
Jetzt schoss Lucy vor Wut das Blut ins Gesicht. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Womöglich landete sie zum Schluss noch wegen Brandstiftung im Gefängnis. Oder wegen schlimmerer Vergehen.
»Das wird sich aufklären«, versuchte Marie, ihre Freundin zu trösten. »Jetzt erzähle du. Was ist passiert, nachdem du verschwunden bist. Wer hat dich entführt? Wir dachten, es waren Batistes Männer. Jules wollte Anzeige erstatten, aber niemand hat ihr geglaubt. Dann hat Nathan Colin angerufen und gesagt, dass es dir gut geht. Weshalb bist du allein? Wo ist er? Können wir dir helfen? Hoffentlich kann ich mir alles merken, Jules reißt mir den Kopf ab, wenn ich was vergesse. Sie führt sich auf wie Miss Marple persönlich und hat mir verboten, Notizen zu machen.«
Lucy lächelte ihre Freundin an. In ihrem Kopf ging alles drunter und drüber. »Du schaffst das schon.« Sie erzählte Marie, was in den letzten Tagen passiert war.
»Ich befürchte, dass er Nathan zwingt, Bücher auszulesen«, schloss sie. »Das muss ich verhindern. Die Bücher zählen auf mich. Ich muss das beenden. Verstehst du, Marie?«
Ihre Freundin nickte. »Er hat sich Bücher schicken lassen«, sagte sie. »Mr. Barnes hat persönlich angeordnet, dass Batiste de Tremaine sie bekommt und die Bücher dem Kurierfahrer selbst übergeben. Nach der Spende würde er dem Kerl die Füße lecken, wenn er es verlangte.«
Lucy sah sie erschrocken an. »Welche Bücher?«, fragte sie.
» Dorian Gray , Nicholas Nickleby und Le Morte d’Arthur «, sagte Marie zögernd.
Lucy schlug stöhnend die Hände vor ihr Gesicht.
Marie rutschte neben sie und legte einen Arm um die Schulter. »Ich weiß, dass dir die Bücher am Herzen liegen. Aber was ist mit dir und mit Nathan? Traust du ihm?«
»Ich denke schon«, erklärte Lucy wahrheitsgemäß. »Es ist so viel passiert. Ich habe seine Eltern gesehen, in dem Medaillon«, erzählte sie. »Batiste hat ihnen Nathan fortgenommen. Sein Vater wollte nicht tun, was er von ihm verlangte, und da hat er ihnen ihr Kind genommen. Nathan muss das erfahren. Er muss wissen, dass sein Großvater ein Teufel ist.«
»Weiß er das nicht längst?«
Lucy zuckte mit den Schultern. »Ja, wahrscheinlich. Aber ich glaube, es ging ihm hauptsächlich darum, mich in Sicherheit zu bringen. Er findet es immer noch richtig, dass der Bund die Bücher in seine Gewalt bringt. Er bezeichnet es als Schutz. Wir hatten nicht genug Zeit. Ich war so wütend auf ihn und ich war sicher, dass er mich seinem Großvater ausliefern würde. Ich habe viel zu spät begriffen, dass …« Lucy machte eine Pause.
»Dass?«, fragte Marie nach.
»Dass …, dass ich ihm etwas bedeute.« Lucy lächelte ihre Freundin verlegen an.
»Und wie ist es mit dir?«
»Ich weiß nicht.« Lucy war froh, dass Marie nicht nachbohrte.
»Ich muss dir noch etwas Wichtiges erzählen«, wechselte sie stattdessen das Thema. »Ich habe einen Anruf von Miss Olive bekommen. Sie wollte dich sprechen, aber du warst nicht da.«
»Ist es sehr schlimm für sie?«, fragte Lucy und das schlechte Gewissen plagte sie. Sie hatte keinen Gedanken an die Archivarin verschwendet, die
Weitere Kostenlose Bücher