Gespräche mit Gott - Band 2
Waldorf-Schule am Ende ihrer beruflichen Laufbahn vielleicht insgesamt mit nur vier oder fünf Gruppen von Kindern gearbeitet. Aber sie haben jenen Kindern etwas bedeutet, das mehr ist als alles, was in traditionellen Schulen möglich ist.
Dieses Erziehungsmodell erkennt an und tritt dafür ein, daß die menschliche Beziehung, die innige Verbindung und die Liebe, die unter solchen Bedingungen miteinander hergestellt und entwickelt werden, ebenso wichtig sind wie irgendwelche Fakten, die der Lehrer dem Kind vermitteln mag. Es ist wie ein Unterricht zu Hause, nur außerhalb des Elternhauses.
J A, ES IST ein gutes Modell.
Und gibt es andere gute Modelle?
J A. IHR MACHT hinsichtlich der Erziehung Fortschritte auf eurem Planeten, aber sehr langsam. Allein schon der Versuch, einen zielorientierten, auf die Entwicklung von Fähigkeiten abgestellten Lehrplan in euren öffentlichen Schulen einzuführen, stieß auf enormen Widerstand. Die Leute sahen das als Bedrohung oder als uneffektiv an. Sie wollen, daß die Kinder Fakten lernen. Es sind immerhin an einigen Stellen Durchbrüche erzielt worden. Doch es gibt hier noch viel zu tun.
Und das ist nur ein Bereich menschlicher Erfahrung, der einer Überholung bedarf in Anbetracht dessen, was ihr eurer Aussage nach als menschliche Wesen sein wollt.
Ja, ich könnte mir vorstellen, daß auch der politischen Arena einige Veränderungen guttäten.
G ANZ GENAU.
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Darauf habe ich gewartet. Das ist eher das, was ich mir von dir versprach, als du mir sagtest, daß du dich in diesem Band mit global relevanten Themen befassen würdest.
Können wir also unsere Betrachtung der menschlichen Politik damit beginnen, daß ich dir eine vielleicht sehr anfängerhafte Frage stelle?
E S GIBT KEINE Fragen, die keine Antwort wert oder ihrer unwürdig ist. Fragen sind wie Menschen.
Ah, das ist ein guter Spruch. Okay, laß mich dich also fragen: Ist es falsch, eine auf die Eigeninteressen unseres Landes gegründete Außenpolitik zu betreiben?
N EIN. ERSTENS IST von meinem Standpunkt aus gesehen nichts »falsch«. Aber ich verstehe, wie du dieses Wort meinst, und werde also im Kontext des von dir verwendeten Vokabulars sprechen. Ich gebrauche das Wort »falsch« im Sinne von »das, was euch nicht dienlich ist angesichts dessen, was und wer ihr zu sein wählt«. So habe ich dir gegenüber die Begriffe »richtig« und »falsch« immer verwendet; sie sind stets in diesem Kontext zu verstehen, denn in Wahrheit gibt es kein Richtig und Falsch. Also, innerhalb dieses Kontexts ist es nicht falsch, außenpolitische Entscheidungen auf die Berücksichtigung der eigenen Interessen zu gründen. Falsch ist es, vorzugeben, das nicht zu tun.
Das machen aber natürlich die meisten Länder. Sie unternehmen aus einer Reihe von Gründen etwas – oder unterlassen es, etwas zu unternehmen – und führen dann zur Rechtfertigung eine Reihe anderer Gründe an.
Warum? Warum machen die Länder das?
W EIL DIE REGIERUNGEN wissen, daß die Menschen, wenn ihnen die wahren Gründe für die meisten außenpolitischen Entscheidungen bekannt wären, sie nicht unterstützen würden.
Das gilt für Regierungen überall in der Welt. Es gibt sehr wenige Regierungen, die nicht absichtlich das Volk in die Irre führen. Täuschungsmanöver sind Bestandteil einer Regierung, denn nur wenige Menschen würden sich dafür entscheiden, so regiert zu werden, wie sie regiert werden – nur wenige würden sich dafür entscheiden, überhaupt regiert zu werden –, wenn die Regierung sie nicht davon überzeugte, daß ihre Entscheidungen dem Allgemeinwohl dienen.
Das bedeutet harte Überzeugungsarbeit, denn die meisten Menschen durchschauen durchaus die in der Regierung vorherrschende Dummheit. Also muß die Regierung lügen, um zumindest zu versuchen, die Leute bei der Stange zu halten. In der Regierung spiegelt sich getreu die Grundannahme wider, daß eine Lüge, wenn sie nur groß genug ist und lange genug verbreitet wird, zur »Wahrheit«, wird. Die Menschen, die an der Macht sind, dürfen die Öffentlichkeit nie wissen lassen, wie sie an die Macht gelangten und was sie alles getan haben und willens sind zu tun, um an der Macht zu bleiben.
Wahrheit und Politik sind nicht miteinander vereinbar, weil Politik die Kunst ist, nur das zu sagen, was unbedingt gesagt werden muß – und das auf die richtige Weise –, um zum erwünschten Ziel zu gelangen.
Nicht alle Politik ist schlecht, aber die Kunst der Politik ist eine praktische Kunst.
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