Gestaendnis im Orchideengarten
noch einigen Erklärungsbedarf. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie aus Müdigkeit das letzte Mal in ihrer Unterwäsche eingeschlafen war. Ihr schwarzes Kleid lag ordentlich zusammengefaltet auf einem Stuhl neben dem Bett.
Während sie noch den Kopf über sich selbst schüttelte, war bereits ein dickes braunes Fellknäuel dreist auf ihrem Bett gelandet und verlangte lautstark nach Streicheleinheiten.
„Pasha, du hast hier nichts zu suchen, das weißt du“, sagte sie lachend zu ihrem zimtfarbenen Abessinier-Kater, der sofort anfing zu schnurren.
„Hast du auch Hunger? Ich mache uns nach dem Duschen was zum Frühstück.“
Sie schwang sich aus dem Bett, fühlte sich allerdings recht zittrig und war froh, sich auf den Beinen halten zu können. Heute musste einiges erledigt werden, sie hatte keine Zeit zu verlieren.
Ihr großer Zeh berührte etwas Hartes auf dem Boden.
Sie wagte es nicht, hinunterzuschauen.
Bitte nicht schon wieder ein unappetitliches Geschenk von Pasha.
„Wenn du wieder im Müll gewühlt hast, gibt’s Ärger!“
Der alte Kater ihrer Großmutter liebte kleine glitzernde Dinge zum Spielen und kramte auch gern in der Abfalltüte nach Fundstücken. Auch alte Nägel, raschelnde Pflanzenmanschetten, Büroklammern und Schmuck waren vor ihm nicht sicher.
„Was ist es diesmal?“
Sie sah hinab.
Und hielt den Atem an.
Es war ein Knopf. Ein großer schwarzer Knopf wie von einem Mantel. Oder wie von einem Cape. Eines von der Sorte, die zum Beispiel Vampir-Grafen nachts ihren Begleiterinnen um die Schultern legten.
Eloise Sara Jane Marchant Fenchurch de Lambert bezweifelte zwar im Leben so einiges, nicht aber die Tatsache, dass sie garantiert kein Kleidungsstück mit solchen Knöpfen besaß.
Sie griff sich mit beiden Händen an den Kopf.
Denk nach, Mädchen. Denk nach . Was war das Letzte, an das sie sich erinnern konnte?
Die Party. Dracula. Essen auf der Terrasse. Mit Dracula. Tanzen auf der Terrasse. Mit Dracula. Dann verwandelte sich Dracula statt in eine Fledermaus in Caspars Freund Leo und begleitete sie nach Hause. Und dann? Nichts Aufregendes. Sie erreichten ihr Haus, er öffnete ihr. Machte Licht.
Natürlich! Sie hatte das Cape getragen, weil ihr kalt war. Aber sie hatte es ihm zurückgegeben, als sie im Haus waren. Wahrscheinlich ging da der Knopf ab, und Pasha hatte ihn gleich gefunden und später ins Schlafzimmer geschleppt.
Gott, war sie froh. Erleichtert ließ sie die Schultern sinken.
Dann nahm sie Pasha den Knopf weg, bevor er ihn ruinieren konnte.
„Sorry, aber der muss zurück zu seinem blutsaugenden Besitzer.“
Kopfschüttelnd lief sie ins Badezimmer. Heute Morgen brauchte sie dringend zwei Tassen Kaffee, sonst konnte sie die Unterredung mit dem Hotelmanager am Vormittag vergessen. Es war nicht leicht gewesen, einen Termin am Sonntagvormittag zu bekommen, doch sie wollte ihn unbedingt davon überzeugen, regelmäßig von ihr Orchideen für die Gestecke in Kingsmede Manor zu beziehen.
Natürlich hatte sie vor Helen so getan, als ob finanziell alles in Ordnung war. Sie wollte sie so kurz vor ihrer Hochzeit nicht mit ihren Problemen behelligen. Doch sie brauchte ein verlässliches Einkommen, um besser planen zu können. Sie hatte so viele aufregende Pläne, die sie gerne verwirklichen würde. Dazu brauchte sie dringend mehr Geld.
Sie stellte sich vor den antiken venezianischen Spiegel ihrer Großmutter im Bad. Es war eins der wenigen Stücke, die sie aus Kingsmede Manor in ihr kleines Haus mitgenommen hatte, und das auch nur, weil das Hotel nichts damit anfangen konnte. Der Spiegel hatte nämlich eine kleine Macke, ein Stück Verzierung war irgendwann einmal abgesprungen und nie ersetzt worden. Ihr machte das überhaupt nichts aus.
Sie bürstete sich sorgfältig die Haare und schaute sich an. Eigentlich sah sie ganz manierlich aus, obwohl sie sich nicht einmal abgeschminkt hatte gestern. Der Lippenstift war nicht mehr zu sehen, wahrscheinlich war alles auf dem Kopfkissen verschmiert. Jetzt aber schnell unter die Dusche, es war bestimmt schon … wie spät war es eigentlich?
Sie suchte nach ihrer Armbanduhr, die sie normalerweise immer vor dem Schlafengehen am Waschbeckenrand ablegte.
Sie lag nicht da.
Stattdessen lag sie auf einem Regal neben dem Spiegel. Und daneben lag ein Platinring mit einem Brillanten in der Mitte.
Mit zittriger Hand griff sie nach dem Ring. Er war ziemlich groß und passte ihr kaum am Daumen – ein Männerring.
Vorsichtig sah sie sich
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