Geständnis unterm Mistelzweig
glitt.
Chloe war seltsam berührt. “Weihnachten ist doch erst in drei Wochen. Da ist noch genug Zeit zum Einkaufen.”
“Bitte, Chloe.” Egan kam näher. “Ich möchte nicht ohne dich gehen.”
Chloe fragte sich, wohin ihre Abwehr entschwunden war. Offensichtlich war der Stein, aus dem sie gemeißelt war, nicht sehr solide gewesen. Sie versuchte, streng zu bleiben. “Gut, aber nur ein Laden.”
Chloe sah es Egan an, dass er sie durchschaute.
Er wählte das größte Kaufhaus in der belebtesten Straße der Stadt aus. Während sie durch die Gänge schlenderten, genoss Chloe es, immer wieder einmal gegen ihn gestoßen zu werden. Wenn sie durch die Menge für einen Moment voneinander getrennt wurden, schaute sie nach seinem goldblonden Haar, nach seinem männlichen Profil aus. Sie sah zu, wie seine kräftigen Hände über den weichen Satin eines ausgestellten Nachthemds glitten, wie sie mit einem Mohairschal spielten.
Sie genoss all dies und zusätzlich das erregende Gefühl, Ziel seines Lächelns zu sein. Aber sie verstand nicht, weshalb er auf ihre Gesellschaft oder moralische Unterstützung Wert legte, nur um für Rick einen törichten Sportfilm zu kaufen. Vier Abteilungen ohne Einkäufe, dann begann sie zu verstehen.
“Schau mal, sind die nicht hübsch?” Er zeigte auf eine Reihe von Ohrringen, die in der Schmuckabteilung in einer Vitrine ausgestellt waren. “Und sie sind gar nicht teuer.”
Chloe sah auf die Preisschilder und stieß einen Pfiff aus. “Fünfundvierzig Dollar, das ist nicht billig, sondern außerordentlich viel Geld.”
“Sie stechen dir hier kostenlos Löcher ins Ohrläppchen. Das kann man nicht irgendwo billig erledigen, sonst muss man Entzündungen befürchten.”
“Ohrringe würden dir bestimmt gut stehen”, scherzte Chloe. “Dein Stein ist der Diamant, nicht wahr?” Sie sah Egan an, der rot wurde. “Aber welches Ohr? Das ist die Frage. Ich vergesse immer, was bei Männern üblich ist. Vielleicht solltest du dir beide Ohrläppchen durchstechen lassen. Wenn du genug von den Diamanten hast, habe ich vielleicht einen Ohrreifen für dich. Ich finde Piraten schrecklich anziehend.”
Egan ergriff Chloe am Ellbogen und zog sie von der Vitrine weg. “Keine Reifen?” fragte sie mit unschuldiger Miene.
“Wir sehen uns jetzt Spielsachen an.”
“Für wen?” fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits ahnte.
Zuerst ging es um kleine Lastwagen, um Fußbälle und tragbare Videospiele. Doch langsam, ganz langsam, zog Egan Chloe mit sich zu den Puppen.
“Puppen und Ohrringe und Angorapullover -- du hast wirklich einen erlesenen Geschmack, Egan.”
“Sieh dir das an. Die Sachen sind so wirklichkeitsgetreu, dass ich schwören könnte, die Puppe dort in der Ecke hat Bauchweh.” Sie blieben vor einem Regal mit modischen Puppen stehen.
Chloe schaute Egan an und verschränkte die Arme vor der Brust. “Weißt du, dass ich dir auf die Schliche gekommen bin?”
“Mir auf die Schliche gekommen?”
Chloe lehnte sich gegen ein Brett voller Puppenkleider. “Ja, dir.”
“Vielleicht werde ich eines Tages Kinder haben. Ich wollte mir die Spielsachen nur vorsorglich einmal ansehen. Du willst doch auch mal Kinder haben, nicht wahr?”
“Du willst für meine Mädchen einkaufen! Du versuchst, mich milde zu stimmen, damit ich das zulasse. Stimmt’s?”
“Und wenn es stimmt?”
“Was soll ich nur mit dir machen?”
Egan gab den Versuch auf, Chloe etwas vorzumachen. “Lass mich den Weihnachtsmann spielen. Bitte.”
Sie schüttelte den Kopf, was ihr allerdings nicht so leicht fiel, wie sie erwartet hatte. “Wir haben dieses Thema schon abgehakt.”
“Aber inzwischen hattest du Zeit, noch einmal darüber nachzudenken.”
“Ich habe meine Meinung nicht geändert.”
Egans Gesichtsausdruck veränderte sich kaum merklich. Chloe spürte, dass Egan sich über ihren Widerspruch nicht länger ärgerte. Stattdessen war er traurig, als seien die Wünsche der Mädchen irgendwie zu seinen eigenen geworden.
“Es ist nicht so, dass …”, begann Chloe.
Er unterbrach sie mit einer Handbewegung. “Du verstehst immer noch nicht, wie? Weihnachten hat nichts mit harter Arbeit und damit zu tun, dass man sich seine Geschenke verdienen muss. Weihnachten -- da geht es um Träume und Wunder, um Dinge, die geschehen können, wenn man sie am wenigsten erwartet.”
Chloe presste die Lippen zusammen und musterte Egan. Er war offensichtlich zutiefst traurig, weil er nicht den Weihnachtsmann
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