Geständnis unterm Mistelzweig
das Geschenk.”
Chloe konzentrierte sich jetzt auf etwas, das unverfänglicher war als Egans nackte Haut -- auf das Geschenk in seinen Händen. “Ich weiß nicht, ob es dir gefallen wird. Vielleicht ist es töricht. Ich weiß nicht einmal, ob du überhaupt …”
“Ob ich was?”
“Öffne es, dann werde ich es dir sagen.”
Egan führte Chloe zum Sofa und setzte sich neben sie. Die weiche Wolle ihres Blazers berührte seine nackte Brust, und der zarte Duft, der ihr so eigen war, regte seine Sinne an. Er legte einen Arm um sie und spürte ihr seidenweiches Haar über seine Haut gleiten. Was auch immer sie ihm gekauft hatte, es war nicht das, was er sich jetzt am meisten wünschte. Ihm wurde mehr und mehr bewusst, dass er sich Chloe wünschte, die ganze Frau.
“Schnür du es auf”, sagte er.
“Ich verstehe, warum du das möchtest. Die Verpackung ist zu schön, um sie zu beschädigen.”
Die Wahrheit war ganz anders. Egan befürchtete, Chloe könne merken, dass seine Hände zitterten, wenn er das Paket öffnete. Ihre Finger bewegten sich anmutig, aber viel zu langsam. Egan sah zu, wie sie das Band mit den Fingernägeln auseinander zog. Er stellte sich dabei vor, wie diese Fingernägel über seinen Rücken strichen.
Er sagte sich innerlich das, wozu er sich schon oft ermahnt hatte: Er musste mehr Geduld und weniger Fantasie haben. Aber die Antwort hierauf war dieselbe wie immer: Er brauchte Chloe.
Als das Band schließlich auf dem Fußboden lag, schlug Egan das Papier auseinander und hob den Deckel der Schachtel. Die schwarzen und weißen Steine glänzten. Eine nach der anderen wickelte Egan die schön geformten Schachfiguren aus und betastete sie, bis er schließlich das Brett herausholte.
“Das ist wunderschön”, rief er. “Es ist ein unglaublich schönes Geschenk.”
Chloe beugte sich vor und stellte das Schachbrett auf den Couchtisch. “Sieh mal, wir könnten es hier aufstellen, was meinst du?”
Egan sah zu, wie sie die Schachfiguren auf dem Brett ordnete. Die Wahl des Geschenks hatte ihr offensichtlich Freude gemacht. Sie wirkte in ihrer Begeisterung fast wie ein Kind. Nie hatte Egan sie mehr begehrt als jetzt.
“Schau mal, sieht sie nicht aus wie ich?” Sie gab ihm die schwarze Königin.
Die Königin ähnelte Chloe in der Tat. Sie hatte schmale Hüften und volle Brüste. Ganz ohne Zweifel war sie eine Frau. Das Haar, die stolze Haltung, die Anmut, der verlangende Gesichtsausdruck -- alles war Chloe.
“Und der weiße König erinnert mich ein wenig an dich.” Chloe hielt Egan die Figur entgegen. “Natürlich ist er nicht so gut gebaut wie du.”
Sie nahm Egan die schwarze Dame ab und stellte sie und den weißen König auf seinen jeweiligen Ausgangsplatz auf dem Brett. “Aber da gibt es ein Problem”, sagte sie, wobei sie Egan nicht ansah. “Die Königin möchte mit dem König zusammensein. Doch sie sind getrennt, und sie können einander nicht erreichen.”
“Was hält sie voneinander getrennt?”
“Vielleicht haben sie Angst.”
“Alle beide?”
“Nein, du hast Recht, es ist nur die Königin.”
Sein Herz schlug schneller. “Wovor hat sie Angst?”
“Ich glaube, sie macht sich zu viel aus ihm. So hat sie noch bei keinem Mann empfunden. Sie weiß nicht, was geschehen kann. Sie fürchtet sich vor ihren Gefühlen.” Chloe konnte Egan jetzt nicht ansehen. So konnte sie sich nicht davon überzeugen, ob er sie verstand.
Egan streckte einen Arm aus. Der andere lag um Chloes Taille. “Dann muss er ihr zeigen, dass sie nichts zu befürchten hat.” Er hob die Dame hoch. “Dies ist ein Zauberteppich. Lass uns mal sehen, was geschieht.”
Chloe lehnte sich an Egan und schloss die Augen. Er war warm, seine Haut war fest und glatt, wie die Schachfiguren. “Egan …”, sagte sie leise.
Bei dem Versprechen in ihrer Stimme lief ihm eine Gänsehaut über den Rücken. “Der weiße König kämpft mit dem schwarzen um die Königin. Er wird von Rittern angegriffen, von hinterlistigen Hofleuten und von Soldaten, die vergeblich versuchen, ihn gefangen zu nehmen.”
“Dann sind der weiße König und die Königin verloren?”
“Nein. Als alle Hoffnung vergeblich zu sein scheint, wird der Königin klar, dass sie immer noch eine Wahl hat. Sie springt auf den Teppich des weißen Königs, und sie fliegen weit fort an einen Ort, wo niemand und nichts sie jemals erreichen oder verletzen kann. Hier wird der weiße König sein ganzes Leben verbringen und der schönen Königin sagen, dass
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