Geständnis
seinem fetten Hintern gesessen hatte.
Am liebsten hätte sie ihn einem regelrechten Verhör unterzogen,
doch dafür war keine Zeit. Außerdem war Joey launenhaft und
unberechenbar, zumindest laut Robbie.
„ Sie können es lesen, oder ich sage Ihnen einfach, was
drinsteht“, meinte sie, während sie mit dem Schriftsatz vor seinem
Gesicht herumwedelte.
Joey setzte sich, vergrub das Gesicht in den Händen und
stammelte: „Sagen Sie's mir.“
„ Name, Adresse, der übliche Mist. Hier steht, dass Sie am
Soundsovielten im Oktober 1999 im Prozess gegen Donte Drumm als
Zeuge ausgesagt haben, dass Sie eine entscheidende Aussage für die
Staatsanwaltschaft gemacht und den Geschworenen in dieser Aussage
erzählt haben, dass Sie in der Nacht von Nicoles Verschwinden,
ungefähr zur gleichen Zeit, gesehen hätten, wie ein grüner Van der
Marke Ford auffällig langsam über den Parkplatz führ, auf dem sie
ihr Auto geparkt hatte, und dass der Fahrer ein männlicher
Schwarzer gewesen zu sein schien und dass der Van dem Donte Drumms
sehr ähnlich war. Es stehen noch eine Menge anderer Details drin,
aber für Details haben wir jetzt keine Zeit mehr. Hören Sie mir
zu?“
„ Ja.“ Er hatte die Hand über die Augen gelegt und schien zu
weinen.
„ Sie ziehen diese Aussage zurück und schwören, dass es nicht
die Wahrheit war. Sie sagen, dass Sie beim Prozess gelogen haben.
Haben Sie das verstanden?“
Joey nickte.
„ Außerdem steht hier drin, dass Sie der anonyme Anrufer gewesen
sind, der Detective Drew Kerber sagte, Donte Drumm sei der Mörder.
Auch hier wieder jede Menge weiterer Details, aber die erspare ich
Ihnen. Ich glaube, Sie haben alles verstanden, ja?“
Er nahm die Hände aus dem Gesicht, wischte sich die Tränen ab
und sagte: „Ich habe so lange damit gelebt.“
„ Dann bringen Sie's jetzt in Ordnung.“ Sie knallte die
eidesstattliche Erklärung auf den Tisch und warf ihm einen
Kugelschreiber zu. „Seite fünf, rechts unten. Na los.“
Joey unterschrieb die Erklärung, und nachdem sie notariell
beglaubigt worden war, wurde sie eingescannt und per E-Mail an das
Büro der Defender Group in Austin geschickt. Agnes Tanner wartete
auf die Bestätigung, bekam aber eine Fehlermeldung, dass die E-Mail
nicht zustellbar sei. Sie rief einen Anwalt der Defender Group an -
die E-Mail war nicht angekommen. Es gab Probleme mit dem
Internet-Server des Büros. Agnes schickte die E-Mail erneut, wieder
klappte es nicht. Sie drückte einem ihrer Mitarbeiter die
Unterlagen in die Hand und wies ihn an, die fünf Seiten per Fax zu
schicken.
Joey, um den sich jetzt niemand mehr kümmerte, verließ die
Kanzlei, ohne dass es jemand bemerkte. Er war enttäuscht, weil er
der Meinung war, dass er zumindest ein Dankeschön verdient
hatte.
Das Gefängnis in Huntsville wird Walls Unit genannt. Es ist
das älteste Gefängnis von Texas und wurde noch in der alten Bauart
errichtet, mit hohen Ziegelmauern. Im Laufe seiner wechselvollen
Geschichte verbüßten dort zahlreiche berühmte Banditen und
Revolverhelden ihre Strafe. In der Todeskammer des Gefängnisses
sind mehr Männer und Frauen hingerichtet worden als in jedem
anderen amerikanischen Bundesstaat. Walls Unit ist stolz auf seine
Geschichte. Es gibt Touristenführungen.
Robbie war bereits zweimal hier gewesen, jedes Mal in Eile und
ohne Interesse an der Geschichte von Walls Unit. Als er und Keith
hineingingen, wurden sie von Ben Jeter begrüßt, der sogar ein
Lächeln zustande brachte. „Hallo, Mr. Flak“, sagte er.
„ Hallo, Mr. Jeter.“ Robbie zog seine Brieftasche aus dem Jackett. „Das
ist Dontes Seelsorger, Reverend Keith Schroeder.“ Der
Gefängnisdirektor schüttelte Keith etwas zögerlich die Hand. „Ich
habe gar nicht gewusst, dass Drumm einen Seelsorger
hat.“
„ Jetzt hat er einen.“
„ Okay. Ich brauche irgendwelche Ausweise.“
Sie gaben Jeter ihre Führerscheine, und er reichte sie an
einen Wärter weiter. „Folgen Sie mir“, sagte er.
Jeter war seit elf Jahren der Direktor von Walls Unit, und
jede Hinrichtung wurde von ihm persönlich geleitet. Es war eine
Aufgabe, um die er nicht gebeten hatte, die er aber gewissenhaft
ausübte; sie gehörte zu seiner Arbeit. Er war für seine
Objektivität und Professionalität bekannt. Die Hinrichtungen liefen
präzise wie ein Uhrwerk ab, die Details waren stets gleich. Texas
hatte eine derart effektive Todesmaschinerie geschaffen, dass
andere Bundesstaaten ihre Gefängnisbeamten zur
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