Geständnis
Fortbildung
herschickten. Ben Jeter konnte ihnen genau zeigen, wie man es am
besten machte.
Er hatte zweihundertachtundneunzig Männer und drei Frauen
gefragt, ob sie noch etwas sagen wollten. Fünfzehn Minuten später
hatte er sie für tot erklärt.
„ Was ist mit den Revisionen?“, fragte Jeter. Er ging einen
Schritt vor Robbie und zwei Schritte vor Reith, der immer noch wie
benommen war. Sie hasteten durch einen Korridor, dessen Wände mit
vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos früherer Gefängnisdirektoren und
verstorbener Gouverneure dekoriert waren.
„ Es sieht nicht gut aus“, erwiderte Robbie. „Wir haben noch ein
paar Bälle in der Luft, aber das ist auch schon alles.“
„ Glauben Sie, dass es um sechs losgehen kann?“
„ Ich weiß es nicht“, antwortete Robbie, der nicht zu viel sagen
wollte.
Dass es um sechs losgehen kann ..., dachte Reith. Als würden
sie auf den Start eines Flugzeugs oder den Beginn eines
Baseballspiels warten.
Sie blieben vor einer Tür stehen. Jeter bewegte eine
Plastikkarte vor sich hin und her. Die Tür öffnete sich, sie traten
ins Freie, liefen sechs Meter und betraten dann den Todestrakt.
Reith hatte Herzrasen, und ihm war so schwindlig, dass er sich am
liebsten hingesetzt hätte. Im Innern des Gebäudes sah er
Gitterstäbe, lange Reihen von Gitterstäben in einem schwach
beleuchteten Zellenblock. Auf dem Korridor standen mehrere Wärter
und zwei Männer in schlecht sitzenden Anzügen und starrten in eine
Zelle.
„ Donte, Ihr Anwalt ist hier“, verkündete Jeter, als würde er
ein Geschenk bringen. Donte stand auf und lächelte. Metall dröhnte,
die Tür schob sich auf, und Donte machte einen Schritt nach vorn.
Robbie umarmte ihn und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Donte zog ihn
an sich, es war die erste richtige Berührung eines Menschen in
nahezu zehn Jahren. Beide weinten, als sie sich voneinander
lösten.
Nebenan lag die Besuchszelle, die genauso aussah wie die
anderen Zellen, bis auf eine Glaswand hinter den Gitterstäben, die
für Privatsphäre sorgte, wenn der Anwalt seinen Mandanten ein
letztes Mal besuchte. Die Regeln sahen eine Stunde Besuchszeit vor.
Die meisten Verurteilten sparten sich einige Minuten für das letzte
Gebet mit dem Gefängniskaplan auf. Die Regeln schrieben vor, dass
die Besuchsstunde von sechzehn bis siebzehn Uhr ging und der
Verurteilte anschließend allein war. Jeter, der die Regeln
normalerweise strikt einhielt, wusste, wann er sie brechen sollte.
Er wusste auch, dass Donte Drumm im Gegensatz zu vielen anderen ein
Mustergefangener gewesen war, und das hatte in dieser Branche
einiges zu bedeuten.
Jeter tippte auf seine Uhr und sagte: „Es ist jetzt 16.45 Uhr,
Mr. Flak. Sie haben sechzig Minuten.“
„ Danke.“
Donte betrat die Besuchszelle und setzte sich auf den Rand der
Liege. Robbie folgte ihm und nahm auf einem kleinen Hocker Platz.
Ein Wärter schloss die Glastür und schob die Gittertür
vor.
Sie waren allein und saßen so eng zusammen, dass sich ihre
Knie berührten. Robbie, der sich beherrschen musste, um nicht die
Fassung zu verlieren, beugte sich vor und legte Donte eine Hand auf
die Schulter. Er hatte sich lange den Kopf darüber zerbrochen, ob
er Boyette erwähnen sollte. Einerseits hatte Donte das
Unvermeidliche vermutlich akzeptiert und war auf das vorbereitet,
was in einer Stunde geschehen würde. Jedenfalls machte er den
Eindruck, als wäre er mit sich selbst im Reinen. Warum sollte
Robbie ihn mit einer wilden Geschichte aufregen? Andererseits würde
Donte vielleicht gern wissen, dass die Wahrheit endlich ans Licht
gekommen war. Sein Name würde reingewaschen werden, wenn auch
posthum. Doch die Wahrheit war alles andere als gesichert, und
Robbie beschloss, Boyette nicht zu erwähnen.
„ Danke, dass Sie gekommen sind“, flüsterte Donte.
„ Ich habe dir versprochen, dass ich bis zum Schluss hier sein
werde. Es tut mir leid, dass ich es nicht verhindern kann, Donte.
Es tut mir wirklich leid.“
„ Sie haben getan, was Sie konnten. Und Sie kämpfen immer noch,
stimmt's?“
„ Oh, ja. Es sind noch einige Anträge anhängig, die wir in
letzter Minute eingereicht haben, also haben wir noch eine
Chance.“
„ Und wie sieht es aus?“
„ Wir haben eine Chance. Joey Gamble hat zugegeben, dass er im
Prozess gelogen hat. Er hat sich gestern in einem Striplokal
betrunken und alles zugegeben. Wir haben es heimlich aufgenommen
und heute Morgen einen Antrag bei Gericht gestellt. Das Gericht hat
ihn abgewiesen. Etwa um
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