Geständnis
die Hinrichtung zu stoppen.
Jeter legte auf, dann griff er zum Hörer eines zweiten, identisch
aussehenden Telefons. Es war eine Direktleitung in das Büro des
Gouverneurs. Von dort bekam er die gleiche Information noch einmal.
Er hatte grünes Licht. Um 18.06 Uhr trat er an die Bahre und sagte:
„Mr. Drumm, möchten Sie noch etwas sagen?“
„ Ja“, erwiderte Donte.
Der Gefängnisdirektor hob den Arm, griff nach einem kleinen
Mikrofon an der Decke und zog es so weit herunter, dass es dreißig
Zentimeter vor Dontes Gesicht hing. „Bitte“, sagte er. Das Mikrofon
war mit kleinen Lautsprechern verbunden, von denen jeweils einer in
den beiden Zeugenräumen stand.
Donte räusperte sich, starrte auf das Mikrofon und sagte: „Ich
liebe meine Mutter und meinen Vater, und es tut mir so leid, dass
mein Dad gestorben ist, bevor ich mich von ihm verabschieden
konnte. Der Staat Texas wollte mir nicht erlauben, zu seiner
Beerdigung zu gehen. Cedric, Marvin und Andrea - ich liebe euch,
und irgendwann werden wir uns wiedersehen. Es tut mir leid, dass
ihr das alles durchmachen musstet, aber es war nicht meine Schuld.
Robbie, Sie haben Ihre Sache gut gemacht. Sie waren einfach toll.
Der Familie von Nicole Yarber möchte ich sagen, dass mir leidtut,
was mit ihr passiert ist. Sie war ein nettes Mädchen, und ich
hoffe, dass man den Mann, der sie getötet hat, eines Tages findet.
Dann werden Sie wohl alle wieder hier sein und das hier nochmal
machen.“
Er machte eine Pause und schloss die Augen. Dann rief er: „Ich
bin unschuldig! Der Staat Texas hat mich neun Jahre lang für ein
Verbrechen verfolgt, das ich nicht begangen habe! Ich habe Nicole
Yarber nicht ein Mal angefasst, und ich weiß nicht, wer sie getötet
hat!“ Er holte tief Luft, machte die Augen auf und sprach weiter.
„Detective Drew Kerber, Paul Koffee, Richterin Grale, den bigotten
Geschworenen und den blinden Maulwürfen an den Revisionsgerichten
möchte ich auch etwas sagen: Irgendwann werde ich mit euch
abrechnen. Wenn man den wahren Mörder findet, werde ich da sein und
euch keine Ruhe mehr lassen.“
Er drehte den Kopf nach rechts und sah seine Mutter an. „Leb
wohl, Mom. Ich liebe dich.“
Nach einigen Sekunden Stille schob Ben Jeter das Mikrofon nach
oben. Er trat einen Schritt zurück und nickte dem gesichtslosen
Mann zu, der hinter dem verdunkelten Fenster links von der Bahre
stand und mit der Einleitung der Injektion begann. Für die
Hinrichtung wurden drei verschiedene Medikamente benutzt, die in
schneller Folge verabreicht wurden. Jedes Medikament war so
dosiert, dass es für sich allein tödlich war. Das erste war
Natriumpentothal, ein starkes Beruhigungsmittel. Donte schloss die
Augen und sollte sie nie wieder öffnen. Zwei Minuten später wurde
ihm Pancuroniumbromid gespritzt, ein Mittel zur Muskelerschlaffung.
Die dritte Injektion bestand aus Kaliumchlorid, das sein Herz zum
Stillstand brachte.
Wegen der Lederriemen war es schwierig, festzustellen, wann
Donte zu atmen aufhörte. Aber er hörte zu atmen auf. Um 18.19 Uhr
kam der medizinisch ausgebildete Angestellte in die Todeskammer und
hörte die Leiche mit einem Stethoskop ab. Er nickte dem
Gefängnisdirektor zu, der um 18.21 Uhr den Tod von Donte Drumm
verkündete.
Chapter
27
Die Vorhänge schlossen sich, die Todeskammer
verschwand.
Reeva umarmte Wallis, Wallis umarmte Reeva, und beide umarmten
ihre Kinder. Die Tür ihres Zeugenraumes öffnete sich, und ein
Justizvollzugsbeamter begleitete sie nach draußen. Zwei Minuten
nach der offiziellen Feststellung des Todes waren Reeva und ihre
Familie mit erstaunlicher Effizienz wieder in den Transporter
befördert worden. Nachdem sie weg waren, wurden die Drumms durch
eine andere Tür, aber auf demselben Weg nach draußen
eskortiert.
Ein paar Sekunden lang waren Robbie und Keith allein im
Zeugenzimmer. Robbies Augen waren feucht, sein Gesicht blass. Er
war völlig ausgelaugt, mit seiner Kraft am Ende, aber voller
Kampfgeist. „Sind Sie froh, dass Sie sich das angesehen haben?“,
fragte er.
„ Nein, bin ich nicht.“
„ Ich auch nicht.“
Im Bahnhof wurde die Nachricht von Dontes Tod schweigend
aufgenommen. Der Schock saß zu tief, als dass jemand etwas hätte
sagen können. Im Besprechungszimmer starrten alle auf den
Fernseher, hörten die Worte, konnten aber immer noch nicht glauben,
dass ihnen das Wunder irgendwie durch die Finger geronnen war. Noch
vor drei Stunden hatten sie verzweifelt an dem Boyette- und
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