Geständnis
Köpfe berührten sich. „Danke, Robbie. Danke für alles.
Ich schaff das schon.“
„ Ich werde dich nie vergessen.“
„ Kümmern Sie sich um meine Mom, ja, Robbie?“
„ Du weißt, dass ich sie nicht alleinlassen werde.“
Sie standen auf und umarmten sich, eine lange, schmerzliche
Umarmung, die keiner der beiden beenden wollte. Ben Jeter stand an
der Tür und wartete. Schließlich verließ Robbie die Zelle und ging
zum Ende des Korridors, wo Reith auf einem Klappstuhl saß und
inbrünstig betete. Robbie setzte sich neben ihn und begann zu
weinen.
Ben Jeter fragte Donte zum letzten Mal, ob er den Kaplan sehen
wolle. Er wollte nicht. Der Korridor füllte sich mit Wärtern in
Uniform, großen, gesunden jungen Männern mit ernsten Gesichtern und
starken Armen. Die Muskelpakete waren für den Fall da, dass es sich
der Häftling anders überlegte und nicht freiwillig in die
Todeskammer ging. Plötzlich wurde es hektisch, und alles war voll
mit Menschen.
Jeter kam auf Robbie zu. „Es geht los.“
Robbie stand langsam auf und machte einen Schritt. Dann blieb
er stehen und sah Keith an. „Kommen Sie“, sagte er.
Keith starrte ihn verständnislos an. Er wusste nicht genau, wo
er war, aber er war sicher, dass der Albtraum gleich zu Ende sein
und er neben Dana im Bett aufwachen würde. „Was?“
Robbie packte ihn am Arm und zog ihn unsanft hoch. „Kommen
Sie. Wir müssen zur Hinrichtung.“
„ Aber ...“
„ Der Gefängnisdirektor hat es genehmigt.“ Er zerrte noch einmal
an Keiths Arm. „Sie sind der Seelsorger des Verurteilten, daher
sind Sie als Zeuge zugelassen.“
„ Das glaube ich nicht, Robbie. Nein. Hören Sie, ich werde hier
warten und ...“
Einige der Wärter verfolgten ihre Auseinandersetzung mit einem
amüsierten Lächeln. Keith bekam mit, dass die Männer grinsten, doch
es war ihm egal.
„ Kommen Sie schon“, sagte Robbie, der den Reverend mit sich
zog. „Tun Sie es für Donte. Tun Sie es für mich. Sie leben in
Kansas, dort gibt es die Todesstrafe auch. Kommen Sie mit. Sie
können sich die Demokratie in Aktion ansehen.“
Keith bewegte sich wie eine Marionette; alles um ihn herum
verschwamm. Sie gingen an den Wärtern und an der Zelle vorbei, in
der Donte, der den Blick gesenkt hatte, Handschellen angelegt
wurden, bis zu einer schmalen, nicht gekennzeichneten Tür, die
Keith noch gar nicht bemerkt hatte. Die Tür öffnete und schloss
sich hinter ihnen. Sie standen in einem kleinen, schachtelartigen
Raum, der nur schwach beleuchtet war. Robbie ließ Keith los, dann
ging er zu Dontes Familie und umarmte sie. „Alle Anträge wurden
abgelehnt“, sagte er leise. „Wir können nichts mehr
tun.“
Es waren die längsten zehn Minuten in Gill Newtons langer
Karriere im Dienste des Staates. Von 17.50bisl8Uhr schwankte er hin
und her wie noch nie in seinem Leben. Auf der einen Seite -
buchstäblich, nämlich auf der einen Seite seines Büros - drängte
ihn Wayne dazu, die Hinrichtung für dreißig Tage aufzuschieben, und
zwar nur für dreißig Tage. Dann werde sich der Staub legen und man
könne den Behauptungen dieses Clowns Boyette nachgehen. Falls er
die Wahrheit sage und die Leiche gefunden werde, wäre der
Gouverneur ein Held. Falls sich herausstelle, dass das Ganze ein
Schwindel sei, wovon sie ausgingen, werde Drumm noch dreißig Tage
leben und dann hingerichtet werden. Langfristig gesehen ergebe sich
dadurch kein politischer Schaden. Heikel sei es nur, wenn sie
Boyette ignorierten, Drumm hingerichtet werde und die Leiche genau
dort gefunden werde, wo Boyette die Polizei hinbringe. Das wäre
tödlich, und nicht nur für Drumm.
Die Stimmung war so angespannt, dass sie den Bourbon stehen
ließen.
Auf der anderen Seite argumentierte Barry, dass jede Art von
Aufschub ein Zeichen der Schwäche wäre, vor allem angesichts der
markigen Rede des Gouverneurs vor dem Mob, die keine drei Stunden
zurückliege. Hinrichtungen, vor allem solche, bei denen das
Interesse der Medien groß sei, zögen alle möglichen Schwachköpfe
an, die nur Aufmerksamkeit suchten, und dieser Boyette sei das
perfekte Beispiel dafür. Es sei klar, dass er im Rampenlicht stehen
wolle, dass er seine fünfzehn Minuten Ruhm suche. Zuzulassen, dass
er eine Hinrichtung verhindere, sei juristisch falsch und politisch
erst recht. Drumm habe den Mord doch gestanden, sagte Barry immer
wieder. Wir können nicht zulassen, dass ein perverser
Serienvergewaltiger die Wahrheit verschleiert. Es war ein fairer
Prozess! Sämtliche
Weitere Kostenlose Bücher