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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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Hause?“
    „ Ich will morgen früh hier abreisen.“
    „ Was ist mit Boyette? Kommt der auch mit?“
    „ Darüber haben wir noch nicht gesprochen.“
     

Chapter
29
     
    Slone verfügte über drei Bestattungsinstitute, zwei für Weiße
(Ober- und Unterschicht) und eines für Schwarze. In einigen
wichtigen Lebensbereichen - Schule, Politik, Beschäftigung und
Geschäftsleben - war die Integration gelungen. Aber auf anderen
Gebieten würde es sie nie geben, weil keine Rasse sie wirklich
wollte. Bei den sonntäglichen Gottesdiensten herrschte freiwillige
Segregation. Einige Schwarze besuchten die größeren weißen Kirchen
der Stadt und waren dort willkommen. Ganz wenige Weiße waren in den
schwarzen Kirchen zu finden, wo sie wie alle anderen behandelt
wurden. Die überwältigende Mehrheit hielt sich an die eigenen
Leute, und Bigotterie hatte nur wenig damit zu tun. Es war mehr
eine Frage von Tradition und Neigung. Die Weißen bevorzugten ein
geordnetes, zurückhaltendes Ritual am Sonntagvormittag.
Einleitungsgebet um elf Uhr, gefolgt von guter Musik, dann eine
gelungene, knapp gefasste Predigt, und um zwölf Uhr, spätestens um
zehn nach zwölf war Schluss, weil bis dahin alle am Verhungern
waren. In den schwarzen Kirchen war die Zeit nicht so wichtig. Dem
Geist wurde mehr Freiraum gegeben, was zu einer spontaneren Art des
Gottesdienstes führte. Dem Mittagsläuten wurde keine Bedeutung
zugemessen. Mittagessen gab es oft in den Räumen der Kirche, wenn
es sich so ergab, und keiner hatte es eilig,
fortzukommen.
    Ganz besonders groß war der Unterschied, wenn es ums Sterben
ging. Mit der Beerdigung ließen sich die Schwarzen Zeit, während
die Weißen sie üblicherweise innerhalb von höchstens drei Tagen
hinter sich bringen wollten. Das schwarze Bestattungsinstitut war
geschäftiger, hatte mehr Besucher, längere Totenwachen, ausgedehnte
Abschiede. Lamb & Son versahen in diesem Teil der Stadt seit
Jahrzehnten in Würde ihren Dienst. Als ihr Leichenwagen wenige
Minuten nach zweiundzwanzig Uhr eintraf, wartete auf dem Rasen vor
der kleinen Kapelle eine feierlich gestimmte Menge. Die Trauernden
hatten still die Köpfe gesenkt, die Gesichter waren düster. Sie
beobachteten, wie Hubert und Alvin die Heckklappe des Leichenwagens
öffneten und den Sargträgern - acht Freunde von Donte, von denen
die meisten irgendwann bei den Slone Warriors Football gespielt
hatten - Anweisungen gaben. Sie folgten Hubert Lamb ein paar Meter
weit zu einer Seitentür und verschwanden. Das Bestattungsinstitut
war geschlossen und würde erst am nächsten Morgen wieder öffnen,
wenn Donte ordentlich zurechtgemacht und präsentabel
war.
    In der Ferne heulten Sirenen. Die Luft war dick, voller
Spannung, schwer von Rauch und Angst. Wer keinen Ärger machte,
erwartete welchen.
    Ein Auto fuhr auf den Parkplatz und hielt neben dem
Leichenwagen. Roberta Drumm, Marvin, Cedric und Andrea stiegen aus
und gingen langsam zum Haupteingang, wo sie ihre Freunde begrüßten.
Umarmungen, leise Worte und Tränen folgten. Auch als die Familie
schließlich ins Gebäude trat, blieben die Freunde. Ein weiteres
Fahrzeug bog auf den Parkplatz ein und hielt neben dem
Leichenwagen. Diesmal war es Robbie mit Aaron Rey. Die beiden
schlugen einen Bogen um die Menge und betraten das Gebäude durch
die Seitentür. Im Empfangsraum traf Robbie auf die Familie. Sie
saßen beieinander, umarmten sich und weinten, als hätten sie sich
seit Monaten nicht gesehen. Nur wenige Stunden zuvor hatten sie
Donte sterben sehen, aber Zeit und Ort schienen jetzt in weiter
Ferne zu liegen.
    Während der Rückfahrt von Huntsville hatten die Drumms Radio
gehört und über ihre Handys telefoniert. Sie hatten Robbie nach
diesem Boyette gefragt, und er hatte ihnen gesagt, was er wusste.
Den Drumms war klar, dass die Lage in Slone angespannt war und
voraussichtlich eskalieren würde, und Roberta hatte wiederholt
erklärt, sie wolle keine Gewalt. Darauf habe sie keinen Einfluss,
meinte Robbie. Die Situation sei außer Kontrolle.
    Dann betrat Hubert Lamb den Raum. „Roberta, Donte ist so
weit“, sagte er.
     
    Sie ging allein ins Vorbereitungszimmer, schloss die Tür
hinter sich und sperrte ab. Ihr geliebter Junge lag auf einem
schmalen Tisch, der für diesen Anlass mit weißen Laken bedeckt
worden war. Er trug dieselbe Kleidung, in der sie ihn getötet
hatten - ein billiges weißes Hemd, eine abgetragene Baumwollhose,
Schuhe aus dem Schlussverkauf, mehr hatte ihm der Staat Texas nicht
gegönnt.

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