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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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dran, und wenn
wir nur vierundzwanzig Stunden gehabt hätten, dann hätten wir Donte
retten können. Jetzt schlagen wir uns nur noch mit den
Nachwirkungen herum.“
    „ Was passiert mit Boyette?“
    „ Der wird hier in Missouri des Mordes angeklagt. Wenn er lange
genug lebt, wird er strafrechtlich verfolgt werden.“
    „ Auch in Texas?“
    „ Natürlich nicht. Hier wird keiner jemals zugeben, dass sie den
Falschen getötet haben. Koffee, Kerber, Richterin Vivian Grale, die
Geschworenen, die Richter der höheren Instanzen, der Gouverneur -
keiner der Verantwortlichen für diese Farce wird jemals zu seinen
Fehlern stehen. Von denen wird einer schneller rennen als der
andere. Jeder wird dem anderen die Schuld zuschieben. Selbst wenn
sie nicht direkt abstreiten, dass ihnen Fehler unterlaufen sind,
werden sie ganz bestimmt nichts von sich aus zugeben. Ich vermute,
sie werden sich möglichst ruhig verhalten, in Deckung gehen, den
Sturm aussitzen.“
    „ Können sie das denn?“
    Noch ein Schluck aus der Flasche. Robbie betrachtete versonnen
sein Bier und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Kein Cop
ist je wegen eines Fehlurteils angeklagt worden. Kerber gehört ins
Gefängnis. Genau wie Koffee. Die beiden sind direkt für Dontes
Verurteilung verantwortlich, aber Koffee hat die Anklagejury in der
Tasche. Er kontrolliert das System. Ein Strafverfahren ist daher
unwahrscheinlich, außer ich kann das Justizministerium dazu
bringen, eine Untersuchung durchzuführen. Versuchen werde ich es
auf jeden Fall. Und dann bleiben uns noch die
Zivilgerichte.“
    „ Klagen?“
    „ Und ob, jede Menge. Ich werde sie alle verklagen. Kann es gar
nicht erwarten.“
    „ Ich dachte, du ziehst nach Vermont.“
    „ Das muss warten. Ich bin hier noch nicht fertig.“
     
    Der städtische Schulbeirat von Slone kam am Freitagnachmittag
um vierzehn Uhr zu einer Notfallbesprechung zusammen. Einziger
Tagesordnungspunkt war das Footballspiel. Longview sollte um
siebzehn Uhr eintreffen, um 19.30 Uhr sollte Kick-off sein. Die
Vertreter der Schule und die Trainer von Longview sorgten sich um
die Sicherheit ihrer Spieler und Fans - aus gutem Grund. Die
Ereignisse in Slone wurden nun routinemäßig als „Rassenunruhen“
beschrieben, ein ebenso eingängiger wie falscher Begriff der
Sensationspresse.
    In Slone ging bei Polizei und Schule eine ununterbrochene Flut
von Drohanrufen ein. Sollte das Spiel tatsächlich stattfinden,
würde es Ärger geben, und nicht zu knapp. Joe Radford, der
Polizeipräsident, flehte den Beirat an, das Spiel abzusagen oder
zumindest zu verschieben. Fünftausend Menschen auf einem Haufen,
von denen fast alle weiß waren, das war ein viel zu verlockendes
Ziel für potenzielle Unruhestifter. Genauso besorgniserregend war
die Tatsache, dass die Häuser der Fans während des Spiels leer
stehen und damit ungeschützt sein würden. Der Trainer gab zu, dass
er eigentlich nicht antreten wollte. Die Jungen waren überhaupt
nicht konzentriert, ganz abgesehen davon, dass seine besten
Spieler, die achtundzwanzig Schwarzen, die Begegnung boykottierten.
Sein Star-Tailback Trey Glover saß noch im Gefängnis. Beide
Mannschaften hatten sechs Siege und zwei Niederlagen zu verzeichnen
und sich damit für die texanische Play-off-Runde qualifiziert. Der
Trainer wusste, dass er mit einer rein weißen Mannschaft keine
Chance hatte. Aber wenn sie nicht antraten, wurde das als
Niederlage gewertet, und das machte ihm und allen anderen im Raum
zu schaffen.
    Der Schulleiter beschrieb die ausgebrannte Pressekabine, die
Spannungen der vergangenen beiden Tage, den ausgefallenen
Unterricht und die Drohanrufe, die den ganzen Tag über in seinem
Büro eingegangen waren. Er war erschöpft und nervös und flehte den
Schulbeirat geradezu an, das Spiel abzusagen.
    Ein hohes Tier von der Nationalgarde nahm widerwillig an der
Besprechung teil. Der Mann hielt es für möglich, den Stadionbereich
so zu sichern, dass das Spiel ungestört stattfinden konnte.
Allerdings fragte er sich genau wie der Polizeichef, was in diesen
drei Stunden im Rest der Stadt passieren würde. Als die anderen
nachhakten, gab er zu, dass es am sichersten war, das Spiel
abzusagen.
    Die Mitglieder des Beirats wanden sich, überlegten hin und
her, tauschten Notizen aus. Während sie sich routinemäßig mit
Budgets, Lehrplänen, Disziplin und zahlreichen wichtigen
Angelegenheiten befassten, hatten sie noch nie über etwas so
Bedeutendes wie die Absage eines Footballspiels entscheiden

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