Geständnis
gefunden worden. Der
DNA-Abgleich ergab, dass sie von Travis Boyette stammte. Seine DNA
war aufgrund einer früheren Verurteilung in Missouri in der
dortigen Datenbank gespeichert.
Das war Grund zur Freude und Grund zur Trauer. Angesichts
dieser zwiespältigen Gefühle beschlossen sie, sich noch einen Drink
zu genehmigen.
Chapter
36
Sonntag. Was am Donnerstag wahrscheinlich, am Freitag noch
wahrscheinlicher und am Samstag praktisch sicher gewesen war, wurde
über Nacht furchtbare Gewissheit, sodass sich das erwachende Land
am Sonntagmorgen mit der sensationellen Realität konfrontiert sah,
dass ein Unschuldiger hingerichtet worden war. Angeführt von der
New York Timesund der Washington Post, machten die großen
Tageszeitungen ihrer Empörung Luft und kamen alle zu demselben
Schluss - es war an der Zeit, mit dem Töten aufzuhören. Die Story
landete in beiden Blättern, wie auch in vielen anderen von Boston
bis San Francisco, auf der ersten Seite. In weitschweifigen
Artikeln wurden die Geschichte des Falls ausgebreitet und die
Hauptfiguren ausführlich vorgestellt, wobei Robbie ebenso viel
Aufmerksamkeit erhielt wie Donte Drumm. Schrill wurde in
Leitartikeln ein Moratorium für Hinrichtungen gefordert. Es gab
zahlreiche Gastbeiträge von Rechtsexperten, Strafverteidigern,
Gegnern der Todesstrafe, Professoren, Aktivisten, Geistlichen, ja
sogar von zum Tode Verurteilten, und alle kamen zu demselben
Ergebnis: Jetzt, wo wir den eindeutigen Beweis für eine
unrechtmäßige Hinrichtung haben, ist der einzige vernünftige und
faire Weg, diesen Exekutionen ein für alle Mal ein Ende zu bereiten
oder, falls das nicht möglich sein sollte, sie zumindest
auszusetzen, bis das System der Todesstrafe überprüft und
überarbeitet ist.
In Texas veröffentlichte der Houston Chronicle - der nach und
nach den Glauben an die Todesstrafe verloren, sich aber bisher
gescheut hatte, deren Abschaffung zu fordern - auf der Titelseite
einen ungeschönten Bericht über den Fall. Es handelte sich um eine
komprimierte Version von Robbies Pressekonferenz, mit großen Fotos
von Donte, Nicole und Robbie auf der ersten Seite und einem Dutzend
anderer auf Seite fünf. Die Artikel - ganze sechs an der Zahl -
zeigten erbarmungslos die Fehler auf und ließen kein gutes Haar an
Drew Kerber, Paul Koffee und Richterin Vivian Grale. Wer die
Schuldigen waren, lag auf der Hand, sie konnten sich ihrer
Verantwortung nicht entziehen. Ein Journalist hatte sich auf die
Fährte des Texas Court of Criminal Appeals gesetzt, und es war
offensichtlich, dass dem Gericht keine Ausrede helfen würde. Der
Vorsitzende Richter, Milton Prudlowe, und die anderen acht Richter
standen für Fragen nicht zur Verfügung. Der Leiter der
Geschäftsstelle, Mr. Emerson Pugh, verweigerte jeden Kommentar.
Dafür hatte Cicely Avis, Anwältin der Defender Group, die am
Donnerstagnachmittag um 17.07 Uhr versucht hatte, in Pughs
Geschäftsstelle zu gelangen, einiges zu sagen. Immer mehr
Einzelheiten wurden bekannt, weitere Artikel würden folgen. Ein
anderer Journalist des Chronicle hatte sich an die Fersen des
Gouverneurs und seiner Mitarbeiter geheftet, die sich offenbar in
vollem Rückzug befanden.
Die Reaktionen in Texas waren unterschiedlich. Zeitungen, die
im Allgemeinen als politisch gemäßigt galten - wie die in Austin
und San Antonio -, forderten rundheraus eine Abschaffung der
Todesstrafe. Die Zeitung von Dallas verlangte ein Moratorium.
Zeitungen, die eindeutig rechts standen, hielten sich bei den
Leitartikeln zurück, konnten aber der Versuchung nicht widerstehen,
ausführlich über die Ereignisse in Slone zu berichten.
Im Fernsehen kam das Thema am Sonntagvormittag in allen
Talkshows zur Sprache, obwohl der Wahlkampf um das Präsidentenamt
nach wie vor die Diskussion dominierte. Auf den Kabelkanälen
dominierte Donte Drumms Geschichte seit Robbies Pressekonferenz vor
vierundzwanzig Stunden das Programm, und es gab keine Anzeichen für
ein Nachlassen des Interesses. Wenigstens eine Nebenhandlung schien
wichtig genug, um ihren eigenen Titel zu bekommen: „Die Jagd auf
Travis Boyette“ wurde alle halbe Stunde gezeigt. Im Internet war
die Story allgegenwärtig und hatte fünfmal mehr Treffer zu
verzeichnen als irgendwas sonst. Blogs gegen die Todesstrafe
brodelten vor unkontrollierter Wut.
So tragisch die Geschichte auch war, für die Linke war sie ein
Geschenk des Himmels. Die Rechte verhielt sich erwartungsgemäß
ruhig. Die Anhänger der Todesstrafe würden ihre
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