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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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alles klar. Ich habe noch nie einen Cop getroffen, dem man
trauen konnte. Die Stadt ist fast ausgeflippt. Die Weißen wollten
ihn am liebsten sofort am nächsten Laternenpfahl aufknüpfen. Und
die Schwarzen hatten den Verdacht, dass er als Sündenbock herhalten
musste. Die Lage war ganz schön brenzlig. In der Highschool gab es
ständig Prügeleien. Und dann wurde ich entlassen und zog
weg.“
    „ Warum wurden Sie entlassen?“
    „ Eine dumme Geschichte. Ich bin abends in einer Bar versackt
und auf der Heimfahrt in eine Alkoholkontrolle geraten. Den Cops
fiel auf, dass Auto und Kennzeichen gestohlen waren. Ich war eine
Woche im Knast.“
    „ In Slone?“
    „ Ja. Prüfen Sie es nach. Im Januar 1999. Angeklagt wegen
schweren Diebstahls, Alkohol am Steuer und was weiß ich noch
alles.“
    „ War Drumm im selben Gefängnis?“
    „ Hab ihn nie gesehen, aber es wurde viel geredet. Es ging das
Gerücht, dass sie ihn aus Sicherheitsgründen in ein anderes County
gebracht hätten. Ich hätte mich kaputtlachen können. Da hatten sie
den echten Mörder und wussten es nicht.“
    Keith machte sich Notizen, aber es fiel ihm schwer zu glauben,
was er schrieb. „Wie sind Sie rausgekommen?“
    „ Ich bekam einen Anwalt. Er hat dafür gesorgt, dass die Kaution
reduziert wurde. Nachdem ich draußen war, verließ ich die Stadt und
kam nie wieder. Ich zog ziellos durch die Gegend und wurde
schließlich in Wichita verhaftet.“
    „ Erinnern Sie sich an den Namen des Anwalts?“
    „ Überprüfen Sie immer noch die Fakten, Reverend?“
    „ Ja.“
    „ Glauben Sie, ich lüge?“
    „ Nein. Aber die Fakten zu überprüfen schadet nicht.“
    „ Ich weiß seinen Namen nicht mehr. Ich hatte so viele Anwälte
in meinem Leben. Und nie hat einer auch nur einen Cent von mir
bekommen.“
    „ In Wichita wurden Sie wegen versuchter Vergewaltigung
verhaftet, nicht wahr?“
    „ So in etwa. Versuchte sexuelle Nötigung plus Entführung. Es
gab keinen Sex, so weit bin ich nicht gekommen. Das Mädchen konnte
Karate. Es lief nicht ganz nach Plan. Sie hat mir so hart in die
Eier getreten, dass ich zwei Tage lang kotzen musste.“
    „ Soweit ich weiß, wurden Sie zu zehn Jahren verurteilt. Sechs
davon haben Sie abgesessen, und jetzt sind Sie hier.“
    „ Sehr gut, Reverend. Sie haben Ihre Hausaufgaben
gemacht.“
    „ Haben Sie Drumms Fall verfolgt?“
    „ Oh, ich habe ein paar Jahre lang immer mal wieder daran
gedacht. Ich bin davon ausgegangen, dass Anwälte und Richter
irgendwann merken würden, dass sie den Falschen hatten. Ich meine,
ehrlich, sogar in Texas gibt es höhere Gerichte, die Urteile
überprüfen, und so was. Ich war sicher, dass irgendwann mal einer
aufwacht und sieht, was offensichtlich ist. Mit der Zeit habe ich
es dann aber vergessen. Hatte meine eigenen Probleme. Wenn man in
einem Hochsicherheitsgefängnis sitzt, macht man sich wenig Gedanken
über andere.“
    „ Was ist mit Nikki? Machen Sie sich gelegentlich Gedanken über
sie?“
    Boyette reagierte nicht, und während die Sekunden zäh
verstrichen, wurde klar, dass er diese Frage nicht beantworten
würde. Keith kritzelte weiter, schrieb auf, was er als Nächstes tun
sollte. Es gab so viele Möglichkeiten.
    „ Empfinden Sie Mitgefühl für die Familie des
Mädchens?“
    „ Ich wurde vergewaltigt, als ich acht Jahre alt war. Ich kann
mich nicht erinnern, dass da irgendjemand für mich Mitgefühl
empfunden hat. Es war sogar so, dass niemand was dagegen
unternommen hat. Ging einfach immer so weiter. Sie haben mein
Strafregister gesehen, Reverend, ich hatte ein Opfer nach dem
anderen. Ich konnte nicht aufhören. Und ich bin nicht sicher, ob
ich inzwischen aufhören kann. Ganz offensichtlich ist Mitgefühl für
mich etwas, womit ich keine Zeit verschwende.“
    Keith schüttelte mit angewiderter Miene den Kopf.
    „ Verstehen Sie mich nicht falsch, Reverend. Ich empfinde viel
Reue. Ich wünschte, ich hätte alle diese schrecklichen Dinge nicht
getan. Ich habe mir Millionen Male gewünscht, ich wäre normal. Mein
ganzes Leben lang wollte ich aufhören, anderen wehzutun, ich wollte
alles in Ordnung bringen, mich von Gefängnissen fernhalten, mir
eine Arbeit suchen und solche Sachen. Ich habe mir nicht
ausgesucht, so zu sein, wie ich bin.“
    Bedächtig faltete Keith das Stück Papier zusammen und steckte
es in seine Manteltasche. Er schraubte seinen Kuli zu, verschränkte
die Arme vor der Brust und sah Boyette unverwandt an. „Sie wollen
also tatenlos zusehen, wie die Dinge

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