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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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weg von Livingston, Texas. Nach einer Weile
schloss sie die Augen, um wieder einzuschlafen, doch kurze Zeit
später starrte sie wieder an die Decke. „Mom, ich muss dir was
sagen.“
    „ Was denn?“
    „ Ich habe es noch nie jemandem erzählt, und eigentlich wollte
ich es auch nie erzählen. Es ist eine Last, die ich sehr, sehr
lange mit mir herumgetragen habe, und ich möchte, dass du es weißt,
bevor sie Donte hinrichten.“
    „ Ich hör dir zu.“
    „ Nach dem Prozess, als er schon im Gefängnis saß, habe ich
angefangen, an seiner Unschuld zu zweifeln. Ich glaube, ich habe
nach einem Grund gesucht, um an ihm zu zweifeln. Was die anderen
sagten, leuchtete mir irgendwie ein. Ich konnte mir gut vorstellen,
dass Donte mit diesem Mädchen befreundet war, dass er Angst hatte,
erwischt zu werden, und dass sie mit ihm Schluss machen wollte, er
aber nicht. Vielleicht hat er sich damals ja aus dem Haus
geschlichen, während ich schlief. Und als ich vor Gericht sein
Geständnis hörte, war mir nicht ganz wohl dabei. Ihre Leiche wurde
nie gefunden, und wenn er sie in den Fluss geworfen hat, ist das
vielleicht der Grund dafür, warum man sie nicht findet. Ich wollte
glauben, dass unser Rechtssystem doch irgendwie funktioniert. Und
daher redete ich mir ein, dass er wahrscheinlich schuldig ist, dass
sie wahrscheinlich den Richtigen haben. Ich schrieb ihm Briefe, ich
besuchte ihn im Gefängnis, aber ich hielt ihn für schuldig. Eine
Weile hat mir das geholfen. Das ging monatelang so, etwa ein Jahr
lang.“
    „ Was hat dich dazu gebracht, deine Meinung zu
ändern?“
    „ Robbie. Weißt du noch, wie wir damals nach Austin gefahren
sind, um bei der Verhandlung vor dem Berufungsgericht dabei zu
sein?“
    „ Aber sicher.“
    „ Es war etwa ein Jahr nach dem Prozess.“
    „ Ich weiß. Ich war dabei.“
    „ Wir saßen in diesem großen Gerichtssaal und sahen die neun
Richter an, alle weiß und alle so furchtbar wichtig in ihren
schwarzen Roben, mit ihrer ernsten Miene und ihrem Getue. Auf der
anderen Seite saß Nicoles Familie und ihre großspurige Mutter, die
sich viel zu wichtig nahm. Und dann stand Robbie auf und brachte
unseren Fall vor. Er war großartig. Er ging den ganzen Prozess noch
einmal durch und machte darauf aufmerksam, dass das Beweismaterial
äußerst dürftig war. Er machte sich über den Staatsanwalt und den
Richter lustig. Er hatte vor nichts Angst. Und er war der Erste,
der darauf hinwies, dass die Polizei ihm nichts von dem anonymen
Anrufer gesagt hatte, der behauptet hatte, Donte sei es gewesen.
Das hat mich schockiert. Wie konnten die Polizei und der
Staatsanwalt es wagen, Beweise zurückzuhalten? Das Gericht störte
sich nicht im Geringsten daran. Ich weiß noch, wie ich Robbie dabei
beobachtete, wie er so voller Leidenschaft für Donte eintrat, und
irgendwann wurde mir klar, dass er, der Anwalt, der Weiße aus dem
reichen Teil der Stadt, nicht den geringsten Zweifel daran hatte,
dass mein Bruder unschuldig war. Und in diesem Moment glaubte ich
ihm. Ich schämte mich so dafür, dass ich an Donte gezweifelt
hatte.“
    „ Ist schon okay, Andrea.“
    „ Sag es bitte niemandem.“
    „ Versprochen. Du kannst dich auf mich verlassen.“ Sie setzten
sich auf den Bettrand und hielten sich an den Händen. „Willst du
weinen oder beten?“, fragte Andrea. „Beten können wir später noch,
weinen nicht.“
    „ Stimmt. Dann weinen wir jetzt.“
    Als sie sich kurz vor der Morgendämmerung Oklahoma City
näherten, wurde der Verkehr stärker. Boyette hatte den Kopf an das
Fenster auf der Beifahrerseite gelegt, aus seinem offen stehenden
Mund rann Speichel. Er schlief seit fast zwei Stunden, und Keith
war froh über die Stille im Wagen. Vor der Grenze hatte er sich
einen Becher Kaffee zum Mitnehmen gekauft, ein grauenhaftes
Automatengebräu, das er normalerweise sofort weggekippt hätte. Doch
der fehlende Geschmack des Kaffees wurde durch umso mehr Koffein
ausgeglichen, sodass Keith jetzt aufgedreht am Steuer saß und die
Fahrt genau fünfzehn Stundenkilometer zu schnell
fortsetzte.
    Bei der letzten Rast hatte Boyette ein Bier verlangt. Keith
hatte es ihm verweigert und stattdessen eine Flasche Wasser
gekauft. In der Nähe von Edmond fand er einen Radiosender mit
Bluegrass, den er leise laufen ließ. Um 5.30 Uhr rief er Dana an,
doch sie hatte nur wenig zu sagen. Südlich von Oklahoma City wachte
Boyette ruckartig auf und sagte: „Ich glaube, ich bin
eingenickt.“
    „ Das kann man wohl sagen.“
    „ Die

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