Geständnis
ein
lautes „Aaaaah!“, gefolgt von einem tiefen, heiseren Röcheln, das
sich anhörte, als würde er gleich unter entsetzlichen Qualen
sterben.
„ Was war das?“, fragte Robbie.
Reith, der gleichzeitig führ und telefonierte, hatte nicht mit
einem weiteren Anfall Boyettes gerechnet. „Ich rufe zurück“, sagte
er und legte das Telefon aus der Hand.
„ Ich muss mich übergeben.“ Boyette streckte die Hand nach dem
Türgriff aus. Reith trat auf die Bremse und lenkte den Subaru auf
den Seitenstreifen. Ein Sattelschlepper hinter ihm geriet ins
Schleudern und hupte. Schließlich kam der Wagen zum Stehen, und
Boyette griff nach dem Sicherheitsgurt. Als er sich losgeschnallt
hatte, stieß er die Beifahrertür auf, beugte sich hinaus und
übergab sich.
Reith stieg aus, ging zum Heck und beschloss, sich das nicht
anzusehen. Als Boyette endlich fertig war, drückte er ihm eine
Flasche Wasser in die Hand. „Ich muss mich hinlegen“, sagte
Boyette. Er kroch auf den Rücksitz. „Das Auto bleibt stehen“,
befahl er. „Mir ist immer noch schlecht.“
Reith entfernte sich einige Schritte vom Wagen und rief seine
Frau an.
Nachdem Boyette sich erneut übergeben hatte, schien es ihm
etwas besser zu gehen. Er legte sich wieder auf den Rücksitz, ließ
die Tür auf der rechten Seite des Wagens offen und streckte die
Beine aus.
„ Travis, wir müssen weiter. Slone kommt nicht von allein
näher.“
„ Noch einen Moment, ja? Ich bin noch nicht so weit.“ Er rieb
sich die Schläfen, als würde ihm der kahle Schädel gleich platzen.
Keith beobachtete ihn eine Minute, doch dann war es ihm peinlich,
Boyette anzugaffen, während sich dieser vor Schmerzen wand. Er ging
um das Erbrochene herum und stützte sich auf die Motorhaube des
Subaru.
Sein Mobiltelefon klingelte. Es war Robbie. „Was ist
passiert?“, fragte er.
Robbie saß immer noch im Besprechungsraum der Kanzlei,
zusammen mit dem größten Teil seiner Mitarbeiter. Carlos arbeitete
bereits an einer eidesstattlichen Erklärung. Bonnie hatte im
Internet die Daten über Boyettes Verhaftung in Slone gefunden und
versuchte herauszubekommen, welcher Anwalt ihn damals vertreten
hatte. Kristi Hinze kam um 7.30 Uhr und stellte schnell fest, dass
sie etwas Wichtiges verpasst hatte. Martha Handler bearbeitete die
Tastatur ihres Laptops und schrieb ein weiteres Kapitel für ihr
Buch über die Hinrichtung. Aaron Rey und Fred Pryor gingen von
einem Raum zum anderen, tranken pausenlos Kaffee und behielten
sämtliche Türen und Fenster des Bahnhofs im Auge. Zum Glück war
inzwischen die Sonne aufgegangen, und sie rechneten nicht mehr
damit, dass es Ärger geben würde. Zumindest nicht in der
Kanzlei.
„ Er hat häufig Anfälle“, sagte Keith, während ein Lkw
vorbeidonnerte und seine Haare durcheinanderwirbelte. „Ich glaube,
daran ist der Tumor schuld. Jedenfalls sieht es ziemlich
beängstigend aus, wenn er einen dieser Anfälle hat. Er ist seit
zwanzig Minuten dabei, sich zu übergeben.“
„ Sind Sie wieder auf der Straße?“
„ Nein. Aber wir fahren gleich los.“
„ Keith, wir haben nicht mehr viel Zeit. Das ist Ihnen doch
klar, oder? Donte wird heute Abend um achtzehn Uhr
hingerichtet.“
„ Das habe ich schon verstanden. Und wenn ich mich recht
erinnere, habe ich bereits gestern versucht, mit Ihnen zu sprechen,
woraufhin Sie gesagt haben, dass ich Sie in Ruhe lassen
soll.“
Robbie holte tief Luft, als ihn die Blicke seiner Mitarbeiter
trafen. „Hört er gerade mit?“
„ Nein. Er liegt auf dem Rücksitz und hält sich den Kopf. Er hat
Angst, sich zu bewegen. Ich sitze auf der Motorhaube meines Wagens
und tue mein Möglichstes, um nicht von Lkws überfahren zu
werden.“
„ Erzählen Sie uns, warum Sie Boyette glauben.“
„ Ich weiß nicht so recht, wie ich es Ihnen erklären soll. Er
weiß eine Menge über das Verbrechen. Er war in Slone, als es
passiert ist. Er ist zu einer solchen Gewalttat durchaus fähig. Er
stirbt. Es gibt keine Beweise dafür, dass Donte Drumm der Mörder
ist, nur das Geständnis. Und Boyette trägt Nicoles Klassenring an
einer Kette um den Hals. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Und ich
gebe zu, es besteht die Möglichkeit, dass er lügt.“
„ Sie helfen ihm, gegen seine Bewährungsauflagen zu verstoßen.
Das ist ein Verbrechen.“
„ Erinnern Sie mich bloß nicht daran, ja? Ich habe gerade mit
meiner Frau telefoniert, und sie hat es ganz zufällig auch
erwähnt.“
„ Wann können Sie hier sein?“
„ Ich weiß
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