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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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„Grüß Gott. Bittschön?“
    Lukas durfte sich in Ruhe umsehen, was bei den vollen Regalen ruhige Bewegungen erforderte. Die Auswahl war erstaunlich. Bis auf Extravaganzen fand er die komplette Großstadtkollektion, darunter auch die zu ersetzenden Gläser mit vollzähligen Aufklebern — nachgerade eine Herausforderung.
    „Freilich mach die weg.“ Das Mädchen holte eine Flasche Benzin unterm Ladentisch hervor, einen Lappen und begann mit Einweichen. Dazu machte sie Konversation. „Gell, die blöden Wapperl! Als ob ein’ der Preis net scho g’nug ärgert.“
    Das unterscheidet Gefälligkeit vom Kundendienst! — fast hätte er’s gesagt. Jetzt noch ein Hemd!
    Das Mädchen sagte ihm wo. Keine hundert Meter entfernt, sah er schon in der braven Auslage das Gesuchte, vom gleichen Muster, wie in der Stadt und ebenso wetterfest verpackt.
    Auch hier hatten Grüß Gott und Gefälligkeit Vorrang.
    „Freilich mach ich’s Ihnen auf! Man will doch keine Katz im Sack.“ Mit geschickten Fingern zeigte sich die Verkäuferin ihrem Beruf gewachsen; das Hemd paßte, die Nähte waren ohne Fehler, nur der Knopf am linken Ärmel saß locker.
    „Das hab’n wir gleich!“ Der erneuten Gefälligkeit schloß sich beim Einfädeln eine Frage an. „Sie sind doch auf dem Bühlhof?“
    Seinem vorbeugenden Scherz, ob das alles sei, was sich herumgesprochen habe, war sie gewachsen. „Sie sollen ein narrisch guter Skifahrer sein!“
    Bei der Antwort auf seine nächste Frage kehrte sie ihm, tief über die Arbeit gebeugt, nur den Scheitel zu. „Ich hab sie in der Disco g’sehn. Mit der Fernsehbäuerin! Entschuldigen’s, so heißt die Martina bei uns, weil’s immer sagt, wie gern’s auf’m Land leben möcht’!“
    Zu seinen Skikünsten äußerte er sich nicht. Das sah nach Bescheidenheit aus. Und wenn sie sich über Martina lustig machten, was der Name „Fernsehbäuerin“ bewies, dann bitte ohne ihn. Die solchermaßen vertiefte Bekanntschaft mit der neuen Umwelt war nicht die Ursache für sein mangelndes Sitzfleisch, als er auf den Hof zurückkam.
    Ich geh’ hier so gern! fiel ihm auf. Nicht über die Felder oder in den Wald, eigentlich immer nur um den Hof herum.
    Es handelte sich um den Kamin im Zu-Haus. Lukas glaubte in Renates Plan einen Fehler entdeckt zu haben. Wenn der Kamin genau in Hausmitte aufgeführt würde, müßte der First unterbrochen werden, das paßte nicht zum ländlichen Baustil, da war er empfindlich. Doch das Problem löste sich von selbst. Die beiden kleinen Räume waren verschieden breit. In dem als Diele gedachten kleinerem hochgezogenen, käme der Schornstein schön aus der Dachschräge. Im Obergeschoß ließe sich für stromlose Zeiten ohne Schwierigkeit ein Badeofen anschließen.
    Und dann zieht die Fernsehbäuerin ein!
    Nachdenklich stand er in dem durchgehenden Raum.
    Woher wußte Martina unsere Intimitäten? Renate tratscht nicht. Und Daniela schon gar nicht. Das muß sie ihnen irgendwie entlockt haben. Wurde reichlich über mich gesprochen hier. Auch mit Frau Schmidhuber und dem Pacher...
    In der Küche kochte sich Lukas Tee. Nach einem Schluck stellte er die Tasse weg, ging hinaus zum Brunnenschacht, stemmte den gußeisernen Deckel in die Höhe, zog mit Seil und Eimer eine Probe herauf und überbrühte damit frische Teeblätter. Er hatte sich nicht geirrt. Das Leitungswasser schmeckte vergleichsweise wie die Behälterpleure im Schlafwagen, vor der es ihm jedesmal grauste, wenn er sich damit die Zähne putzen sollte. Den besten Tee seines Lebens hatte Lukas in Irland getrunken, in Conemara, mit grünlichem Wasser aus einer Aluminiumkanne. An diese Qualität reichte das hofeigene Wasser heran. Warum war der Brunnen nicht mehr in Betrieb? Vermutlich aus Bequemlichkeit nach Anschluß des Hofs an das öffentliche Leitungssystem. Wahrscheinlich erschien ihm, daß die Benutzung seither verboten war. Kein Wunder, wenn bei solcher Behördenlogik Wasser zu den vergessenen Genüssen zählt.
    Auf dem Dachboden fand sich ein kleiner Holzeimer. Lukas reinigte ihn. Zuerst mit Schmirgelpapier, dann mit Wasser und Bürste. Es widerstrebte ihm, das edle Naß in Kunststoff zu fördern. Denn von nun an förderte er. Weil es lästig war, den schweren Verschluß jedesmal aufzuheben, suchte Lukas geeignetes Holz und zimmerte einen Deckel. Auf einem alten Hof ist alles da, und handwerkliche Betätigung schätzte er mit den Jahren immer mehr. Er fand sie wichtig für die Seele, Herausforderung, den Alltag in

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