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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Wegen ihr hatte er damals das Land verlassen? Kaum noch vorstellbar.
    Es folgten Konsulinnen, Gräfinnen und andere Gemahlinnen, die er von den Passavant-Parties flüchtig kannte. Endlich Privatbilder: Strandidylle. Seine alte Clique im Haus am See. Gleich vornedran ein Jüngling in Badehose mit albernem Lächeln auf dem Trockenmilchgesicht: Jung-Lukas. Der Graumelierte war enttäuscht von sich.
    Um so mehr erfreute ihn Daniela im Bikini — damals noch ein veritables Kleidungsstück — , eine schöne Person. Und immer wieder er, an dem er nichts von dem finden konnte, was die Mädchen an ihm fanden.
    „Wer ist das?“ Der Bub stellte einen Finger auf Jung-Lukas’ Brust, und der Pappi hob ihn wieder weg. „Das sind Erinnerungen von Tante Daniela.“
    Vom Herd duftete es vielversprechend. Lukas sagte nichts. Höflichkeitshalber blätterte er weiter, doch schneller, sah sie nur flüchtig an, die alten Freunde, Hubert, Sylvia, Ines, Peter, die beiden Wolfgänge. Dann Pressefotos: Daniela als Politikerin. Ihr schöner Kopf umrahmt von primitiv-ehrgeizigen Gesichtern gehobener Funktionäre, wie sie quer durch die Parteien zu finden sind. Gauleitervisagen nannte er sie. Auf der nächsten Seite konnte der Abgeordnete mitreden. „Das ist der Pappi!“
    „Pappi Pappi!“ Kinderfinger stempelten das Foto und begleitet von mancherlei Gerüchen, beugte sich auch die Mutti herüber, daß Lukas plötzlich ein Fremdkörper war, in dieser dumpf-heilen Familie.
    „Wann gibt’s endlich was?“
    Die Kinderfrage hätte von ihm kommen können. Er blätterte weiter. Daniela bei Reden, Essen, Messen, Kongressen und anderen Stressen und zusammen mit Lukas vor ihrem Auto. Im Wahlkampf war das! Für einen Tag hab ich ihren Chauffeur gespielt und spät, auf der Rückfahrt, den Liebhaber, der sie überrumpelte, mit seinem ungestümen Wählerwillen.
    „Das waren noch Zeiten!“ frohlockte der Abgeordnete treuherzig. „Schade um diese politische Begabung, ewig schade!“ Lukas überblätterte ein Foto, das ihn mit Renate auf der Dachterrasse ihres Penthauses zeigt. Jetzt ist ihm klar: Martina kennt dieses Album! Die Bilder, ein paar Kommentare und etwas Phantasie genügen...
    Er schlug es zu, synchron die Dirndlgattin den Deckel des Abfalleimers: „So, jetzt gibt’s was!“
    Die Männer halfen klappern, die Kinder störten beim Helfen, und die Mutti verteilte reichlich.
    Schon der erste Bissen schaffte Klarheit in Lukas’ Gaumen. Es schmeckte wie befürchtet: aus dem Vollen genommen, von allem zu viel, dabei unmutig gewürzt — ein Villenvorortessen.
    So wie sie kochte, würde sie den Hof einrichten, von dem zu schwärmen sie nicht müde wurde. Der puddinghaften Mayonnaise entspräche goldfarbener Schleiflack an Türen, Stühlen und Tischchen, die Dicke der Kartoffelscheiben dem bis zur letzten Treppenstufe alles überziehenden Auslegteppich. Für raumtrennende Bambusstäbe, oder den elektrisch betriebenen Zimmerspringbrunnen hatte ihr Behaglichkeitsgefühl gewiß schon geeignete Plätze ermittelt.
    Lisbeths Ehrgeiz lag Lukas bereits quer im Magen. Doch dem ließe sich abhelfen, später, wenn sie sich verabschiedet haben würden, nach dem wohl unvermeidlichen Kaffee.
    Schnuckchen lobte gerade die Stadtnähe, als Motorgeräusch bei allen den Landbewohnerblick auslöste, jene fragende Drehung des Kopfes zum Fenster: Wer ist denn das schon wieder?
    Ein Wagen war vorgefahren. Ihm entstiegen drei als Gutsbesitzer verkleidete Städter, fröhlich und bereit für einen Sonntag auf dem Lande.
    Lukas wahrte die Form. Die Besitzerinnen seien verreist, bedauerte er an der Tür. Auch die Besucher bedauerten. Um sie nicht hereinzubitten, war der Weg, der hinter ihnen lag, zu weit. Es störte sie nicht zu stören. „Wir sind alte Freunde“, sagte der Mann, nach Eindruck ein Herr. Seine ausnehmend hübsche Frau bestätigte mit reizendem Lächeln. Der Hofhüter stellte sich als solcher vor. Nach beiderseitigem Murmeln der Namen, mit Händedruck, auch vom Sohn, traten sie ein. Sie erkannten den Abgeordneten, fernsehbedingt, wie sie sagten. Das verband. Gattin Lisbeth klapperte in Gastgeberrolle mit frischen Tellern und schöpfte aus dem noch immer Halbvollen; die ausnehmend hübsche Frau öffnete die Besteckschublade. Sie kannte sich aus. Der harmonische Raum glättete Gegensätze, Landluft, Bergblick und ein einfaches Leben gaben hinreichenden Gesprächsstoff.
    Dazwischen immer wieder versteckte Blicke zu Lukas, fragende, prüfende Blicke. Vor

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