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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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unbescholtenen Geschmack eines jungen Paares hereinbrechen, ihn ins untere Kunstgewerbe abzudrängen drohen, niveaugleich mit Souvenirs.
    Ein Schlag auf die Schulter beendete die Impression. Maxi stand da, um Lukas die Hand zu zerdrücken. Hinter ihm der Luggi. Mit dem Hinweis, Vorsicht Glas !, hob er nun den kleinen Finger von der Schachtel.
    Ob’s denn nichts mehr auszubauen gebe? alberte Maxi. Der Luggi hätte jetzt wieder Zeit. Frau Schmidhuber lachte spitz. In längstens zwei Stunden habe er keine mehr, und sie versuchte die beiden abzuwimmeln, sie sollten sich gefälligst hinten anstellen. Lukas hielt sie zurück. Da entdeckte er am Eingang Uli vom Riedhof und Irene, seine Frau, entschuldigte sich und ging ihnen mit seiner Schachtel entgegen. Das Geschenk der beiden fiel schon durch die Verpackung aus dem Rahmen: grober, brauner Sack mit großer gelber Schleife. Inhalt eine Wanduhr mit Holzwerk, wie ihm Irene anvertraute. Im Dirndl, das Haar hochgesteckt, die lange Taille durch den weiten Rock vorteilhaft betont, war die unvollendete Kinderpsychologin ein anderer Mensch. Nicht talgiger Kumpel mit Birnenhintern im Jeanskorsett, soeben dem Schlafsack entkrochen, vielmehr junge Frau, frisch aus der Badewanne.
    „Sie sollten öfter Dirndl tragen!“
    Der Männchenmaler hielt sich für alt genug, sein Kompliment, ohne frivole Nebeneffekte glaubhaft an die Frau zu bringen, was ihn nicht hinderte, sich über ihren Blick, mit dem sie seine Absicht für gescheitert erklärte, doppelt zu freuen. Uli, in Bundhose mit geflochtenen Trägern, ein anderer auch er, drückte seine Sympathie beruflich aus: „Ich hab’ wieder was für Sie!“
    Ofenkacheln? überlegte Lukas. Oder Türen für oben? Morgen will Georgia kommen! fiel ihm ein. Werde ihr absagen. Vielleicht heut Abend am Telefon. Dann kann ich morgen die Böden oben...
    Seit Renates und Danielas letzter Karte fühlte sich der Hofhüter unter Druck. Sie kam aus Kairo, kündigte die Weiterreise nach Konstantinopel an, wo sie inzwischen sein mußten, wenn nicht schon in Athen.
    Zwischen Bauern, die er nicht kannte, ruckte er vorwärts. Einige lächelten zwar, ausnahmsweise wie ihm schien. Im Saal endlich wieder ein vertrautes Gesicht, ein sonniger Alois mit dem Lauf der Dinge im Einklang, gleichwohl für Lob empfänglich: Wie schön die Braut sein, wie gut der Pfarrer gesprochen habe, wie ausgezeichnet die Stimmung. Leder von links J Alois machte mit seiner neuen Verwandten, der Mutter des Bräutigams, bekannt. Schmuck rasselte, das Paket störte, zu höflichen Worten kam es nicht, ein älterer Herr zweigte sie dringend ab, Lukas konnte dem Pacher seinen Wunsch unterbreiten.
    „Mach’ ich!“ Alois freute sich schon darauf und schob ihn mit seinem Paket weiter zum Brautpaar. Der Nachbar auf Zeit faßte sich kurz. Rosa, ganz Alois’ Tochter, herzlich, gewandt und hellwach, dankte ihm beidhändig; der junge Mann lächelte exotisch-lieb in die Umwelt seiner Angetrauten. Ihm wurde offenbar, daß er sie mitgeheiratet hatte. Dem Männchenmaler eröffneten sich tiefergreifende Zusammenhänge.
    Dämmert hier nicht überhaupt ein Zeitalter der Bienenköniginnen herauf?
    „So, Herr Dornberg, setzen wir uns!“ Wie eine Zollstation stand Frau Schmidhuber im Weg, entschlossen, den Tischherrn ihrer Wahl nicht dem Zufall oder gar einer andern zu überlassen. Vom einen Ende des Hufeisens winkte ihre Angela, als könne sie die von der Mutter ausgesuchten Plätze nicht länger halten. Und weil man sich, nach regionaler Art ja nicht aufdrängen will, fügte die Witwe sensibel hinzu: „Wissen’s, ich kann Ihnen alles erklären. Wer die Leut’ san, was jetzt passiert und so weiter.“
    Ein Dirndl mit Tablett voll eingeschenkter Schnapsgläser wirkte verzögernd. Quer durch den Saal prostete Lukas dem Luggi zu. Der kam sofort herüber: „Nein, Herr Dornberg, heut bin ich eisern.“
    „I net.“ Eine dürre Hand griff nach dem nächsten Glas. Der runzlige Bauer, dem sie gehörte, grinste Lukas an und sagte: „Ich hab Sie neulich g’sehn, beim Michlhof, wie’s dene ihr Pferd ‘bracht habn.“
    Frau Schmidhuber war weitergegangen. Mit lautem Stuhlrücken erinnerte sie an sich und nahm Platz. Wie sich herausstellte, war der Bauer jener geschmähte Nachbar der alten Damen. Seine Meinung zu hören, bedurfte es nur eines winziges Anstoßes. „Die beiden sind wohl sehr einsam?“
    „Daran san’s selber schuld!“ Mit einer Handbewegung räumte der Alte jedes nur denkbare

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