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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Wahl, Gebrauchtfahrzeuge, Schlußverkauf, Alteisenhändler — und alles selber machen. Da weißt, was d’hast und merkst nix von der Inflation.“ Lukas nickte gedankenfern. Er erwog gerade einen Umweg über den Schusterhof zu machen und kam sich dabei auf die Schliche.
    Es ist deine Feigheit, die sich als Höflichkeit tarnt! Du willst Ellen von der Galerie berichten, um Detlef nicht zu begegnen. Komplikationskneifer!
    Der zierliche Hof mit reichlich Grund, von Hainbuchen eingefriedet, entsprach seiper Erwartung. Sprossenfenster, Schwenkläden, neben der Tür geschichtetes Kleinholz, nur ein Wagenrad. Der spärliche Schnee war zwischen Garten- und Hoftür geräumt. Sie hatten gerade den Grund betreten, da öffnete Ellen die Hoftür und rief ihnen mit dem Überraschungshunger Alleinlebender entgegen: „Das find ich aber nett!“
    Selbstverständlich bellte ein Hund neben ihr heraus, ein zotteliger Riese unbestimmbarer Rasse. Sie begrüßte Alois mit vertrautem Du. Lukas sah sich um. Alles stimmig, Leinenvorhänge an Holzstangen, abgelaugte und gefaßte Bauernmöbel, Kachelofen mit Bank, darüber die Ofenstangen zum Kleidertrocknen, Schüsselrehm voller Keramikteller, nach Gebrauch aussehend, Schafwollteppiche, Fleckerlteppiche, das ganze Konzept strenger als auf dem Bühlhof, karger. Im umgebauten Stall, der als Ausstellungsraum diente mit ihren Bildern an den Wänden und auf Staffeleien, stand schon ein Besucher, ein verwittertes Mannsbild um die siebzig, mit weißem Haar, in den schweren Händen eine Rute. Auch er duzte Alois und wurde Lukas als Heilpraktiker vorgestellt.
    Alois deutete auf die Messingrute. „Wenns d’ ins Zu-Haus ziehst, sagt er dir wo d’ei Bett hinstellen derfst!“
    Der Zottelriese roch Bella und wich Lukas nicht mehr von den Hosenbeinen, alles arrangierte sich harmonisch. Alois und der Heilpraktiker hatten ihr Thema, Ellen und Lukas ihre Raum- und Hängprobleme in der Galerie, zu deren Lösung ein erstklassiger Portwein beitrug und die beiden Duos alsbald zum Quartett mit einem Thema Verband.
    Vor Monaten hatte der Heilpraktiker Ellen veranlaßt, ihr Bett umzustellen, weil eine Störader ihre Mitte kreuzte. Heute kontrolliert er, nach Abklingen der schädlichen Nebenwirkungen, den Hof noch einmal durch. Von sich aus, ohne Honorar und Benzinzuschlag.
    „Sie glauben nicht, was für Kräfte da am Werk sind“, bezog er Lukas ein. „Ich wundere mich oft, was die Leut’ alles aushalten. Grad auf den Höfen. Der Bühlhof ist in Ordnung, das merken’s schon an der Harmonie, aber — ich weiß nicht, ob sie ihn kennen — der Messnerhof zum Beispiel, der macht alles hin. Da ist, wie man bei uns sagt, kein Segen drauf.“ Mit abwesendem Blick, eine Handfläche in Ablehnungspose gegen Lukas gerichtet, schob er den Arm vor und zurück, als wolle er einen Abstand feststellen, bis er merkte, was er tat. „Entschuldigend, ich schau immer, ob die Leut krebs- oder tbc-verdächtig sind. Ich spür’s an der verlängerten oder verkürzten Aura. Bei Ihnen ist alles in Ordnung. Die Akademiker lachen mich immer aus, — bis ich recht hab’.“
    Alois drängte zur Rückfahrt. „Sonst läuft mir a Wasserader durchs Essen. Ganz a kalte!“
    Beeindruckt von Hof und Heilpraktiker schwieg Lukas im Wagen. Zwei Dinge gingen ihm nicht aus dem Kopf: Der Messnerhof und der Portwein.
    Vor dem Bühlhof stand der große Wagen, Bella wedelte an der Tür. Wieso war sie nicht drinnen? Sie saßen schon beim Essen, Daniela und Renate still, Detlef in Alleinunterhalterstimmung, Gutes wie Schlechtes in der gleichen Tonart sprudelnd, die Begrüßung des Nachzüglers inbegriffen. Dann Erfolgsmeldung von Gockel zu Gockel: Dank Renates Sachkenntnis und Verhandlungstalent sei man sich über einen günstigen Kaufpreis einig geworden. Demnächst gehöre der Messnerhof ihm! Zwar habe sich Köttgens Verhältnis zu den „Bauren“ gebessert, erklärte er mit festem Blick auf den Schuldigen, doch der Arzt sei nicht zufrieden, wolle den alten Herrn nicht mit zwei Wohnsitzen belastet sehen und nicht allein auf dem Land. Lieber komfortabel in Nähe der Klinik. Dazu mit entsprechender Handbewegung sehr menschlich die Bemerkung: Des einen Leid, des andern Glück.
    Lukas ließ den Akademiker triumphieren. Vom Heilpraktiker sagte er nichts. Die Atmosphäre in der Küche konnte er mit bloßem Auge wahrnehmen.
    Nun brachte Detlef das Gespräch auf die Straße. „Sie kommt!“ erklärte er. „Dringlichkeitsstufe eins.“ Und sprach wieder

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