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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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schön menschlich: Des einen Leid, des andern Freud. Daniela und Renate zulieb widersprach Lukas, auch er mit Spruchweisheit: „Zwischen Wollen und Können ist’s ein weiter Weg. Dazu kommt noch der Dienstweg, der Gerichtsweg...“
    Zum Nachtisch passend brachte Detlef Gezuckertes. „Besonders herzliche Grüße von Georgia. Sie vermißt dich, soll ich dir sagen. Übrigens ich möchte dir schon lange danken, daß du dich so rührend ihrer annimmst.“ Wie beim Plädoyer wandte er sich gewissermaßen an alle, „bringt dieser Mensch sie doch kürzlich nachts in ihrem Wagen nach Haus und nimmt sich zurück ein Taxi. Wer tut denn so was noch?“
    Lukas überging das Wortgeklingel mit Pflichten im Zu-Haus, wo er! sich um den Hafner kümmern mußte und um den Kühlschrank. Draußen im Flez sah Bella ihn mit dem geballten Leid der Welt an. Seine Aufforderung, mit ihm zu kommen, brachte sie auf die Beine. Sie wackelte in die Küche.

    Am besten komme ich zurecht, wenn ich arbeite. Mit mir und mit den andern. Tags ausbauen, nachts zeichnen — war eine schöne Zeit draußen. Kreativ, ohne knechtisch an Profit zu denken, das ist die Freiheit der späteren Jahre. In der Stadt nicht ganz so frei... In seinem Polsterbäckchensessel, das Zeichenbrett auf den Knien, die Füße vor der Wärmequelle, gedeiht im Eigentumsbeton sein Buch über den Sog aufs Land. Der erweiterte Kamin, mit Buchenholz für die Wärme und Birke für den Duft, zieht fast so gut, wie der im Zu-Haus. Ab und zu muß er frischem Sauerstoff die Terrassentür öffnen. Dazwischen unwillig die Wohnungstür. Der Hausmeister hat geklingelt. Eine Beschwerde des Nachbarn liegt wieder vor. Rauch dringe in seine Wohnung. Hier geht es um Grundsätzliches. Das möge er dem: Architekten sagen bescheidet Lukas den Mann. Er habe das Appartement mit Kamin gekauft und den nutze er bei der mangelhaften Beheizung. Wenn der Schornstein aus optischen Gründen nicht hoch genug sei, so sei das nicht sein Problem.
    Entschiedene Haltung mag beeindrucken, dem künstlerischen Schaffen nützt sie nicht. Die Ideen sind weg, ab durch den Schornstein, aufkommender Ärger zieht Kreise. Bis ins Private.
    Soll das ein Wink sein, daß hier nicht mein Platz ist? Sensibilität ; scheint in Neubauten berufsschädigend...
    Die Komplikation draußen ging auf sein Konto. Zwar hatte Renate nach Detlefs anschaulichen Andeutungen betreffs seiner nächtlichen Sorge für Georgia nur gesagt, sie sei enttäuscht, das aber mit einer Ausstrahlung, daß er seinen Sessel auf den Rücksitz legte, Eckbank und Tisch auf den Dachträger packte, unter Bellas Leidensblick eine Plane drüberzog, weil es schneite und ohne weitere Erklärungen in die Stadt fuhr.
    Dabei hätte es ihm an Argumenten nicht gefehlt. Wie sollte er als ungebundener Mann ahnen, daß Renate ihn plötzlich wiederentdecken und in eine ihr nicht unbekannte Verbindung hineinplatzen würde? In solchen Fällen gibt es gewisse Sexzwänge. Zudem hatte er annehmen müssen, ihr werde es mit Detlef nicht anders ergehen, was ihm auch nicht recht war. An sich sollte so was in ihrem Alter kein Thema mehr sein.
    Bei diesen Gedanken fiel ihm ein Satz ein: Der Körper ist uns eigentlich immer im Weg. Zuerst mit seinen Forderungen, später mit seinem Versagen.
    So weit war’s noch nicht.
    Daniela, schuldlos betroffen, hatte sich allgemein gefaßt: „Der Mann zerstört alles. Auch wenn ich es astrologisch verstehe, bleibt es schade um die Zeit. Landleben geht nicht ohne Harmonie.“
    Ihr letzter Satz war der einzige Gewinn bei der Misere. Ihn mit dem Zeichenstift umzusetzen, schien Lukas gerade zu gelingen, als des Hausmeisters Klingeln die Einfallsleitung unterbrach. Erfahrungsgemäß hilft da kein Flickwerk. Kontrastprogramm ist besser. So warf sich der Männchenmaler der Stadt an den Hals. Vorübergehend wohlbewußt.
    Die Party des Schottischen Clubs, auf gälisch Keli genannt und Ceilidh geschrieben, in einem nicht aufwendigen Hotel, gibt den versprengten Untertanen der britischen Majestät wieder einmal Gelegenheit, ihre sehr nationale Eigenart, von keinem deutschen Wässerchen getrübt, frei auszuleben. Lukas ahnt den Ablauf. Es beginnt förmlichleise und endet albern-beschwipst mit Tanz und Gesang bis zur Ermattung. So kennt er’s aus Schottland.
    Die Einladung fand er bei seiner Post. Der Kostentransport mit Hilfe des Britischen Konsulats hat Mister Mountdorn auf die Liste gebracht. Im Anzug unter vielen Männern im Kilt genießt er die naive

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