Geständnisse eines graumelierten Herren
Verkleidung im umgebauten Kuhstall hatte Daniela zugesagt. Sie fühlte sich dem Arzt verpflichtet, der sich, seit einem unerklärlichen Exitus, vor schwierigen Operationen den besten Zeitpunkt von ihr ausrechnen ließ, aus der Überzeugung, daß sich Zuversicht, wodurch auch immer erreicht, positiv überträgt. Eine Einstellung, die Lukas gefiel.
Sofort nach den Feiertagen hat er Eckbank und Tisch aus der Stadtwohnung geholt und die Lücke mit Mahagoni aus seinem Garagenverschlag gefüllt. Der dabei behilfliche Hausmeister hat ihm ein Paket von Donicke übergeben, das Weihnachtsgeschenk: samtene mit Brokat umrandete Präservative für Telefonapparat und Telefonbuch, dazu den treuherzigen Hinweis, das hätten sie diesmal allen Freunden geschickt. Sie kennten den Hersteller und dem gehe es zur Zeit geschäftlich mies.
Die gute Tat mit schlechtem Geschmack hat er sofort in reine Freude verwandelt, nämlich beides dem Hausmeister weitergeschenkt und hätte in Widerschein der gelungenen Überraschung beinah seinen Smoking vergessen.
Endlich erhält Renate Nachricht von Alexander. Der tapfere Soldat auf Lebenszeit befindet sich zu einem Lehrgang in den USA, und die Luftpost von dort kommt mit der Postkutsche. Die Schafe sind wieder! gesund. Der Tierarzt war da und hat es festgestellt.
Auf dem Hof macht sich der Mann von neuer Seite bemerkbar. Er beanstandet. Klopapierrollen seien so einzuhängen, daß man vorne ; abreiße und nicht hinten an der Wand entlang; die Tür der kalten Speisekammer sei sorgfältiger zu schließen, man wisse ja, daß das alte ‘ Schloß eine schwache Feder habe; Anrufe während des Essens beantwortet er weiter als Automat. Einmal ist es Detlef aus dem Engadin.
Sie mögen doch bitte jetzt kommen, herrliches Wetter, fabelhafte Zimmer und Bäder, Superschnee — spricht er aufs angebliche Band.
Der Automat kann dazu nichts sagen und ruft stattdessen Donicke an, um sich zu bedanken. Eine sofortige Einladung biegt er ab. „Wir fahren zum Skilaufen ins Engadin.“
Da staunen die beiden Lebensgefährtinnen am Tisch. Ausgerechnet . Daniela fände Luftwechsel gut. Mal regnet’s, mal schneit’s, in dieser letzten Woche des Jahres — das macht ihr zu schaffen.
„Entscheidet euch endlich!“ beanstandet der Mann auf dem Hof.
Nur am neuen Kachelofen im Zu-Haus hat er überhaupt nichts auszusetzen. Alles pfennigguat.
Abends sitzen sie drüben, bei zusätzlichem Kaminfeuer. Daniela und Renate haben die Einrichtung erweitert, um einen alten Schrank, ein Bücherregal, Kleinigkeiten aus Glas, Silber, Keramik, die herumstehen.
„Stinkgemütlich!“ Daniela packt ihr Strickzeug in den Korb, das Wetter schlägt wieder um, sie will ins Bett. Gutenachtkuß für den Mann auf dem Hof, die eine geht, die andre trinkt. Am Kühlschrank — dritte Wahl — , wo er sich bedienen will, kommen sie miteinander in Berührung. Renate erleidet Kurzschluß.
„Ach Lukas, wenn ich dich nur nicht so gern anfassen würde!“
Bei ihm schmort es. „Das ehrt mich in meinem Alter.“
„Detlef fühlt sich so schlaff an. Dabei ist er jünger. Laß uns nicht ins Engadin fahren, bitte!“
Ihre Lippen hindern ihn an einer Antwort. Genußreich, Teufel, Teufel, Lukas erstarkt. Als Mann und als Charakter. Genußreich schiebt er sie auf Abstand. „Bitte keine Komplikationen! Landleben erfordert Harmonie. Denk’ an den heiteren Eros.“
Wetterwendisch — so lautete die richtige Bezeichnung für die meteorologische Willkür am letzten Tag des Jahres. Zum Frühstück Schnee,
zum Mittagessen Frühlingssonne, zum Tee Regen. Dann zog es an. Sollten die Streudienste des bevorstehenden Feiertags wegen ein verschärftes Recht auf Freizeit haben, war der gute Rutsch ins Neue Jahr gesichert. Hier jedenfalls. Fünf Kilometer weiter mochte es vielleicht fünf Grad wärmer sein.
Gegen Abend legte die Trinität unter gegenseitiger Begutachtung die erwünschte festliche Kleidung an.
„Das nennst du Smoking?“ wunderte sich Daniela, als Lukas sich in lederner Bundhose mit dicken Wollstrümpfen zeigte. „Pinguine gehören nicht in Kuhställe“, antwortete er. „Wenn die Leute dafür kein Gefühl haben, — ich hab’s. Außerdem einen guten Grund. Ihr werdet sehen.“
Klopfen an der Tür unterbrach die bürgerliche Wichtigkeit. Drunten schlug Bella an. Wer konnte das sein? Um diese Zeit? In passender Kleidung schritt der Mann auf dem Hof der Gewißheit entgegen und schaltete das Außenlicht ein, bevor er öffnete.
Muffig in der
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