Geständnisse eines graumelierten Herren
verschaffen. Sei dies mit einem Spaziergang an der vorher gelobten Luft, mit einer Partie Tischtennis in einem der zahlreichen Nebenräume oder mit dem Besuch eines Kuhstalls. Führungen durch den eigenen Besitz nur auf dringenden Wunsch nicht allzu fremder Personen! Die Reserven an Platz könnten Mißgunst oder Depressionen auslösen, mit der Folge, daß noch mehr aufs Land drängen und Villen vorortcharakter einschleppen.
Im vorliegenden Ausnahmefall begleiteten zwei die Gäste zur Besichtigung des Messnerhofs. Renate und Lukas mit Detlef und Georgia, — atmosphärisch eine entspannte Wagenladung. Ihnen folgte das Cabriolet mit den geschulten Stimmen. Sie mußten dabei sein. Bauernhof, — das war für sie die Nobelkombination schlechthin: Erfolgreich-trendbewußt-naturverbunden.
Fernsehbäuerin und Lexa schwelgten mit großen Schritten in dem Platzangebot. Vor allem die sehr aufwendigen Bäder fanden sie unheimlich stark. Genauso würden sie’s machen. Renate nickte stumm zu Detlefs Erläuterungen. Müd sah er aus, angestrengt. Vielleicht durch das Licht in dem kahlen Haus. Draußen fing es an zu schneien.
Ist hier kein Segen drauf?
Lukas versuchte sich zu konzentrieren. Er vermeinte die Feuchtigkeit zu riechen, fühlte sich aber voreingenommen. Wenn er nichts wüßte, würde er hier einziehen wollen? Heitere Ruhe strahlte der Hof nicht aus, aber Enge, trotz der Weite.
Leise bestätigte das die ahnungslose Georgia. „Ein dumpfes Haus! Und viel zu groß. Da haben wir’s bei dir gemütlicher.“
; Die geschulten Stimmen trugen ihren unheimlich starken Eindruck mit sich fort zur Kondolation auf den Michlhof. Tschüß! Georgia beendete die Besichtigung mit einem Satz: ihr sei kalt. Sofort schloß Detlef die alte Sterntür ab.
Im dichter werdenden Schneetreiben bot sich vor dem Bühlhof ein seltener Anblick. Seite an Seite geparkt ein Wagen mit Pferdestärken und eine Pferdestärke mit Wagen. Sie wieherte.
Drinnen hatte es Daniela, von der Atmosphäre des Hofs unterstützt, geschafft, den Abgeordneten Schnuckchen mit aromagebändigter Gattin und den Regionalgrafen Lipi mit Tini am Kaffeetisch zu vereinen. Die Bamsen ließen in der Küche Spielzeugautos rollen, Adrian las auf der Ofenbank, mit Bella im Arm.
Gleich zur Begrüßung brachte Schnuckchen frohe Botschaft: „Die Straße ist zwar unvermeidlich, Dringlichkeitsstufe eins, doch die Trasse wird anders geführt, ein paar hundert Meter hinterm Hof vorbei. Das hebt die Bodenpreise!“
Daniela nutzte das sich anbahnende Palaver, in die Küche zu verschwinden, Lukas folgte ihr in seiner neuen Strickweste mit einer leeren Kuchenplatte und alsbald Renate mit der Kaffeekanne. Die drei bestätigten damit die Theorie vom Einladungsverlauf auf dem Lande: Haben sich die Gäste aneinander gewöhnt, finden sich Gastgeber und Helfer, soweit vorhanden, irgendwann in der Küche zusammen. Drinnen läuft’s, sie werden nicht mehr gebraucht.
Sind die von weit her gekommenen Gäste weg, beginnt mit Aufräumen und Gelächter der harmonische Ausklang. Hierbei können näher wohnende Freunde behilflich sein. Auch was das Wiederkäuen des Verlaufs betrifft.
Lipi und Tini saßen bereits in der Küche. Der Graf trocknete Gläser, wobei er jedes prüfend gegen das Licht hielt. Ähnlich penibel verfuhr die Gräfin mit dem Besteck und meinte, auf eine lobende Bemerkung von Lukas: „Als Dienerehepaar wären wir bei der heutigen Arbeitsmoral Weltklasse.“
Nachdem alles blank und aufgeräumt war, deckte Daniela den Tisch zur Brotzeit. Alois und seine Bäuerin kamen frischgewaschen nach dem Stalldienst herüber und es wurde ein gemütlicher Schwatzabend unter Landleuten, mit Geschichten aus der Umgebung.
Elf Stunden nach Martinas Eintreffen spülte die Trinität zum letztenmal ab. Ohne zu einem Schluß über Detlefs Vorschlag mit der Engadinreise gekommen zu sein, ging jeder in sein Bett. Zwei Doppelzimmer hatte der Egoist bestellt. An sich ausreichend, denn Daniela wollte nicht schon wieder verreisen. Renate reizte der Skilauf, doch nicht allein an Detlefs Seite. Sie fuhr viel besser als er. Und Lukas, ohne Beziehung zu angeschnallten Brettern, wollte nicht von Georgia in gesellschaftlichen Après-Leerlauf verwickelt werden, vielmehr an seinem Weihnachtsgeschenk Weiterarbeiten.
Auf dem kleinen Tisch vor dem Kanapee in der Stube lag die gedruckte Einladung zu Sylvester auf dem Schlöglhof, an alle drei gerichtet, Smoking, Abendkleid, um Antwort wird gebeten. Trotz der
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