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Gestatten, dass ich sitzen bleibe: Mein Leben (German Edition)

Gestatten, dass ich sitzen bleibe: Mein Leben (German Edition)

Titel: Gestatten, dass ich sitzen bleibe: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Reiter
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und den BR. Daneben einige mittelgroße (SDR, SWF, HR und uns) und dann die kleinen und ganz kleinen: SFB, ORB, Saarländischer Rundfunk und Radio Bremen. Dieses Ungleichgewicht hatte, wie bei den Bundesländern, zur Folge, dass die kleinen von den großen in einem Finanzausgleich unterstützt werden mussten. Die Frage war, ob das so sein und bleiben musste. Wenn unsere drei Länder,so habe ich damals argumentiert, nicht gemeinsam den Mitteldeutschen Rundfunk gegründet hätten, sondern jedes Land für sich einen Sächsischen, Sächsisch-anhaltinischen und Thüringer Rundfunk, dann wären das drei »nehmende« Kleinsender geworden. Warum eigentlich schließen sich andere nicht auch zu finanziell stabilen Mehrländeranstalten zusammen? Warum müssen die Gebührenzahler unserer drei vernünftigen Länder den Egoismus von Stadtstaaten oder kleinen Länder, die unbedingt ihren eigenen Sender wollen, finanziell unterstützen? Darauf gibt es keine vernünftigen Antworten. Deswegen habe ich mich mit diesen Fragen in Bremen, Berlin und im Saarland ziemlich unbeliebt gemacht. Günther von Lojewski, damals Intendant des SFB, nannte mich einen »apokalyptischen Reiter«, und der inzwischen verstorbene Fritz Raff vom Saarländischen Rundfunk sprach mir das Recht ab, als ARD-Vorsitzender solche Gedanken zu äußern. Ich müsste auch für die Kleinen da sein. Das war nicht ganz falsch, aber einiges hat sich doch bewegt. SDR und SWF sind (das große Verdienst von Peter Voß) zum SWR vereinigt, ORB und SFB zum RBB, und Saarland und Bremen kooperieren eng und auf vielen Feldern mit ihren großen Nachbarn. Auch sonst sah die ARD am Ende meiner Amtszeit nicht schlecht aus. Günter Struve hatte sie als Programmdirektor rigoros in Richtung Marktführerschaft getrieben, und dpa hat damals geschrieben, dass wir nach schwierigen Jahren »heute finanziell, strukturell und programmlich bestens« dastünden. »In den vergangenen zwei Jahren … ließ Reiter keine Gelegenheit aus, um die ARD mit Nachdruck auf einen Modernisierungskurs zu bringen. Sehr viele Freunde hat er damit nicht hinzugewonnen, das Ziel aber ist in Sichtweite, der Senderverbund ist schlagkräftiger geworden.«

Die Wunder von Rom
    Der Bayerische Rundfunk war seit eh und je für die Berichterstattung aus Italien zuständig und damit auch für den Vatikan. Die Beziehung ging über ein rein journalistisches Auftragsverständnis weit hinaus. Irgendwie betrachteten wir in München Italien als zum BR gehörig und den Papst ebenso. Auch umgekehrt war man in Rom dem BR besonders gewogen. Kardinal Ratzinger hat ihn mir gegenüber einmal voller Sympathie »den katholischsten aller deutschen Rundfunksender« genannt. Der damalige Italien-Korrespondent Wolf Feller sollte denn auch eines Tages mit dem päpstlichen Gregorius-Orden ausgezeichnet werden, eine hohe Ehre, nicht zu vergleichen mit unseren inflationär verteilten Bundesverdienstkreuzen. Daraus entspann sich eine hübsche Geschichte. Wolf Feller, der die Schönheiten des Lebens in jeder Hinsicht zu schätzen wusste, wurde in den Vatikan einbestellt. Dort eröffnete ihm ein hochrangiger Monsignore, dass der Papst beabsichtige, ihn zum Ritter des heiligen Gregorius zu erheben. »Allein«, so fuhr er fort, »es ist uns zu Ohren gekommen, lieber Herr Feller, dass Sie im Konkubinat leben. Und Sie wissen ja …« Feller hat die Geschichte später oft erzählt. Im ersten Moment sei er sprachlos gewesen, dann habe er geantwortet: »Wissen Sie was, Monsignore, das ist überhaupt kein Problem. Sie behalten Ihren Orden und ich meine Konkubine.« Später hat er den Orden dann doch noch bekommen. Ich übrigens auch, was einen Kollegen zu der unangebrachten Bemerkung veranlasste, Menschenkenntnis sei im Vatikan wohl nicht besonders verbreitet.
    Als Hörfunkdirektor in München kam mir die Idee, mit dem Symphonieorchester des BR einmal vor dem Papst im Vatikan ein großes Konzert zu geben. Ich
     nahm schon 1986, bald nach meiner Wahl,Kontakt zu Hans Schwemmer auf, auch ein Monsignore, der damals für die deutschen Angelegenheiten im Vatikan
     zuständig war. Ein eindrucksvoller, zwei Meter großer Oberpfälzer, der nach Feierabend gern den Kragen seines Priesterrocks aufmachte und mir den Brunello
     di Montalcino, einen der besten Rotweine Italiens, nahebrachte. Er versprach mir, sich beim Heiligen Vater für uns einzusetzen, machte mir aber keine
     großen Hoffnungen. Die Liste der Orchester, die vor dem Papst spielen möchten, sei lang, und

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