Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)
Ihr Poesiealbum kleben? Wegen mir – nur zu!«
Sie schnippte die glimmende Kippe in die blutverkrustete Badewanne und zog lachend ab. Zurück blieben eine Rauchwolke und ein schwerer, süßlicher Duft. Seifferheld war sich nicht sicher, ob der süßliche Duft nach Parfüm nicht schon vorher im Bad herumgewabert war. Seine Nase funktionierte neuerdings nicht mehr so gut.
Seifferheld seufzte. Es blieb ja nie bei einem Mord. Wenn man einen Täter nicht fasste, schlug er immer wieder von neuem zu, weil er gelernt hatte, wie leicht es war. Falls seine Kollegen den Mörder von Salina Tressler nicht bald dingfest machten, würde er erneut töten. Seifferheld ging jede Wette ein, dass es dann Agnes Vilenti erwischen würde. Die Kombination aus Giftspritze und Plappermaul war definitiv tödlich.
Er sah aus dem Fenster. Biggi schien sich immer noch sehr unwohl zu fühlen. Dabei hatte sie gestern bei ihrer Begegnung vor dem SWR-Studio noch so entspannt gewirkt. Was war in der Zwischenzeit passiert?
Er musste sich unbedingt mit Biggi Wanetzki unterhalten, aber jetzt war kein guter Moment. Sie war zu erschöpft, und um zehn Uhr gingen ja schon die Proben los. Nein, er würde sie zu einem späteren Zeitpunkt abfangen müssen. Möglichst ohne diesen gelackten Earl-Grey-Trinker Reitz.
»Danke, gnädige Frau«, rief Seifferheld dem verschwindenden Rücken der Vilenti hinterher und wusste, dass er sie damit ärgerte. In ihrem Alter als »gnädige Frau« bezeichnet zu werden kam einem Affront gleich.
Er humpelte hinaus, um seinen Hund abzuholen, der sich zwischen Biggi und Roger geschlängelt hatte. Als lebender Schutzschild? Wenn Tiere nur reden könnten.
Roger Reitz bemerkte Seifferheld und hob eine Augenbraue.
»Ja und? Wo bleibt mein Tee?«
8. Szene
(Dienstagnachmittag, Junisonne, Café am Markt, Tisch im Schatten)
Aus dem Polizeibericht
Unbekannte Brandstifter haben gegen fünf Uhr früh in der Blockgasse eine Abfalltonne in Brand gesetzt und vor eine Metzgerei geschoben. Die Schaufensterscheibe ging durch die Hitze zu Bruch, es entstand zudem ein Gebäudeschaden durch die Flammen. Würste wurden jedoch nicht gegrillt. Patrouillierende Streifenbeamte konnten das Feuer rasch ablöschen, zur Sicherheit wurde dennoch die Feuerwehr alarmiert. Die Beamten leiteten Strafverfahren wegen Brandstiftung ein, die Bezirkskriminalinspektion ermittelt.
Er vermochte das Wort »saftig« so auszusprechen, dass man, wenn man es hörte, das Gefühl hatte, man bisse in einen reifen Pfirsich. (Georg Christoph Lichtenberg)
»Ist dieser Tisch hier recht?«
Seifferheld zeigte auf den letzten freien Tisch unter einem aufgespannten Sonnenschirm. Das Café am Markt war immer gut besucht, aber an diesem herrlich sonnigen Nachmittag suchten besonders viele Touristen Schutz im Schatten der Sonnenschirme. Er und Biggi konnten von Glück sagen, dass gerade ein älteres Rentnerpaar seine Plätze räumte. Eigentlich tat es das auch nur, weil Seifferheld sich ostentativ neben die beiden stellte und auf Invalide machte. Ihre Kaffeetassen waren noch zu einem Drittel voll.
Biggi ließ sich schwer auf das rote Sitzkissen fallen.
»Zwei große Apfelschorlen, bitte!«, rief Seifferheld der Bedienung zu, die ihm fröhlich zuzwinkerte, weil er hier Stammgast war.
Dann setzte er sich auch.
Onis legte sich laut hechelnd unter den Tisch. Von diesem Moment an rührte er sich nicht mehr, auch nicht, als die allgegenwärtigen Spatzen in der Hoffnung auf Krümel herangehüpft kamen und ihm Fellhaare zum Nestbau auszupften. Hitze und Sonne setzten ihm zu.
»Das wird mir alles zu viel, ich weiß nicht, was ich noch machen soll«, flüsterte Biggi tonlos. Seifferheld mit seinen Altmännerohren beugte sich weit zu ihr vor, musste ihr die Worte dennoch von den Lippen ablesen.
Der dringend nötige Besuch beim Hörgeräteakustiker fiel ihm wieder ein.
»Sie schaffen das, Sie sind großartig!«, versicherte er und nahm ihre Hand. Sie war klamm und kalt.
Sein Zutrauen in ihre Fähigkeiten war aufrichtig. Bis gerade eben hatte die Truppe noch mal letzte Feinheiten für Der Mord an Suzy Pommier eingeübt, und Biggi Wanetzki war einfach großartig in der Rolle der Suzy.
Seifferheld hatte ja den direkten Vergleich. Salina Tressler war grandios gewesen, eine Begabung, wie sie nur einmal alle zehn Jahre zu sehen war, wenn überhaupt, aber Biggi stand ihr in nichts nach. Was Seifferheld ganz erstaunlich fand. Er musste sich zu seiner Schande eingestehen, dass er immer
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