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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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setzten sich auf die klamme Steinmauer. Siggis Hintern fiel sofort in Schockkältestarre.
    »Soll ich Ihnen eine schöne Tasse Tee machen?«, schlug Seifferheld vor. Nicht ganz uneigennützig, denn nichts wäre ihm lieber, als legal ins Haus zu kommen und sich ein wenig dort umzuschauen. Was den zusätzlichen Bonus hätte, dass sein Hintern wieder auftauen würde.
    Biggi starrte ihn nur aus großen, wasserfarbenblauen Kinderaugen an.
    »Was ist denn hier los?«, rief plötzlich eine Männerstimme.
    Seifferheld brummte ungnädig in sich hinein. Viel, viel zu oft wurde er in letzter Zeit rücklings überrascht. Meistens von seiner Marianne, die sich anschleichen konnte wie ein Ninjakämpfer in Socken, aber immer öfter auch von völlig Fremden. Möglicherweise brauchte er ja ein Hörgerät. Er drehte sich um und erblickte einen hochgewachsenen, enorm gutaussehenden Anfang Dreißiger mit Drei-Tage-Bart in flattriger Leinenhose und Rippenshirt. Ohne Socken, dafür in geflochtenen Lederschuhen.
    Seifferheld stand auf. »Angenehm, Seifferheld«, sagte er und streckte die Hand aus.
    »Reitz«, erwiderte der Schönling und fragte: »Der beißt doch nicht?«
    Onis saß unbeweglich auf seinen Hinterbeinen, wie eine Buddhastatue.
    Seifferheld schüttelte verneinend den Kopf. »Ich kam auf meiner Hunderunde hier vorbei« – nicht gelogen – »und sah zufällig Frau Wanetzki, die mir ein wenig Aufmunterung zu brauchen schien.«
    Reitz setzte sich neben Biggi auf die Mauer und legte ihr den Arm um die Schulter. »Tee, meine Süße?«
    Biggi nickte nur mit gesenktem Blick.
    Täuschte sich Seifferheld, oder war sie unter der Berührung des Kollegen zusammengezuckt?
    »Ja, dann bitte zwei Tassen Earl Grey. Meine mit drei Tropfen Milch. Vollmilch, keine Kondensmilch«, bestellte Roger Reitz. »Und kein Zucker!«
    Seifferheld schluckte kurz. Sah er etwa aus wie der Hausdiener? Dann fiel ihm wieder ein, dass er ja unbedingt ins Haus wollte und dass ihm diese Aufforderung daher mehr als zupasskam. Spielte er eben den Kellner. Das »Sehr wohl, der Herr« verkniff er sich allerdings.
    Den Tatort erkannte Seifferheld sofort, er war noch polizeilich versiegelt. Das hätte ihn abhalten sollen, tat es aber nicht. Zumal das Siegel bereits aufgebrochen war.
    »Onis, du bleibst draußen«, befahl Seifferheld. Da erst merkte er, dass Onis ihn nicht ins Haus begleitet hatte. Ein Blick aus dem Badezimmerfenster zeigte seinen Hund, der immer noch Buddha-gleich vor der Mauer verharrte und an den sich Biggi scheinbar schutzsuchend klammerte.
    Seifferheld sah sich im Badezimmer um. Es war noch keine Tatortreinigung erfolgt. Gut.
    Ihm bot sich der Anblick eines typischen WG-Badezimmers: Rasierschaum neben kitschigen Parfümflakons, Nasenhaartrimmer neben Nagellackflaschen, verschiedenfarbige Haare im Waschbeckenabfluss. Gruselig war der Anblick nicht, denn nur die Wanne war blutig, nicht der umgebende Fliesenboden. Der Schnitt durch die Kehle war also überraschend und präzise erfolgt, und Salina Tressler hatte sich nicht gewehrt. Das passte zu Seifferhelds Insiderthese. Der Täter war jemand, den sie kannte, dem sie vertraute. Selbst wenn sie badete. Und jemand, der um die dreifache Handtuchfaltung wusste.
    Seifferheld tippte auf einen Schauspielerkollegen. Sonst kamen nur noch der Regisseur oder der Dramaturg in Frage. Wer sonst würde sich so viel Mühe geben, den Tod minutiös stückgetreu nachzustellen?
    »Was machen Sie denn da?«, fragte eine hohe Kreissägenstimme.
    Jetzt war es beschlossene Sache: Seifferheld würde heute noch zum Hörgeräteakustiker gehen!
    In der Tür stand Agnes Vilenti. Seifferheld erinnerte sich an sie. Die Vilenti gab in Der Mord an Suzy Pommier die Concierge, die Ehefrau des verdächtigen Geliebten und eine Journalistin. Um Geld zu sparen, spielten die Schauspieler der Freilichtspiele grundsätzlich mehrere Rollen. Außer man war der Faust im Faust.
    »Ich sah, dass die Tür nur angelehnt war, und wollte mich vergewissern, dass sich hier niemand Unbefugtes Zugang verschafft hat«, antwortete Seifferheld sichtlich ertappt.
    Die Vilenti verzog spöttisch ihren lippenstiftroten Mund. »So unbefugt wie Sie?«
    Seifferheld lächelte unverbindlich. »Ich war auf dem Weg zur Küche.«
    »Das hier, guter Mann, ist jedenfalls nicht die Küche.« Agnes Vilenti trug ein spitzenbesetztes Negligé und hätte auf einem Foto bestimmt umwerfend ausgesehen, aber im unbarmherzigen Licht des wirklichen Lebens erkannte man, dass es sich

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