Gestohlene Leidenschaft
sollen“, sagte sie leise.
„Hast du mich denn vergessen?“
„Natürlich nicht!“ Sie wich zurück. Man durfte sie hier nicht zusammen sehen.
„Natürlich nicht?“ Khalis kam näher und versperrte ihr den Weg. „Das überrascht mich.“
Nur die kopf- und armlose Nike war Zeugin dieser Begegnung. Grace sah wieder den Mann an, der ihr so unglaublich gefehlt hatte. Auch wenn er sie so wütend anfunkelte wie jetzt, begehrte sie ihn.
„Vor zwei Monaten hast du mir deutlich zu verstehen gegeben, dass du mich vergessen willst, Grace.“
„Das wollte ich ja auch.“ Warum sollte sie das bestreiten? Seine Nähe war so überwältigend, dass an Ausflüchte gar nicht zu denken war. Darum gab sie ehrlich zu: „Aber es ist mir nicht gelungen.“
Er war ihr jetzt so nahe, dass sie seinen schmerzlich vertrauten Duft einatmete. Grace schloss die Augen. „Bitte nicht.“
„Was? Bitte erinnere mich nicht daran, wie gut wir uns verstehen?“ Zärtlich strich er ihr über die Wange und berührte mit dem Daumen die bebenden Lippen.
Grace erschauerte. „Bitte …“
„Das Band zwischen uns ist noch intakt, Grace.“
Schnell schlug sie die Augen wieder auf. „Ich weiß, aber es spielt keine Rolle“, behauptete sie.
„Oh doch.“
„Ich habe dir doch erklärt …“
„Leider hast du genau das nicht getan. Ich warte noch immer auf eine Erklärung, Grace. Ich möchte dich so gern verstehen.“
Traurig schüttelte sie den Kopf.
„Ich möchte dir eine zweite Chance geben“, stieß er hervor.
Wie gern hätte sie die ergriffen, doch leider gab es die für sie nicht. „Nein, Khalis.“
„Du begehrst mich.“
„Natürlich begehre ich dich“, rief sie verzweifelt. „Das bestreite ich ja gar nicht. Bist du nun zufrieden?“
„Nein.“ Mit einer blitzschnellen Bewegung zog er sie an sich und küsste sie hart und fordernd.
Grace schmiegte sich einige Sekunden lang an ihn und erwiderte leidenschaftlich den Kuss. Doch dann riss sie sich los.
Khalis’ Augen sprühten Funken. Sein Gesicht glühte. „Warum hast du mich verlassen?“
Tränen schimmerten in ihren Augen. Die Kopfschmerzen wurden immer unerträglicher. „Weil ich Angst hatte, du würdest mich hassen, wenn ich bei dir bleibe. Bitte lass mich einfach in Ruhe!“ Schritte ertönten oben auf der Treppe, und Grace lief davon – wie von Furien gehetzt.
Zuhause schlüpfte sie aus dem Cocktailkleid und duschte ausgiebig, um das heiße Verlangen wegzuspülen, das Khalis’ fordernder Kuss in ihr entfesselt hatte.
In ihrem ältesten und bequemsten Pyjama machte sie es sich anschließend im Bett gemütlich und blätterte wehmütig in dem Album mit Bildern der kleinen Katerina, um sich vor Augen zu führen, was auf dem Spiel stand. Ihre kleine Tochter ganz zu verlieren, würde sie nicht überleben.
Die Geburt des Babys, Katerina im Alter von sechs Wochen schlafend im Kinderwagen, mit sechs Monaten, wie sie hungrig an ihren kleinen zu Fäusten geballten Händchen saugte. Die Augen hat sie von mir, dachte Grace beglückt und blätterte die Seite um. Katerina wagte die ersten zaghaften Schritte im Alter von einem Jahr. Jedes Mal, wenn sie die Kleine besuchen durfte, machte Grace neue Fotos. Da sie Katerina nur alle vier Wochen sah, konnte ihre Tochter nicht die enge Beziehung zu ihrer Mutter aufbauen, die in diesem Alter eigentlich normal gewesen wäre. Loukas ist wirklich ein gemeiner Schuft, dachte Grace verbittert. Sie liebte ihre Tochter so sehr, und er hatte ihr das Liebste praktisch genommen.
Ein energisches Klopfen an der Tür schreckte sie auf. Sie sprang aus dem Bett, stellte das Album zurück ins Regal und lief aufgeregt zur Tür, denn sie wusste genau, wer der nächtliche Besucher sein musste.
„Hallo Khalis.“ Hingerissen schaute sie ihn an.
„Darf ich reinkommen?“
Wortlos bat sie ihn ins Wohnzimmer mit den Dachschrägen und dem antiken Mobiliar. Der Raum kam ihr plötzlich noch kleiner vor.
Überrascht beobachtete sie, wie Khalis einige gefaltete Blätter Papier aus der Anzugtasche zog und auf den Wohnzimmertisch warf.
„Was ist das?“
„Deine Akte.“
„Meine was?“
„Nach deiner überstürzten Abreise habe ich Eric gebeten, Informationen über dich zusammenzustellen“, erklärte Khalis und zeigte auf die Blätter. „Das ist dabei herausgekommen.“
Grace wusste, was Boulevardblätter und Onlinemagazine über sie verbreitet hatten – Spekulationen über die Blitzscheidung des steinreichen griechischen Reeders
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