Gestohlene Liebe - Naughton, E: Gestohlene Liebe
vor wenigen Tagen den Bürgersteig bedeckt hatte, war schon lange fortgespült, und die Rinnsteine füllten sich stetig mit Wasser und überfluteten die Straße. Zu dieser Stunde und bei diesem Wetter war außer ihnen keine Menschenseele unterwegs.
Er nahm sie fest bei der Hand, während sie auf den überdachten Hauseingang zueilten. Dort angekommen, schüttelten sich beide wie nasse Hunde.
Kat warf einen besorgten Blick auf den Seitenweg. Wasser tropfte von ihrem kurzen Haar und lief ihr die Schläfe hinab.
»Was ist?«, fragte Pete und streckte die Hand aus, um ihr den Tropfen von der Wange zu wischen, ohne zu wissen, was er tat.
»Ich … « Sie hob die Hand, und in ihren Augen sah er so etwas wie Sorge und Reue und … noch etwas anderes, das er nicht ganz deuten konnte. »Schon gut.« Sie lief an ihm vorbei und betrat das Gebäude, wo der Türsteher ihr die Tür aufhielt.
Sie war ungewöhnlich still gewesen, seit er ihr verkündet hatte, dass sie zurück nach New York flogen, und auf der Fahrt vom Flughafen hierher hatte sie jede Unterhaltung gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Man brauchte kein Genie zu sein, um zu merken, dass sie wenig Lust hatte, hier zu sein.
Er riskierte einen Blick auf sie, als sie vor den Aufzügen standen und warteten, beobachtete, wie es in ihren Gesichtszügen arbeitete, während sie auf die glänzenden Türen starrte. Ihr Haar war feucht vom Regen und zerzaust von ihren Fingern. Ihre Wangen waren leicht gerötet – teils durch die Novemberkälte draußen, teils durch einen guten Schuss Zorn. Sein Blick wanderte weiter nach unten, zu ihrer offenen Jacke, dem V ihres T-Shirts. Zum Medaillon des heiligen Judas Thaddäus, das auf ihrer Brust ruhte.
Und als er so dastand und sie musterte, überkam ihn eine Vision. Wie sie rittlings auf ihm saß und ihm lächelnd von oben in die Augen sah. Wie dieses Amulett auf seine Brust fiel und über seine Haut streifte, während sie sich bewegte. Wie sie sich hinunterbeugte und ihn küsste, so lange und langsam und schwelgerisch, dass er nicht genug von ihr bekommen konnte.
Seine Brust schnürte sich zusammen, als Ann Lathams Worte ihm wieder in den Sinn kamen. Es hat nichts mit weise zu tun. Sondern damit, dass der Verlust von jemandem, von dem man noch nicht einmal wusste, dass man ohne ihn nicht leben kann, einen sehr nachdenklich macht und dazu führt, dass man seine Prioritäten noch einmal gründlich überdenkt.
Er schluckte schwer, als sich die Fahrstuhltür mit einem Klingelgeräusch öffnete. Ein Mann mit schütterem Haar und dunkler Haut, bekleidet mit einem langen Woll-Trenchcoat stieg aus, drängte sich zwischen ihnen hindurch und ging auf den Ausgang zu. Seine Schulter prallte gegen Petes, die ohnehin schon wehtat, und Pete verlor beinahe das Gleichgewicht. Der Schmerz zuckte seinen Arm entlang.
»’tschuldigung«, murmelte der Mann im Vorbeieilen mit einem starken Akzent.
Pete betrat hinter Kat den Fahrstuhl und sah sich noch einmal nach ihm um. »Selber Entschuldigung«, grummelte er.
Der Mann hielt inne, und gerade als sich die Aufzugtüren wieder schlossen, wandte er sich nach ihnen um.
Pete drückte den Aufzugsknopf an dem Wandpaneel und schlug heftiger auf die Sprechanlage zu der Penthousewohnung, als nötig gewesen wäre. »Was in dieser Stadt so alles herumläuft«, murmelte er. Als Kat nichts erwiderte, blickte er in ihre Richtung und war ziemlich sicher, dass er Rauch aus ihren Ohren kommen sehen konnte.
Eindeutig nicht glücklich. Nun, dann waren sie schon zu zweit. Sie hierherzubringen, war auch nicht seine erste Wahl gewesen, aber so weit er es überblicken konnte, war ihnen nichts anderes übrig geblieben.
Marias Haushälterin meldete sich auf das Klingeln, und Pete kündigte sich an. Zwei Sekunden später setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. »Wir bleiben nur ein paar Minuten. Bis wir den Anhänger haben, dann hauen wir wieder ab.«
»Du hättest mich im Auto warten lassen können«, stieß Kat zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich hätte nicht mit hochkommen müssen.«
»Und dich allein da draußen lassen? Wo du dich heute schon mal aus dem Staub machen wolltest und auf uns geschossen wurde? Das glaube ich weniger.«
Der Blick, den sie ihm zuschleuderte, verriet, dass sie ihr Glück jederzeit lieber mit einer geladenen Kanone versuchen würde als mit ihm.
Okay, definitiv sauer. Aber warum zum Teufel wurmte ihn das so?
Der Aufzug öffnete sich, und sie traten beide in die Diele
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