Gestohlene Liebe - Naughton, E: Gestohlene Liebe
hatte. Zu seinen Füßen stand eine Reisetasche, sein Haar war ungekämmt. Sein zerknittertes blaues Hemd und seine abgetragene Jeans sahen aus, als hätte er darin geschlafen.
Doch es war sein Gesicht, das sie fixierte, während sie näher kam. Seine Haut war von Falten der Erschöpfung gezeichnet, und sie fragte sich, wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Sie ging etwas schneller, um den Abstand zwischen ihnen zu verringern, und geriet dann ins Wanken angesichts des düsteren, kalten Blicks, der zwischen ihr und Marty hin und her wanderte.
Er kam nicht auf sie zu, sondern beobachtete sie nur mit zusammengekniffenen Augen.
»Pete«, sagte sie, als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war. Sie warf sich ihm in die Arme, und er erwiderte die kurze Umarmung, jedoch steif und reserviert, ganz und gar nicht wie seine gewöhnliche leidenschaftliche Begrüßung mit Mund und Zunge und Zähnen. Ihr Magen zog sich zusammen, und die offensichtliche Spannung zwischen ihnen ließ ihren Zweifel teilweise in Gewissheit umschlagen. »Was machst du denn hier?«
»Ich hatte hier eine Zwischenlandung und dachte, ich überrasche dich.« Seine Stimme klang hart und unfreundlich, und seine Augen übersprangen sie und landeten auf Marty. »Aber du hattest offensichtlich schon etwas vor.«
Ihr Puls hämmerte, als sie sich zu Marty umdrehte. »Ähm. Das ist Martin Slade. Marty, das ist Peter Kauffman. Mein, äh, Bekannter.«
»Das letzte Mal, als ich nachgesehen habe«, korrigierte Pete im selben rauen Tonfall, »waren wir weit mehr als Bekannte.«
Kat stieg die Hitze ins Gesicht.
Martys Blick wechselte von Pete zu Kat und wieder zurück, dann streckte er die Hand aus. »Schön, Sie kennenzulernen. Kat und ich haben bloß über ihre Arbeit geplaudert.«
Pete antwortete nicht und schüttelte Marty auch nicht die Hand. Die Warnung in seinen kalten Augen war unmissverständlich: Finger weg!
Schuldgefühle für etwas, das sie gar nicht getan hatte, verwandelten sich rasch in Frust. Er war derjenige, der sich wochenlang nicht bei ihr gemeldet hatte, und dann regte er sich auf, dass sie Freunde hatte? Sechs Monate, in denen sie nicht gewusst hatte, wo er war, was er machte und wann er wiederkommen würde, ballten sich zusammen und wuchsen sich zu einem ordentlichen Zorn aus.
Marty ließ seine Hand sinken, blickte zwischen den beiden hin und her und spürte offenbar die Spannung. »Ich geh dann mal, Kat. Wenn noch irgendetwas ist, lass es mich wissen, und ich werde sehen, was ich tun kann.«
Sie lächelte ihm zuliebe, obwohl ihre Wangen durch die Anstrengung rissig zu werden drohten. »Danke, Marty! Das werde ich.«
Kat wartete, bis Marty das Ende der Straße erreicht hatte und hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Als sie sich Pete zuwandte, konnte sie die Feindseligkeit, die er ausstrahlte, praktisch fühlen. »Findest du nicht, dass das ein bisschen kindisch war?«
Sie drängelte sich an ihm vorbei und stieg die Stufen zu ihrem Haus hoch.
»Ich weiß es nicht. Sag du’s mir!« Er riss seine Tasche vom Boden hoch und folgte ihr auf den Fuß.
»Wenn du erwartest, dass ich mich dafür entschuldige, dass ich einen Kaffee mit ihm getrunken habe, hast du dich geschnitten.« Die Eingangstür fiel hinter ihnen ins Schloss, als sie durch das schmale Treppenhaus in den ersten Stock hochgingen.
»Warum sollte ich auch erwarten, dass du dich entschuldigst?«, fragte er hinter ihr in kaltem Ton.
Sie ignorierte seine Frage, drehte den Schlüssel im Schloss um, ging hinein und schäumte dabei die ganze Zeit vor Wut. Gott sei Dank war Shannon an diesen Nachmittag nicht da.
Er hatte verdammt noch mal kein Recht, sauer auf sie zu sein. Nicht im Mindesten. Sie warf ihre Handtasche auf die Couch, während er hinter ihr eintrat und die Tür zustieß. Seine Tasche fiel am Eingang zu Boden, doch er machte keine Anstalten, weiter in die Wohnung vorzudringen. »Seit wann bist du hier?«, fragte sie.
»Seit zwei Stunden.«
Oh Mann! Er hatte zwei Stunden lang auf ihrer Treppe in der Bullenhitze gesessen? Kein Wunder, dass er angefressen war. »Wenn du mir gesagt hättest, dass du kommst, hätte ich –«
»Ist das deine Angewohnheit? Zu deinem Ex zu rennen, wenn ich nicht da bin?«
Der Schock fuhr ihr in die Glieder. »Natürlich nicht. Ich habe ihn seit Monaten nicht gesehen.«
Seine unerbittlichen Augen gaben ihr unmissverständlich zu verstehen, dass er ihr nicht glaubte. »Und warum bist du dann heute zu ihm gelaufen? Ich
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