Gestohlene Liebe - Naughton, E: Gestohlene Liebe
gewusst hatte, wusste sie es jetzt. Sie liebte ihn, und sie war dabei, ihn zu verlieren.
Sie riss die Tür auf und stürmte die Treppe hinunter. Ihre Hände zitterten, als sie die wuchtige Haustür aufriss, schwer atmend auf der obersten Stufe stehen blieb und mit den Augen die vor Hitze flimmernde Straße in allen Richtungen nach ihm absuchte. Bitte, mach, dass er noch nicht weg ist!
Sie konnte ihn nicht sehen. Eine muslimische Familie lief an ihrem Haus vorbei. Ein Müllwagen, der die Straße entlangzottelte, stieß Abgaswolken aus. Ein Radfahrer raste vorbei.
Wo war er? Bitte, lieber Gott …
Dann entdeckte sie ihn, einen Block weiter, die Tasche über die Schulter gehängt, mit gesenktem Kopf und mit großen Schritten entfernte er sich von ihr.
»Pete!«
Beim Klang ihrer Stimme drehte er sich sofort um, und sie zögerte nicht eine Sekunde. Sie stürzte in seine Arme, umschlang ihn und hielt ihn ganz fest.
»Geh nicht! Nicht so. Bitte!« Ein Schluchzen steckte ihr im Hals. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Bitte geh nicht!«
Er zögerte, und einen furchtbaren Moment lang dachte sie, er würde sie von sich stoßen. Dann fiel seine Tasche auf den Asphalt, und seine Arme umfingen sie so fest, bis die Umarmung ihr die Luft aus den Lungen presste.
»Verdammt, Kit-Kat!«
Eine Träne rann über ihre Wange, als sich sein Mund auf ihren drückte, hart und besitzergreifend und so fordernd, dass es fast schmerzte. Sie erwiderte den Kuss inbrünstig.
Irgendwie schafften sie es, wieder in ihre Wohnung zu gelangen, wo sie sich mit einer Eindringlichkeit liebten, die an Gewalttätigkeit grenzte. Als es vorbei war, lagen sie verschwitzt und atemlos in dem Bett, das sie schon so viele Male geteilt hatten, dass sie aufgehört hatten zu zählen. Aber diesmal war es anders. Obwohl sie Haut an Haut lagen und seine Arme sie umschlangen, erschien Kat die Distanz zwischen ihnen so weit wie der Ozean, der normalerweise ihre Kontinente voneinander trennte.
Sie schloss die Augen und schmiegte sich in dem Versuch, die Kluft zu überwinden, noch dichter an ihn. »Was denkst du?«
Schweigen. Dann: »Ich muss bald gehen.«
Die Leere seiner Worte versetzte ihrem Herzen einen Stich. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn liebte, doch sie wusste, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war. Er würde ihr nicht glauben. Nicht nach dem, was zuvor passiert war. Sie würde warten müssen. Aber bis dahin würde sie es ihm beweisen.
Sie stützte sich auf den Ellenbogen und blickte auf ihn hinab. Gedankenverloren starrte er an die Decke. Langsam wandten seine grauen Augen sich ihr zu, getrübt von derselben Aufgewühltheit, die sie selbst verspürte.
»Noch nicht«, flüsterte sie, während sie sich hinunterbeugte und ihn küsste. Einmal. Zweimal. Sie zog ihn in ihren Mund hinein und noch tiefer bis in ihre Seele. In der Hoffnung, dass er mit jedem ihrer Herzschläge fühlen konnte, was er ihr bedeutete.
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und strich ihr über das Haar. »Noch nicht«, wiederholte er ihre Worte dicht an ihrem Mund.
15
Gegenwart
Philadelphia
Je näher sie Philadelphia kamen, desto mehr wurden Petes Instinkte in Alarmbereitschaft versetzt. Er wurde das Gefühl nicht los, dass mit diesem Treffen, das Slade arrangiert hatte, irgendetwas nicht stimmte.
Während der letzten paar Stunden hatte Kat stoisch auf dem Beifahrersitz gesessen und in die Landschaft hinausgeblickt, als sei sie Lichtjahre weit weg. In Anbetracht ihres letzten Gesprächs bei der Autovermietung war das vermutlich nicht das Schlechteste. Es gab ihm Zeit, darüber nachzudenken, was wirklich wichtig war, zum Beispiel, was zum Donnerwetter sich gleich hier abspielen würde. Alles, was er mit Sicherheit wusste, war, dass sie sich mit einem von Slades Kontakten treffen würde. Er nahm an, dass das CIA bedeutete, obwohl sie das nicht deutlich gesagt hatte. Jedenfalls war es nicht Slade, und er war sich nicht ganz sicher, ob er deswegen sauer oder erleichtert sein sollte.
Fragen über Slade entzündeten sich in seinem Kopf, während er auf dem Lincolnparkplatz am Fairmount Park anhielt und den Motor abstellte. Laublose Bäume und dichtes Unterholz durchzogen den weitläufigen, gut fünfhundert Hektar großen Park. Vor ihnen standen verwaiste Spielgeräte wie Dinosaurierskelette im kalten Novemberwind. Obwohl es hier nicht geschneit hatte, waren die Temperaturen dem Gefrierpunkt nahe und hielten selbst die aktivsten Kinder zu Hause im Warmen.
Über die
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