Gestohlene Wahrheit
demolieren muss.«
Sie machte sich definitiv keine Freunde, indem sie versuchte, sie in eine Schublade zu stecken. Zu ihrem Glück kam ihr Frank zu Hilfe.
»Gelegentlich machen wir Infiltrationen, um Informationen zu sammeln, also das, was du als typische Spionage ansehen würdest. Meistens kümmern wir uns jedoch um Dinge, die die US-Regierung erledigt haben will, dies aber aus unterschiedlichen Gründen nicht selbst machen kann.«
Okay, okay, so genau musste er es ihr jetzt auch nicht erklären. Sie hatte lange genug mit Grigg zusammengelebt, während er beim Marine Corps war, um zwischen den Zeilen lesen zu können.
»O…kay«, murmelte sie und hob die Coladose an die Lippen, nur um unterwegs innezuhalten und sie wieder abzustellen. »Okay«, sagte sie erneut, dieses Mal etwas lauter. Sie konnte es noch immer kaum fassen, dass man ihr diese Antwort so bereitwillig gegeben hatte. Nachdem sie jahrelang spekuliert und darauf gewartet hatte, dass Grigg ihr reinen Wein einschenkte, saß sie auf einmal hier in diesem Raum und bekam die Wahrheit auf dem Silbertablett serviert.
Warum hatte Grigg es ihr nicht einfach gesagt? Warum hatte er ihr nicht genug vertraut, um …
Nein.
Diese Fragen würden sie nicht weiterbringen. Vor allem aus dem Grund nicht, da der einzige Mensch, der sie beantworten konnte, nicht mehr da war. Sie schluckte den Schmerz herunter und stellte lieber eine Frage, die
wirklich
wichtig war. »Und an was für Aufträgen hat Grigg gearbeitet? Was hat das alles mit mir zu tun?«
»Wer will?« Frank sah sich am Tisch um.
»Wir haben in Brasilien diesen Waffendeal vereitelt, kurz bevor Grigg und Nate nach Syrien aufgebrochen sind«, meinte Dan.
»Stimmt«, bestätigte Ozzie, der schon wieder mit fliegenden Fingern auf seiner Tastatur herumtippte, »aber das war ein sauberer Job. Es besteht nicht die geringste Gefahr, dass jemand herausgefunden hat, wer daran beteiligt war. Es muss etwas anderes sein.«
»Ghost?«, fragte Frank. »Könnte es sein, dass Grigg irgendwie Informationen preisgegeben hat, die … keine Ahnung … die irgendjemanden möglicherweise auf die Idee gebracht haben könnten, dass Ali etwas von Wert besitzen könnte?«
Ali sah zu, wie sich Nates Gesicht verhärtete, bis es fast schon ein Wunder war, dass es nicht einfach in tausend Stücke zersprang.
»Niemals«, stieß er hervor.
»Nein«, schnaufte Dan, »aber du warst ja auch nicht mit ihm in dem Zimmer, und deinem Bericht zufolge muss sich da ein ziemlich kranker Scheiß …«
Dan klappte abrupt den Mund zu und starrte sie an, während er gleichzeitig ein wenig grün anlief.
Aber Ali war nicht dumm.
»Was? In welchem Raum warst du nicht bei ihm?« Sie sah Nate an. Jetzt war
er
derjenige, der aussah, als würde er gleich anfangen zu weinen, und,
oh Gott
, sie bekam eine Heidenangst.
»Nate?«, fragte sie mit erstickter Stimme. »Großer Gott, was ist da passiert?«
Er warf Dan einen eisigen Blick zu, mit dem er ihm offenbar mitteilen wollte, dass er ihm später dafür den Kopf abreißen würde.
Das war übel. Das war sehr, sehr …
Frank sagte ihren Namen, und seine Stimme klang tief und entschlossen.
Zögernd blickte sie noch einmal in Nates versteinertes, ausdrucksloses Gesicht, um dann den Mann am Kopfende des Tisches anzusehen.
»Ich bin derjenige, der das beantworten sollte«, teilte Frank ihr mit. »Und es versteht sich natürlich von selbst, dass das, was ich dir gleich sagen werde, dieses Zimmer nicht verlassen darf. Niemals. Ist dir klar, was das bedeutet?« Sein Blick war mit erschreckender Intensität auf sie gerichtet.
Wenn ich es dir erzähle, muss ich dich vielleicht umbringen.
Das war ein Witz, oder? Vielleicht aber auch nicht.
Sie schluckte schwer und nickte, während ihr bewusst wurde, dass das der Wendepunkt war.
»Tu das nicht, Boss«, stieß Nate hervor.
Frank drehte sich zu ihm um, und sein Gesicht wirkte gleichzeitig bedrückt, resigniert und grimmig entschlossen. »Sie hat es verdient, das zu erfahren, Ghost.«
Nate fluchte leise und richtete den Blick dann auf die Tischplatte.
Auf einmal wurde Ali übel. Eine dunkle Vorahnung machte sich wie ein unheilvoller Knoten in ihrer Magengrube breit.
»Nate und Grigg waren auf einer Mission in Syrien«, begann Frank. »Bevor sie ihren Auftrag abschließen konnten, wurden sie von Tangos, äh, Terroristen gefangen genommen und drei Tage lang gefoltert. Nate konnte entkommen, aber Grigg hatte nicht so viel Glück.«
Er hörte einfach
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