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Gestohlene Wahrheit

Gestohlene Wahrheit

Titel: Gestohlene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Ann Walker
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den Mann noch nie zuvor gesehen hatte. Aber ihm war auf jeden Fall so, als würden sich zwei verwandte Geister begegnen.
    Der geheimnisvolle Mann in der Ecke war definitiv ein Agent, doch er konnte nur Vermutungen anstellen, für wen er arbeitete. Fest stand, dass er ein Profi war. Seine Augen sahen so tot aus, da ihm all sein Idealismus genommen worden war und er nur noch eines kannte: seine Mission.
    Nate hob das Kinn in einer Geste, die kurz und knapp ausdrücken sollte: »Komm rüber und stell dich vor,
Arschloch
.« Dann sah er verblüfft mit an, wie der geheimnisvolle Mann eine Hand in seine Jackentasche steckte und den Kopf schüttelte. Ein Mal. Nur eine kurze Bewegung des Kinns von links nach rechts.
    Das war ja mal wieder typisch, dass Nate es mit einem Typen zu tun bekam, dessen Mumm größer war als sein Verstand. Glaubte der Typ wirklich, er käme aus der Bar raus?
    Das war sehr unwahrscheinlich.
    Nicht, wenn vier Black Knights anwesend waren.
    »Was ist?«, erkundigte sich Ozzie, der sofort alarmiert war. Der Junge mochte eine unfassbare Nervensäge sein, aber er war ein ebenso guter Kämpfer wie alle anderen, und er wusste instinktiv, wann es ernst wurde.
    »Der Typ in der Ecke«, sagte Nate. »Er wird versuchen, abzuhauen. Das dürfen wir nicht zulassen.«
    Ozzie drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um mit anzusehen, wie der geheimnisvolle Mann im Schatten langsam aufstand. Dabei sah er zu dem Tisch hinüber, an dem Ali, Becky und Buzzard, dieser Wichser, saßen, die nichts von dem kleinen Krieg mit seinen kalkulierten Bewegungen und dem kalten, intensiven Blickkontakt mitbekamen, der hier gerade tobte. Dann bemerkte Nate den eindeutigen hohlen Umriss, der sich hinter dem Stoff der Jackentasche des Fremden abzeichnete, und sein Kopf wäre beinahe explodiert. Der deutlich erkennbare Kreis deutete direkt auf Ali.
    Was bildete sich dieses Arschloch eigentlich ein?
    Kochend heiße Wut toste durch ihn hindurch wie durch einen Schmelzofen, aber er konnte nichts dagegen unternehmen. Eine falsche Bewegung, und Ali konnte sich eine Kugel einfangen. Das würde er auf keinen Fall riskieren.
    Nicht, wenn er es verhindern konnte.
    Niemals.
    Er stand wie erstarrt da und kochte innerlich vor Zorn. Fast glaubte er schon, dass alle Umstehenden erkennen konnten, wie ihm der Rauch aus der Nase und den Ohren stieg.
    Kaum war der geheimnisvolle Mann durch die Hintertür verschwunden, rannten Ozzie und er los und zogen dabei gleichzeitig ihre Waffen. Der kalte Stahl seines 13RTK-Recon-Tanto-Messers fühlte sich in seiner Hand sehr beruhigend an, während er gleichzeitig mit der anderen Hand die 45er aus dem Hosenbund zog. Für den Fall, dass das nicht ausreichen sollte, hatte er noch zwei zusätzliche Magazine mit je sieben Schuss in den Jackentaschen.
    Er fühlte sich nie richtig angezogen, wenn er nicht genug Feuerkraft bei sich hatte, um einen kleinen Krieg anzuzetteln, was vermutlich nichts Gutes über seine Psyche aussagte, aber wen interessierte das schon?
    Ihn jedenfalls nicht.
    Er konnte die Schritte von Dan und Boss hinter sich hören, als die beiden ihnen nachliefen. Die jahrelange instinktive Bereitschaft bewirkte, dass sie im Bruchteil einer Sekunde reagieren konnten.
    Lächelnd nahm er das markante
Schnick
zur Kenntnis, das ihm sagte, dass Dan sein Baby, eine Ruger P90, die er von seinem Vater geerbt hatte, einsatzbereit machte.
    Die Knights zogen Dan gern damit auf, dass er seine Waffe zärtlicher behandelte als seine Frau.
    Meine Frau wird mir auch nicht so schnell das Leben retten
, erwiderte Dan dann jedes Mal todernst.
    Tja, Nate war jedenfalls sehr froh zu wissen, dass die kleine 45er in Bestzustand war, da sie höchstwahrscheinlich auf jemanden schießen mussten.
    Der geheimnisvolle Mann hatte eine äußerst unkluge Entscheidung getroffen, als er die Waffe auf Ali richtete. Die Chancen standen gut, dass er diesen Abend mit einigen Löchern mehr im Körper beenden würde, wenn er keine verdammt gute Erklärung auf Lager hatte.
    Die vier Männer rannten durch die Hintertür in die Gasse. Der überquellende Müllcontainer auf der anderen Seite war offenbar schon längere Zeit nicht geleert worden und gab Nates Nase zufolge bereits giftige Gase ab, aber der geheimnisvolle Mann war nirgendwo zu sehen.
    Verdammt!
    Mit einem Handsignal bedeutete er Boss und Dan, nach links zu gehen, während er mit Ozzie die rechte Seite absuchen wollte.
    Heilige Scheiße.
Diese ganze Sache mit Ali wurde immer unglaublicher.

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