Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Augen. »Wir müssen sie heimlich aus dem Haus locken.«
»Ja, unbedingt. Die Tochter des leitenden Ermittlers wäre ja auch ein gefundenes Fressen für Gero Fürst. Eine bessere Geisel kann er sich gar nicht wünschen.«
Carlotta presste die Augen noch fester zusammen. »Sagen Sie so was nicht!«
Tove schwieg also. Für Augenblicke waren nur das Geschrei des Motors zu hören, der Protest der Karosserie und das Kreischen der Reifen, wenn Tove fluchend einen Autofahrer überholte, der sich partout an etwas so Banales wie die Geschwindigkeitsbegrenzung halten wollte.
»Das Ganze ist meine Schuld, weil ich nicht erkannt habe, dass alles, was gegen Valerie sprach, auch gegen Gero Fürst spricht«, seufzte Mamma Carlotta. »Die kleinen Diebstähle in Magdalenas Haus, der Hass auf die leibliche Mutter, die Beschreibung des Mordes in seinem Manuskript! Ich habe mich davon blenden lassen, dass er von einer Frau geschrieben hat, von einer Tochter! An dichterische Freiheit habe ich nicht gedacht.« Sie klammerte sich am Türgriff fest, als Toves Lieferwagen in den Braderuper Weg schlidderte.
»Und warum musste Donata Zöllner dran glauben?«, brüllte Tove gegen das Gewinsel seiner armen Reifen an. »Und warum hat er Valerie grausam genannt? Und dass sie bestraft und eingesperrt gehört?«
Aber Carlotta hatte nun vollauf damit zu tun, sich um ihre Unversehrtheit zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie auf dem Beifahrersitz hocken blieb und nicht unversehens im Fußraum landete.
Erik fuhr vor dem Hotel Feddersen vor und wählte erneut Sörens Handynummer. Als sein Assistent sich meldete, stieß er ein erleichtertes »Endlich!« aus. »Wie können Sie Ihr Handy abstellen, während wir in zwei Mordfällen ermitteln?«
»Tut mir leid, Chef«, kam es zurück. »Ich dachte, weil Sonntag ist …«
»Sie haben doch mal in einer Sonderkommission gearbeitet! Haben die vielleicht am Sonntag die Arbeit zur Seite gelegt?«
»Das nicht, aber wir dachten, die Fälle wären gelöst. Und ich wusste ja, das Sie heute Morgen auf den Fußballplatz müssen.«
»Egal!« Erik beendete Sörens Rechtfertigungen mit einer energischen Handbewegung, obwohl sein Assistent sie nicht sehen konnte. »Machen Sie sich sofort auf den Weg! Ich warte vor dem Hotel Feddersen auf Sie!«
»Bin schon unterwegs!«, rief Sören zurück. »Ihre Schwiegermutter hat mir gesteckt, wo Sie sind. In spätestens zwei Minuten biege ich um die Ecke.«
»Meine Schwiegermutter?«, fragte Erik erstaunt zurück. »Ich habe ihr nicht gesagt, wohin ich fahre.«
»Sie hat es sich wohl zusammengereimt. Sie ist ja nicht dumm.«
»Nein, das ist sie nicht«, sagte Erik langsam und nachdenklich. Dann beendete er das Gespräch, weil er Sörens Auto sah, das kurz darauf neben ihm parkte.
Der junge Albaner sah sich auch diesmal nervös um, als die beiden Kriminalbeamten auf ihn zukamen. Wieder fragte Erik sich, was er auf dem Kerbholz haben mochte, aber jetzt war keine Zeit für diese Gedanken. Mit Fatlum würde er sich befassen, wenn die beiden Mordfälle abgeschlossen waren.
Als er nach den Feddersens fragte, ging Erleichterung über Fatlums Gesicht, was Erik in seinem Vorsatz bestärkte, in den nächsten Tagen ein Auge auf ihn zu haben. »Frau Feddersen hilft den Zimmermädchen, heute Morgen haben sich nämlich zwei krankgemeldet. Ich habe ihr eine SMS geschickt, um sie zurückzuholen. Eigentlich wollte sie ja gerne das Fußballspiel bis zum Ende sehen. Schließlich steht Ole in der Abwehr.«
»Und Herr Feddersen? Oder ist er noch nicht zurück?«
»Doch, er ist vor zehn Minuten gekommen. Jetzt muss er irgendwo im Haus sein. An der Tür von 202 funktioniert das Schloss nicht richtig. Kann sein, dass er sich darum kümmert.«
»Dann holen Sie die Feddersens bitte.«
Erik lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Aber sein wippender Fuß verriet, dass seine Ruhe nur vorgetäuscht war. Wer ihn so gut kannte wie Sören, der wusste, dass er unter größter Anspannung stand.
»Haben Enno und Rudi sich gemeldet?«, fragte Sören.
Erik nickte. »Kurt Fehring ist schon auf dem Revier. Und er ist sofort eingeknickt.«
»Er hat gestanden?«
»Noch bevor er in seiner Zelle ankam, hat er alles rausgelassen. Hoffen wir nur, dass er keinen Anwalt findet, der ihn dazu bringt, sein Geständnis zu widerrufen.«
»Und die Staatsanwältin?« Sören warf seinem Chef einen besorgten Blick zu. »Haben Sie die erreicht?«
Erik sah ihn nicht an, während er
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