Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song
Verspätet wurde ihr bewusst, dass die Felle von ihrem Körper gerutscht waren und Karl ihre nackten Brüste betrachtete, auf denen sich durch die Kälte Gänsehaut gebildet hatte.
Er unterdrückte ein Gähnen. »Nah, das Geräusch kam nicht von dort oben«, sagte er. »Ist dir nicht kalt?«
Sie starrte ihn an. Er blickte zu ihr auf, sah ihr in die Augen, und sie spürte, wie sich in ihrem Unterleib Hitze ausbreitete. Um die Spannung zu mindern, ergriff sie ihr Hemd und zog es sich über den Kopf. »Im Moment nicht.« Du bist sowieso nicht scharf auf mich, fügte sie in Gedanken hinzu, also was interessiert dich das überhaupt?
Während der letzten Nächte hatten sie immer eng aneinandergeschmiegt geschlafen, um sich gegenseitig zu wärmen, und auch wenn sie nicht wusste, ob sie es schon hätte ertragen können, ihn in sich zu fühlen, wünschte sie sich doch, von ihm begehrt zu werden. Die Schlaffheit seines Gliedes an ihrem Hinterteil empfand sie beinahe wie eine Ohrfeige.
Coeo hockte sich vor sie und bot ihnen wie mittlerweile fast jeden Morgen etwas vom Schwanz des Glamurbaks an, den er grob in drei Teile zerlegt hatte. Bera nahm das haarige Stück entgegen und zupfte die daran haftenden Schuppen fort, die das Tier von der Schnauze bis zur Schwanzspitze bedeckten. Es war immer noch besser, auf dem schwammigen Zeug herumzukauen, als ihre spärlichen Wasservorräte weiter zu schmälern.
Als sie den Kopf hob und Karl ansah, brach sie in lautes Gelächter aus.
»Was?« Er wischte sich das Kinn ab und betrachtete seine Hand. »Oh, das ist nur Blut aus dem Schwanz. Und du könntest ruhig selbst etwas sagen.«
Sie durchforstete ihr Gedächtnis nach dem bisschen Kasachisch, das sie von Karl aufgeschnappt hatte, und wandte sich Coeo zu. »Danke.«
Coeo murmelte mit vollem Mund eine Erwiderung.
Drei Tage waren vergangen, seit Karl von den Humanoiden für seinen Sieg mit einem Gesang gefeiert worden war, der sich in etwa wie »Ul-lah! Ul-lah« angehört hatte. »Es ist die Verfälschung eines Wortes, das ursprüng lich einer alten kasachischen Religion entstammt«, hatte er Bera später erklärt. Sie waren die Nacht über bei den Humanoiden geblieben und hatten gerade genug von den ihnen angebotenen Speisen und Getränken des Festmahls zu sich genommen, um ihre Gastgeber nicht zu beleidigen.
Trotzdem hatte der nächste Morgen Bera Magenkrämpfe beschert.
Karl überprüfte die Luftfeuchtigkeitsfalle und fischte einen ertrunkenen Sandurlund aus der Wasserpfütze. »Das müsste für die Pferde ausreichen«, sagte er. »Ich werde sie beladen, sobald sie gefressen haben.« Er grub die Plastikplane aus der Erde und trug sie vorsichtig, um keinen Tropfen zu verschütten, zu den Ponys.
Danach setzten sie ihren Ritt ohne jede weitere Verzögerung fort. Direkt nach ihrem Aufbruch hatten sie mehr als 100 Kilometer täglich zurückgelegt. Jetzt schafften sie kaum noch die Hälfte der Strecke. Sie kamen im gleichen Maß langsamer voran, in dem die Pferde dünner und schwächer wurden, obwohl sich die Rationen der Tiere nach Skorris Tod vergrößert hatten. Deshalb konnten sie es sich nicht leisten zu trödeln. Bera wusste, dass Ragnar irgendwo in der Nähe war. Er würde sie nicht so einfach entkommen lassen.
Karl erkundigte sich im Verlauf des Tages mehrmals, was ihr auf der Seele lag. Er spürte, dass irgendetwas nicht mit ihr stimmte. Sie musste zugeben, dass er ziemlich einfühlsam war.
Mittlerweile hatte sie ihren Widerwillen gegen Berührungen jeglicher Art nahezu vollständig überwunden. Die Nacht zuvor hätte sie seine Hand, die auf ihrem Bauch lag, fast weiter abwärts geführt, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, ihn darum zu bitten. Außerdem empfand sie seinen offensichtlichen Mangel an Verlangem nach ihr als geradezu demütigend.
Er scherzte mit ihr, flirtete mit ihr und schlief in ihren Armen – der Wärme wegen.
Doch er begehrte sie nicht. Daran gab es keinen Zweifel. All ihre Fantasien über ihn – seine verschwitzte Haut auf der ihren zu spüren, ihre Lippen auf den seinen, ihn zu reiten wie ein Pferd, ihn in den Mund zu nehmen und von ihm genommen zu werden – hinterließen einen faden Beigeschmack. Sie war sich nicht sicher, wann sie sich in ihn verliebt hatte, aber natürlich hatte sie zugelassen, dass es geschah, dumm, wie sie nun einmal war. Er aber wollte sie nicht. Und nun durchquerte sie Isheimur mit einem Mann, für den es auch keinen Unterschied gemacht hätte, wenn sie aus Holz
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