Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song
Wasserflaschen und den Tau beschränken müssen, den wir auffangen.«
Sie schwiegen eine Weile, während Bera ihre Karten ausbreitete. »Wenn wir die Berge dort überqueren, statt sie zu umgehen«, sie zeichnete die Route auf den Karten mit dem Zeigefinger nach, »könnten wir die zehn Tage, die wir sonst noch bis zum See benötigen würden, um vielleicht eine halbe Woche abkürzen. Aber ich befürchte, dass wir es nicht einmal dann schaffen werden.«
Karl wollte ihr widersprechen, verzichtete angesichts ihres körperlichen Zustands aber darauf.
Coeo winkte ihnen zu, ihm zu folgen. »Kommt!«, rief er auf Kasachisch und wiederholte die Aufforderung dann zu Beras Verblüffung in passablem Isheimurisch.
Sie starrte Karl an. »Du hast also nicht nur von ihm Kasachisch gelernt, sondern ihm auch Isheimurisch beigebracht?«
»Richtig«, sagte Karl.
Plötzlich verschwand Coeo in einem schmalen Spalt in der Felswand vor ihnen.
»Sollen wir ihm wirklich da rein folgen?«, fragte Bera unsicher.
»Bisher hat er uns nie in die Irre geführt«, erwiderte Karl.
»Vielleicht hat er ja die ganze Zeit auf eine solche Gelegenheit gewartet.«
»Glaubst du das wirklich?«
Bera schüttelte den Kopf.
Sie folgten Coeo.
Die Luft in dem Tunnel war deutlich wärmer als draußen im Freien und roch ein wenig nach Schwefel. Die Wände waren feucht.
Teitur, der fast bis auf Haut und Knochen abgemagert war, leckte das Kondenswasser dankbar ab. Seine trockene Zunge schabte hörbar über den Fels.
»Es wird immer dunkler«, sagte Bera. »Wir haben doch eine Taschenlampe irgendwo hier in … ah, da ist sie ja!« Als ein Lichtkegel die Dunkelheit vertrieb, stieß Bera ein Keuchen aus. »Sind das da Trollmalereien?«
Karl überließ es Loki, Coeo danach zu fragen.
»Nein«, sagte der Humanoide auf Isheimurisch, und fuhr dann auf Kasachisch fort: »Die Anderen.« Er machte eine Geste, die eindeutig eine Art Ehrerbietung enthielt.
»Andere?« Karl hatte im Laufe der Zeit gelernt, Coeos Körpersprache zu deuten.
Der Humanoide wirkte unbehaglich. »Nicht wie Coeo oder du. Oder wie sie.« Er deutete auf Bera. »Sie können aussehen wie jeder von uns.«
»Wo leben denn diese Anderen?« Karl erinnerte sich wieder an Beras Geschichten über die geheimnisvollen Gestaltwandler.
Wenn die Felsmalereien von den Gestaltwandlern stammen, müssen sie bereits vor den Trollen auf Isheimur gelebt haben, sagte Loki. Und sollte es sich bei ihnen tatsächlich um intelligente Lebewesen handeln, die bei der Ankunft der Pantropisten noch nicht ausgestorben waren, hätten diese durch die Besiedlung des Planeten – zumindest unabsichtlich – ein Verbrechen begangen.
Vielleicht sollten weder die Nachkommen der Pantropisten noch die der Terraformer hier leben, gab Karl stumm zurück. »Coeo glaubt, dass die Bilder von Gestaltwandlern stammen könnten«, sagte er laut zu Bera, die ihn mit erhobenen Brauen fragend ansah. »Oh, und er betrachtet uns mittlerweile praktisch als seinesgleichen. Ist das nicht ein Fortschritt?«
»Hmm«, machte Bera unverbindlich. Sie folgte Coeo tiefer in den Gang hinein, eine Hand in sein Fell gekrallt. Sein Echosonar hallte von den Felswänden wider.
Der unterirdische Pfad erstreckte sich kilometerweit in die Berge hinein. Nach einer Weile wurde es wieder heller. In der Decke des Tunnels klaffte ein etwa handbreiter Spalt, der, wie Karl vermutete, wahrscheinlich bis zur Erdoberfläche verlief und viel zu schmal war, als dass sich einer von ihnen hätte hindurchzwängen können.
Auch auf dem weiteren Weg war die Tunneldecke in unregelmäßigen Abständen von jeweils einigen Hundert Metern von ähnlichen Rissen durchsetzt, durch die etwas Licht fiel, wenn auch nicht so viel, dass Bera ihre Lampe hätte ausschalten können. Aber wenigstens vertrieb sie die absolute Finsternis, die jenseits des kleinen Lichtkegels der Taschenlampe herrschte.
Nach rund einem weiteren Kilometer erreichte sie eine Höhle, die von hellem Tageslicht durchflutet war. »Wasser!«, stieß Bera hervor, zuckte aber zusammen, als sie es mit den Fingerspitzen berührte. »Verdammt, ist das heiß!« Sie begann, die leeren Wasserflaschen vorsichtig aufzufüllen.
Als alle verfügbaren Behälter wieder auf Teiturs Rücken verstaut waren, setzten sie ihren Weg über einen schma len Damm fort, der die Wassertümpel voneinander trennte und so regelmäßig aussah, als wäre er künstlich angelegt worden. Karl hatte in seinem Leben schon zu viele natürlich
Weitere Kostenlose Bücher