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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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huschen. Er wendet sich zum Gehen. »Ich habe sowieso keine Lust, mir noch mehr von dieser kranken, wilden Kreatur anzusehen, selbst wenn sie beinahe übermenschliche Selbstheilungskräfte gezeigt hat. Bei Odins Bart … wenn man bedenkt, dass der Kerl erst gestern aus seiner Starre erwacht ist …!«
    »Hunger ist mein Freund.« Die Worte hallen in deinem Kopf wider, während du die warme, nährstoffreiche Milch trinkst. »Wenn ich abzunehmen versuche, umarme ich meinen Hunger …«
    Du lässt ihre Brustwarzen los, und sie reibt sie.
    Der Idiot, der das gesagt hat, ist mit Sicherheit nie von Hunger verzehrt worden, der wie ein schwarzes Loch in seinem Inneren gewütet hat, das alles in sich aufsaugt und doch immer mehr will, mehr und mehr und mehr …
    »Isheimur ist so kalt und seine Atmosphäre so dünn, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Überleben seiner Kolonie äußerst gering …«
    »Aufhören!«, brüllst du und umklammerst deinen Kopf. Bera versucht hektisch, dich zu beruhigen, träufelt dir Zuckerwasser in den Mund, aber du erstickst fast daran.
    Für eine Weile werden die Stimmen leiser und verstummen beinahe, als hätten sie Mitleid mit dir …
    »Wir werden ihn noch ein paar Tage lang mit unseren Vorräten ernähren«, sagt Ragnar.
    »Du bist immer noch hier?«, fragt Bera. »Ich dachte, du hättest genug von ihm gesehen.«
    Sein Lachen klingt bitter und höhnisch, völlig humorlos. »Ich kann einfach nicht anders. Es verschafft mir zwar kein Vergnügen, ihn zu beobachten, aber von ihm geht so eine Art furchtbare Faszination aus.« Er seufzt. »Wenn er weiter in diesem Zustand bleibt, werden wir ihn nicht zur Arbeit einsetzen können. Das konnte ja auch nur mir passieren, dass ich vermutlich jemanden mit einer ausgewachsenen Psychose gerettet habe. Wenn er schizophren ist, würde das erklären, warum er auf Wanderschaft war.«
    »Schizo…« Bera versucht, das Wort auszusprechen, das ihr eindeutig nicht geläufig ist. Ein Teil von dir würde gern sein steifes Glied in ihr versenken, aber du hast an ihrer Brust genuckelt, und ein anderer Teil von dir analysiert dein Gedächtnis auf moralische Grundsätze hin, um herauszufinden, warum das falsch wäre.
    »Menschen, die unter Schizophrenie litten, wurden in alten Zeiten häufig als besessen betrachtet«, erläutert Ragnar. »Was Persönlichkeitsstörungen tatsächlich sind, hat man erst später begriffen. Höchstwahrscheinlich hat seine Familie eine Weile versucht, für ihn zu sorgen, es dann aber aufgegeben, als es zu anstrengend für sie geworden ist.« Es scheint fast, als führt er ein Selbstgespräch, als er fortfährt: »Die Nahrungsvorräte sind immer so knapp, selbst nach einem guten Sommer, dass wir es uns einfach nicht leisten können, sie einem Behinderten in den Hals zu stopfen, wenn für ihn keine Hoffnung auf Heilung besteht.«
    »Was wirst du tun?«, will Bera wissen, während sie sich zwischen dich und den Mann schiebt.
    Offenbar hat er sie nicht gehört, denn statt ihre Frage zu beantworten, sagt er: »Dieses Klima ist sogar hier in den Tropen so rau, dass selbst das zäheste Getreide terranischer Herkunft nur sehr kümmerlich gedeiht und wir am Rande des Überlebens existieren.«
    »Was meinst du damit?«, fragt Bera. Die Angst in ihrer Stimme reißt deine Aufmerksamkeit von den Schmerzen und dem wirbelnden Wahnsinn der Welt fort.
    Ragnar zuckt die Achseln. »Was wäre gewesen, wenn wir ihn nicht gerettet hätten? Niemand hätte uns einen Vorwurf daraus gemacht, einen Gesetzlosen den Trollen oder Snolpelzen zum Fraß zu überlassen.«
    »Aber du hast ihn nun mal nicht sich selbst überlassen, oder?«, fragt Bera. »Als du ihn hierhergebracht hast, hast du damit die Verantwortung für ihn übernommen.«
    »Jao«, bestätigt Ragnar. »Jeder guten Tat folgt die Strafe auf dem Fuß.«
    »Was willst du jetzt also tun?«, wiederholt Bera. »Ihn zurück in die Berge bringen? Ihn ermorden und seine Leiche in einen Geysir werfen? Ihn essen, wenn wir Hunger leiden?«
    »Sei nicht albern, Mädchen«, knurrt Ragnar. »Vergiss nicht, mit wem du sprichst.«
    »Ich weiß, mit wem ich spreche, mein Gebieter«, sagt das Mädchen. Du registrierst das Zittern von Angst in ihrer Stimme, aber sie lässt nicht locker. »Mit einem Mann, der geschworen hat, die Gesetze und Sitten unserer Vorfahren zu bewahren. Und jetzt redet dieser Mann davon, einen kranken Mann im Schnee liegen zu lassen?«
    »Ich habe es nicht nötig, dass du mich daran erinnerst, wer ich

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