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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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wollten, dass wir uns das Beste aus den alten Gebräuchen heraussuchen, aber nicht an jedem Aberglauben festhalten.«
    »Kann es sein, dass Papa auf seine alten Tage übertrieben nachsichtig geworden ist?«, fragt Salbjerg ihre Freundin. »Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als man einem jungen Ding, das sich hat flachlegen lassen, ohne den Schwanz des Mannes festzuhalten, die Hautschichten einzeln vom Rücken gezogen hätte.«
    »Oder vielleicht ist Papa ja der Papa «, gibt die ältere Frau gehässig zu bedenken.
    Es dauert eine Weile, bis Bera aufblickt und antwortet. »Hast du Angst, dass ich mit deinem Bjarney geschlafen haben könnte, Salbjerg? Deswegen brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Er hat mich nicht einmal flüchtig angesehen. Das kann ich dir versprechen.«
    »Natürlich habe ich mir darüber keine Sorgen gemacht, du Schlampe.« Die Röte, die Salbjerg dabei ins Gesicht schießt, straft ihre Worte Lügen. »Warum sollte mein Mann auch Verlangen nach einem Nichts wie dir verspüren?«
    Du siehst, wie Beras Kiefermuskeln arbeiten, und ein Teil von dir möchte sie beschützen. Sie sollte nicht derart beleidigt werden. Du ignorierst einen Moment lang deine inneren Stimmen und stößt ein kehliges Knurren aus, worauf die beiden Frauen zurückweichen.
    »Ihr solltet jetzt lieber gehen«, sagt Bera. »Bevor Loki noch auf den Gedanken kommt, dass es besser ist, zum Kannibalen zu werden statt zu verhungern. Er könnte sonst ein großes Stück Fleisch aus dir herausbeißen, Salbjerg.«
    Die Frauen verziehen sich unter gemurmelten Verwünschungen, und nachdem sie verschwunden sind, lacht Bera leise. »Meinst du nicht auch, dass ich wie eine Löwin bin, die ihr Junges verteidigt, Loki? Wer hätte der kleinen schwachen Bera wohl zugetraut, derart die Krallen auszufahren?«
    Aber du öffnest wieder deine inneren Schleusen, um die Stimmen in dir hinauszulassen, und umklammerst deinen Schädel. Bera hält dich in den Armen und versucht, dich zu beruhigen.
    Später, nachdem der Geruch nach Verbranntem in deiner Erinnerung allmählich verflogen ist und die Schmerzen bis auf ein fast erträgliches Maß abgeebbt sind, verstummst du.
    Ein Riese mit einem roten Gesicht gesellt sich zu Bera. »Hilf mir, ihn in den Schubkarren zu schaffen, Yngi«, bittet sie.
    Du wimmerst, als du zu stehen versuchst, aber als sie ihren Griff lockern, umklammerst du einen Stützpfosten und hältst dich an ihm aufrecht. Dann fassen sie dich zu beiden Seiten unter den Achseln, führen dich zu dem Schubkarren und verfrachten dich in hinein.
    »Danke, Yngi«, sagt Bera.
    »Was willst du mit ihm machen?«, fragt Yngi.
    »Ihn ins Freie schieben«, erwidert Bera.
    Der Andere bedrängt dich, drückt dich in eine Grube aus Finsternis hinein. Dein Schädel ist nicht groß genug für euch beide. Du stöhnst und presst die Hände gegen die Schläfen. Der Andere ist erwacht, und seine Stimme in deinem Kopf ist die lauteste von allen, als er dich bittet, dir seinen Körper zurückzugeben – als gehörte er ihm, diesem Irren.
    »Sch-sch, ganz ruhig«, säuselt Bera. Sie schiebt den Karren, ächzt vor Anstrengung, und die Welt kippt auf beängstigende Weise seitlich weg. Du würdest gern aus dem Karren herauskriechen, aber deine Anstalten lassen ihn noch stärker schwanken, und auf Beras Drängen hin bleibst du ruhig sitzen.
    »Oh, seht doch!«, ruft die Frau namens Thorbjorg, die früher in der Scheune gewesen ist. »Bera hat sich einen Kinderwagen besorgt! Na, fährst du jetzt dein Baby spazieren?«
    Ringsumher klingt gedämpftes Gelächter auf, doch Hildas Stimme fährt schneidend dazwischen: »Thorbjorg! Sie mag sich ja einen Fehltritt geleistet haben, aber keine Frau, die gerade erst ihr Kind verloren hat, verdient es, so verspottet zu werden!«
    Thorbjorg zieht einen Schmollmund.
    »Was machst du da, Bera?«, will Hilda wissen.
    »Er ist ständig hungrig«, erklärt Bera. »Und dann ist mir eingefallen, dass es draußen jede Menge Flechten gibt, die er essen kann.«
    Deine Welt dreht sich, und Bera stößt einen Laut aus, der halb Schrei, halb Lachen ist. »Ah, er kippt um!«
    Das Gras duftet würzig und ist saftig, und da du schon einmal flach auf dem Bauch liegst, rupfst du es mit den Zähnen aus. »Iss das nicht, Loki«, sagt Bera. »Du kannst kein Gras verdauen. Jetzt komm schon, hör auf damit!«
    Ein Geräusch erweckt einen kurzen Moment lang deine Aufmerksamkeit. Ein Mann, dessen Namen du nicht kennst – er ist bisher nie in der

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