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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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Süden ziehst.«
    Karl nickte. »Danke.«
    Thorir zuckte erneut die Achseln. »Du brauchst mir nicht zu danken. Dieser alte Bastard macht mir das Leben zur Hölle. Ich weiß, dass es nicht an mir liegt. Ganz egal, wer auch immer seine kostbare Hilda geheiratet hätte, nie mand könnte gut genug für ihn sein. Der elende alte Bastard! Wie lautet noch mal das alte Sprichwort? ›Der Feind meines Feindes ist mein Freund.‹ Und du, Mr. Utlander bist so ziemlich der beste Freund, den ich habe, seit du bei uns gelandet bist, und wenn auch nur, weil es mit dir jemanden gibt, den Ragnar noch mehr hasst als mich.«
    »Danke«, wiederholte Karl. »Aus welchem Grund du das auch immer tust, du gibst mir damit eine Chance, zu meiner Frau und meinem Kind zurückzukehren.«
    »Nicht der Rede wert. Alles, was dem alten Sack Kummer bereitet, bereitet mir Freude.« Thorir kicherte leise. »Jetzt muss ich nur noch Yngi überreden, morgen mit mir die Schicht zu tauschen, ohne dass irgendwer etwas davon erfährt. Dann verschaffe ich mir gleich zwei Vergnügen auf einmal: Ich mache den Alten stinkwütend und sorge gleichzeitig dafür, dass sein saudummer Sohn jede Menge Ärger kriegt.«
    »Nein«, sagte Karl. »Halte Yngi aus der Sache raus.«
    »Kann ich nicht. Ragnar, der alte Bastard, hat die Schich ten selbst eingeteilt. Die beste Chance für eine Flucht hast du, wenn du morgen früh abhaust. Wenn du gleich mit dem ersten Tageslicht verschwindest, hast du einen ganzen Tag Vorsprung.«
    »Ragnar wird vorher wieder nüchtern werden«, wandte Karl ein.
    Thorir schüttelte den Kopf. »Sobald er aufwacht, wird er sich das nächste Bier oder mehr Wein reinschütten. Du weißt nichts über nordische Säufer; wir trinken nicht, um gesellig zu werden. Wir trinken, um das Licht in unseren beschissenen Köpfen auszuknipsen. Ragnar hat das nächste Glas bereits direkt in Reichweite stehen, damit er nicht einmal aufstehen muss, sobald er wieder aus seinem Rausch erwacht.«
    »Dann, schätze ich, werde ich mich wohl mit dem Morgengrauen aus dem Staub machen«, murmelte Karl. Das ließ ihm nur wenig Zeit, um nachzudenken und sich zu überlegen, wie er das stehlen konnte, was er benötigen würde. Die Dinge waren außer Kontrolle geraten. Er hatte gehofft, ausreichend Zeit zu finden, um diverse Gegenstände zusammenzusammeln und seine Schritte ordentlich zu planen, aber Ragnars Engstirnigkeit schob dem einen Riegel vor.
    Das und die Tatsache, wie ihm schmerzlich bewusst wurde, dass er einen Mann, der sich so grundlegend von seiner zivilisierten avalonischen Lebensweise unterschied, völlig falsch eingeschätzt hatte.
    »Greif zu oder lass es bleiben, mein neuer bester Freund«, sagte Thorir, zog die Tür hinter sich zu und rammte den Riegel wieder ins Schloss.
    Obwohl es in dieser Nacht zum ersten Mal seit seiner Ankunft richtig dunkel wurde, schlief Karl schlecht. Er erinnerte sich vage daran, dass Bera ihm irgendetwas über die Konstellation der Sonnen erzählt hatte, die einige Nächte lang für völlige Dunkelheit sorgen würde. Offensichtlich hatte diese Phase gerade begonnen. Trotzdem schreckte er alle ein bis zwei Stunden aus dem Schlaf hoch. Jedes Mal überprüfte er die Tür, doch sie war immer noch verschlossen.
    Schließlich sickerte das erste Licht des Tages durch das Fenster des Schuppens. Kurz darauf hörte er ein leises Quietschen, als der Bolzen des Türschlosses zurückgezogen wurde.
    »Warte noch ein paar Minuten!«, zischte Thorir.
    Karl zählte stumm bis 300, bevor er auf Zehenspitzen in den eisigen Morgen hinausschlich, der mit jeder Minute heller wurde. Deltasol stand bereits am Himmel, und die größere Gamasol schob sich gerade über den Horizont.
    Irgendwo in der Ferne vernahm er ein dumpfes Grollen, und er brach beinahe in Gelächter aus, als er begriff, dass es sich dabei um Schnarchgeräusche handelte, die durch die schlecht schallisolierten Wände des Hauses drangen. Entweder das, oder irgendjemand schlief bei offenem Fenster, was er für eher unwahrscheinlich hielt. Er schlich weiter auf den Hof hinaus und hielt inne, als eine dünne Eisschicht unter seinen Stiefeln vernehmlich knirschte. Dann hörte er hinter sich ein Zischen aufklin gen, und er erstarrte. Mit heftig klopfendem Herzen drehte er sich langsam um.
    Bera stand ein paar Meter entfernt auf dem Hofplatz, die Hände in die Hüften gestemmt, ein schwaches Lächeln auf den Lippen. Karl entspannte sich wieder. Sie huschte zu ihm und baute sich direkt vor ihm auf.

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