Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
Vom Netzwerk:
während zu Hause ein Kind, nach dem du dich jahrelang gesehnt hast, jederzeit geboren werden könnte. Wenn ich geahnt hätte, worauf ich mich da einlassen würde, hätte ich meine Familie nie verlassen, um diese letzte Reise zu machen.« Er seufzte. »Aber die Kolonis ten auf Anderson brauchten das Neutronium so dringend, dass sie bereit waren, den dreifachen Preis und dazu noch einen Bonus für die Expresslieferung zu zahlen. Deshalb habe ich beschlossen, eine Abkürzung durch das Mizar-System zu nehmen.« Er fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht, als könnte er so die Erinnerung fortwischen.
    »Ich werde mit Papa sprechen«, versprach Arnbjorn. »Ich bezweifle zwar, dass er es sich anders überlegen wird, aber ich werde mein Bestes versuchen.«
    »Danke«, sagte Karl am nächsten Tag. Er musste sich auf die Lippen beißen, um beim Anblick von Ragnars Kostüm nicht in schallendes Gelächter auszubrechen, aber während ihm die Aufmachung absurd erschien, besaßen die Wikingerrüstung und der Helm für den Gothi vermutlich eine nahezu heilige Bedeutung.
    Das Tablett enthielt das gleiche Essen aus Brot, Fleisch und Bier wie am Vortag, doch diesmal lag ein Zweig mit Beeren auf dem Fleisch, wahrscheinlich als Vorbeugung gegen Skorbut.
    »Wie ich höre, möchtest du hier raus«, sagte Ragnar.
    Karl nickte, während er auf einem Bissen Hammelfleisch herumkaute.
    »Ursprünglich hatte ich vor, dich erst nach dem Erntefest freizulassen. Deshalb haben wir dir übrigens auch das Bier gebracht. Ich dachte, es wäre gut, wenn du so an der Feier teilnehmen kannst, wenn auch nicht draußen zusammen mit uns.« Ragnar schwieg einen Moment lang. »Solltest du allerdings bereit sein, mir Gefolgschaft zu geloben …«
    Er will dich nur provozieren, dachte Karl und zwang sich weiterzuessen. Selten hatte er einen Mann getroffen, der einen anderen derart erfolgreich auf die Palme bringen konnte. »Reicht es dir denn nicht, mich hier gefangen zu halten?«, fragte er mit ruhiger Stimme. »Möchtest du mich jetzt auch noch versklaven?«
    »Nicht versklaven, Mann! Sklaven werden nicht entlohnt, Bedienstete dagegen schon. Nenn es einen Vertrag, wenn dir das lieber ist. Schließt ihr auf deiner Welt etwa keine Verträge?«
    »Bei uns gibt es allerdings Gesetze, die verhindern, dass Verträge zu einseitig ausfallen«, erwiderte Karl, nach dem er den Rest des Fleischs runtergeschluckt hatte.
    Ragnars Nasenflügel blähten sich. »Du hast mir mehr Ärger als eine ganze Armee von Trollen, Snolpelzen und bösen Nachbarn bereitet. Da könntest du als Gegenleistung wenigstens einen Eid leisten!«
    »Ärger? Wie denn? Alles, was ich getan habe, war hier abzustürzen, eine Weile im Koma zu liegen und dann den Wunsch zu äußern, nach Hause zurückzukehren.«
    »Du hast die Frauen gegeneinander aufgehetzt! Jetzt muss ich kostbare Zeit, die ich lieber mit der Leitung des Hofes verbringen würde, damit vergeuden, ihre Streitereien zu schlichten. Meine Söhne sind unglücklich, weil ihre Frauen unzufrieden …«
    »Ist es etwa meine Schuld, wenn auf deinem Gehöft so klaustrophobische Zustände herrschen, dass die Anwesenheit eines Fremden alles durcheinanderbringt? Das hört sich für mich eher so an, als wäre ich ein Symptom und nicht die Ursache der aktuellen Probleme.«
    »Bevor du aufgetaucht bist, waren alle hier völlig zufrieden!«
    »Dann sollten sich die Dinge doch bestimmt umso schneller wieder normalisieren, je eher ich von hier verschwinde, oder?«
    »Und meine Leute würden mir vorwerfen, dass ich dich in den Tod geschickt habe, du Trottel! Schwör einen Eid, dass du bis zum Frühjahr bei uns bleibst, damit hier wieder Normalität einkehren kann.«
    Der Vorschlag war verführerisch, aber eines daran machte Karl Sorgen. Ragnar war einfach viel zu sehr darauf erpicht, ihn den Eid schwören zu lassen, was in Karl den Verdacht aufkeimen ließ, dass Ragnar ihn aufgrund seines ungeklärten gesetzlichen Status eigentlich gar nicht festhalten durfte – oder sich seiner Sache zumindest nicht sicher war. Doch wenn er ihm den Eid leistete und ihn später brach, beging er damit dann womöglich ein Verbrechen? Er durchforstete seine chaotischen Erinnerungen nach irgendwelchen Informationen, aber das war in etwa so, als versuchte man, im Dunklen eine bestimmte Karte zu ertasten. Eine Schrödinger-Situation, dachte er. Auch wenn keine spezifischen Gesetze für einen bestimmten Fall existieren, kann ein Mann aufgrund des Stands der Dinge sein eigenes

Weitere Kostenlose Bücher