Gesucht - Ein Lord zum heiraten
nicht?“
„Weil …“ Weil sie sich nicht vorstellen konnte, wo er das Geld dafür herhaben sollte. Und darüber hinaus war er der letzte Mensch, den sie in dem alten Anwesen sehen wollte, in das sie sich auf den ersten Blick verliebt hatte: Es hatte sich trotz der überwucherten Gärten und bröckelnden Mauern eine solide Würde bewahrt. Die dort stehende vernachlässigte Kapelle mit ihrem winzigen ummauerten Garten war das Romantischste, was man sich vorstellen konnte. Es gab auch Gerüchte darüber, dass Geheimgänge auf dem Gelände existierten, die vom Haus zur Kapelle und sogar bis an die darunterliegende Küste führen sollten. Chloe war entzückt gewesen, als Arbeiter kurz nach ihrer Ankunft auf Falconcliff damit begonnen hatten, das Dach und die Wände zu reparieren. Die Identität des Käufers blieb unbekannt, obwohl im Dorf unzählige Vermutungen angestellt wurden, wer er sein könnte. „Ein solches Haus würde ihm gewiss überhaupt nicht gefallen. Sie irren sich sicher. Ich muss jetzt wirklich Belle suchen.“
„Du kommst doch morgen zu mir, nicht wahr?“, hielt Lydia sie auf. „Denk daran, wir wollen die Tänze für den Ball der Havershams üben. Mr. Rushton wird ebenfalls da sein“, fügte sie hinzu und bedachte den jungen Mann mit einem strengen Blick.
„Allerdings. Indes muss ich nun meine Verabredung zum Kartenspiel einhalten.“ Mr. Rushton verbeugte sich und schlenderte davon.
„Du kommst doch, nicht wahr, Chloe? Hast du Sir Preston nicht versprochen, ihm den Walzer beizubringen?“
„Oh ja.“ Wie hätte sie das vergessen sollen, wo sie so viel Zeit damit verbracht hatte, etwas über Landwirtschaft zu lesen, damit sie Sir Preston mit ihrem neu erworbenen Wissen beeindrucken konnte.
„Meinst du, Lord Salcombe würde sich uns anschließen?“
„Lord Salcombe?“ Chloe starrte nun Lydia an. „Höchstwahrscheinlich nicht. Er findet einen solchen Zeitvertreib sicher zu langweilig.“
„Vielleicht könntest du ihn fragen. Ihr seid schließlich verwandt.“
„Wir sind allenfalls angeheiratete Verwandte.“ Auch wenn sie Belle als Schwester betrachtete, so war diese in Wahrheit doch nur ihre Schwägerin, weil sie in erster Ehe Chloes Halbbruder Lucien geheiratet hatte.
„Fragst du ihn trotzdem?“
„Vielleicht“, erwiderte Chloe unbestimmt. Ihr war ganz und gar nicht wohl bei der Vorstellung, dass Brandt sie mit seinen sarkastisch blitzenden Augen beobachtete, während sie versuchte, sich mit Sir Preston über Landwirtschaft zu unterhalten.
Sir Preston schien tatsächlich im Kartenzimmer zu sein – jedenfalls konnte sie ihn nirgends entdecken. Sie hörte ihren Namen, drehte sich um und sah Lady Kentworth, Sir Prestons Mutter, vor sich, das dicke Gesicht zu einem Lächeln verzogen. „Meine liebe Lady Chloe! Wie entzückend, Sie zu treffen. Haben Sie meinen Sohn gesehen? Nein? Dann ist er sicher im Kartenzimmer. Ich hoffe, er lässt sich wenigstens zu einem Tanz überreden. Vielleicht mit Ihnen, Sie sind doch so gute Freunde geworden.“ Sie gab Chloe keine Möglichkeit, darauf zu antworten, und plapperte mit ihrer lauten Stimme weiter, bis sie endlich erklärte, sie wolle eine Runde Karten spielen. Sie bestand darauf, dass Chloe Sir Preston unbedingt begrüßen müsse, und so kam es, dass Chloe Lady Kentworth ins Kartenzimmer begleitete.
Der Raum, den man für die Kartenspiele reserviert hatte, war klein und stickig. Es war Chloe peinlich, wie Lady Kentworth sie zwischen den eng beieinanderstehenden Tischen hindurchführte. Mehrere Anwesende sahen auf, als sie an ihnen vorbeikamen, unter anderem Lady Haversham, die ihr einen mitleidigen Blick zuwarf. Als sie bei Sir Preston stehen blieben, wäre Chloe am liebsten davongelaufen. Er saß mit zwei anderen Gentlemen am Tisch. Mr. Blanton und –
Brandt.
„Preston, mein Junge. Lady Chloe ist hier.“
Die Männer blickten hoch. Chloe spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, als Brandt sie musterte. „Lady Chloe. Möchten Sie sich zu uns gesellen? Oder wollten Sie mich an unseren Tanz erinnern?“
Den Tanz? Den hatte sie vollkommen vergessen. „Ich wollte nur ein wenig zuschauen.“
„Vielleicht möchte Lady Chloe gerne eine Runde spielen. Sir Preston hat es ihr nämlich beigebracht, wissen Sie“, verkündete Lady Kentworth.
„Nein danke, ich muss wirklich gehen und …“
Sir Preston sah sie an. Ein Lächeln erhellte sein angenehmes, kantiges Gesicht. „Ich würde mich freuen, wenn Sie sich zu uns
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