Gesund durch Meditation
vermag.
Es wäre aber sicher ungerecht, die Grenzen medizinischen Vermögens dem einzelnen Arzt anzulasten. Im Grunde genommen gibt es bis heute kaum wirksame Therapien für chronische Krankheiten, obwohl diese in unserer Gesellschaft eine Hauptursache für körperliches Leiden, Invalidität und Tod sind. Und daran wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern. Es ist also ratsam, ihnen so gut wie möglich vorzubeugen, auch wenn das sicherlich leichter gesagt als getan ist. Echte Vorsorge, zu der eine Umstellung der Lebensgewohnheiten und auch eine Überprüfung der sozialen Prioritäten gehören würden, bleibt eine ständige Herausforderung.
Ärzte erfuhren in ihrer Ausbildung bis vor kurzem wenig oder gar nichts darüber, wie sie ihre Patienten dabei anleiten können, von ihren inneren Ressourcen Gebrauch zu machen, oder wie sie umgekehrt, ohne es zu wollen, als Ärzte diesem inneren Potenzial und damit dem besten Verbündeten, den der Patient im Heilungsprozess hat, möglicherweise sogar entgegenarbeiten.
Allzu oft führt die von der Differenzierung der wissenschaftlichen und technologischen Methoden geprägte Sicht von Krankheit in der schulmedizinischen Praxis dazu, dass der Patient als seelenloses Objekt betrachtet wird. Angesichts des übermächtigen medizinischen Fachwissens scheint es, als könnten der Beitrag des Patienten, seine eigenen Kenntnisse, seine Mitarbeit und sein Mitwirken nur von untergeordnetem Wert sein. Wenn ein Arzt seinen Patienten übergeht oder bevormundet und ihm dadurch das Gefühl gibt, unqualifiziert zu sein, oder wenn er die Gefühle des Patienten einfach ignoriert, dann liegt eine eklatant unzureichende medizinische Versorgung vor.
Ein wesentlicher Leitsatz der klassischen Medizin, 1925 erstmals von Francis W. Peabody in einer Vorlesung vor Harvard-Studenten formuliert, lautet: »Das Geheimnis in der
Versorgung
des Patienten liegt darin, für ihn
Sorge zu tragen.
« Dieses Verständnis der Aufgabe des Arztes muss in den Gesundheitsberufen noch viel mehr als bisher ins Bewusstsein dringen. Idealerweise ist die Begegnung zwischen Arzt und Patient eine Begegnung auf Augenhöhe, in die beide Seiten wichtige Kompetenzen einzubringen haben, die gleichermaßen bedeutsam für den Heilungsprozess sind, ein Prozess, der schon beim ersten Zusammentreffen und noch vor der Diagnose beginnt.
Oft muss ein Arzt zunächst selbst in die Lage des Patienten kommen, um vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben die vielen kleinen und größeren Taktlosigkeiten, den ganzen Mangel an Sensibilität wahrzunehmen, mit dem man als Patient im ärztlichen Versorgungssystem konfrontiert ist und der den Menschen seiner Würde und Selbstbestimmung beraubt. Und wenn dies selbst Ärzten widerfährt, die die Abläufe ja viel besser kennen als die meisten anderen, lässt sich leicht nachvollziehen, wie verunsichert ein Mensch sein muss, dem das Wissen und der Einblick fehlen, um einordnen zu können, was mit ihm geschieht.
Wer ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt und sich damit in der Rolle des »Patienten« wiederfindet, ist psychisch oft in einer besonders labilen Verfassung, da er sich natürlich Sorgen um Schwere und Folgen seiner Erkrankung macht. Die meisten von uns befinden sich gegenüber ihrem Arzt in einer Position der absoluten Unwissenheit und fachlichen Inkompetenz, obwohl es ja der eigene Körper ist, um den sich hier alles dreht. Und so reagieren wir äußerst sensibel auf jede Äußerung (und nicht zuletzt auch auf die nonverbalen Botschaften) unseres Arztes. Sie können viel zum Gesundungsprozess beitragen, diesen aber ebenso vollständig unterminieren, wenn der Arzt sich der Wirkung seines Auftretens und seiner Mitteilungen auf den Patienten nicht bewusst ist.
Besonders deutlich wird dies an einer Geschichte, die Bernard Lown [10] , ein renommierter Herzspezialist am Brigham and Women’s Hospital der Harvard Medical School, erzählt hat. Während seiner Facharztausbildung ist er Zeuge des folgenden Vorfalls geworden:
»Es ist ein Erlebnis, bei dem mir noch heute ein Schauer über den Rücken läuft, wenn ich daran zurückdenke. Vor ungefähr dreißig Jahren hatte ich ein Postdoktorandenstipendium bei S.A. Levine, Professor in der Kardiologischen Abteilung der Harvard Medical School und im Peter Bent Brigham Hospital. Er war eine imponierende Persönlichkeit, ein hervorragender Menschenkenner, verfügte über eine präzise Ausdrucksweise und war mit einem kolossalen Gedächtnis gesegnet.
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