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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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lächerlicher Schnitzer unterlief, hatte er alle Chancen, den Saal als qualifizierter Arzt zu verlassen.
    «Ich wußte nicht, daß Sie Cricket spielen», stellte Sir Lancelot stirnrunzelnd fest.
    «Ich fand nur, daß die Krawatte recht gut zum Hemd paßt, Sir.»
    «So, so. Nun, Mr. Chipps, Sie können das Spiel damit eröffnen, daß Sie sich diesen grauhaarigen Herrn dort ansehen. Jenen Herren mit dem kamelhaarfarbenen Dressing-Gown, der den Daily Minor liest.»
    So ein Glück! dachte Pip. Schon befand er sich auf dem Weg zum Erfolg. Er beschloß, sein Wissen möglichst effektvoll zu verkaufen. «Ich glaube, schon von hier aus zumindest eine Diagnose stellen zu können, Sir.»
    «In der Tat?» fragte Sir Lancelot interessiert.
    Nonchalant auf seinen Patienten zuschlendernd, zog Pip einen Stift aus der Brusttasche von Tonys weißem Mantel, und während er den Patienten energisch am Scheitel packte, stieß er wortlos das Ende des Stiftes fest in dessen rechtes Auge.
    «Auuuuuuuu!» kreischte der Patient. «Wollen Sie mich blenden, Sie verdammter Irrer?»
    «Verlassen Sie sofort den Saal, Sie infantiler Ödipus!» brüllte Sir Lancelot.
    «Oh, verflucht», murmelte Pip. «Es war offenbar das falsche Auge.»
    «Lieber Alfred, ich muß mich bei Ihnen entschuldigen», wandte sich Sir Lancelot hastig an den Patienten. «Leider besteht immer die Gefahr, daß ein Student durch den Prüfungsstreß aus dem Gleichgewicht gerät —»
    «Aus dem Gleichgewicht gerät?» wiederholte der Mann im kamelhaarfarbenen Dressing-Gown, der noch immer schmerzverkrümmt herumhopste und sich dabei das Auge zuhielt. «Der ist nicht aus dem Gleichgewicht geraten! Der ist ein augewachsener, perfekter Sadist. Der würde mir eher einen schweren körperlichen Schaden zufügen, als mich -»
    «Entschuldigen Sie, ich—» begann Pip.
    «Schwester, rasch einen ophthalmischen Verband», rief Sir Lancelot, da diese gerade herbeigeeilt kam, um nach den Ursachen der Aufregung zu forschen. «Lassen Sie mich bitte das verletzte Organ in Augenschein nehmen», wandte er sich besorgt an den Mann und sah ihm ins Gesicht. «Soweit ich es jetzt beurteilen kann, handelt es sich glücklicherweise nicht um einen Dauerschaden.»
    «Es tut mir wirklich außerordentlich leid», entschuldigte sich Pip.
    «Hinaus mit Ihnen», zischte Sir Lancelot wütend.
    «Heißt das, daß ich durchgefallen bin?» erkundigte sich Pip.
    «Zum Teufel, was ist hier los?» fragte der Institutsvorstand, der im Ärztemantel hereingeflattert kam. «Hat einer der Patienten einen Anfall?»
    «Diese Geißel der Menschheit betrat den Prüfungssaal und begann ihr Opfer sofort mit einem scharfen Instrument zu attackieren», klärte Sir Lancelot ihn auf.
    Der Institutsvorstand verzog seinen Mund zu einem dünnen Lächeln. «Das klingt ganz nach dem Verhalten eines typischen Chirurgen. »
    «Jetzt ist nicht die Zeit, Witze zu machen», fuhr ihn Sir Lancelot an. «Dieser Narr hätte genausogut das eine noch gesunde Auge des Patienten für immer ruinieren können. Und noch schlimmer, er hätte damit dem Spital unvorstellbaren Schaden zufügen können.»
    Das Lächeln verschwand von den Lippen des Vorstands. «Wie wahr! Es ist schon schlimm genug, daß die Patienten reihenweise Klagen einreichen, wenn sie sich am Damebrett der Station einen Span unter den Nagel gerissen haben. Wir müssen uns höher versichern lassen als ein Jumbo Jet. Wobei die Richter unbekümmert mit unserem schwerverdienten Geld um sich werfen. Sie schwelgen in Schadenfreude, wenn sie uns Ärzten eins auswischen können. Verliert einer seinen Geruchssinn, dann kann er eine Weltreise buchen, verliert einer seinen Arm, kann er sich bis zu seinem Tod ein vergnügtes Leben leisten. Wir sind für unser Volk eine Quelle unerschöpflichen und unerwarteten Reichtums - ah, Sie sind es, Chipps. Das hätte ich mir denken können», erinnerte er sich des Prüflings.
    «Dieser Schwachsinnige hat glücklicherweise die Kornea verfehlt», sagte Sir Lancelot, noch immer das Auge des Opfers betrachtend. «Doch das eine und einzige Auge muß mindestens vierzehn Tage lang unter dem Verband bleiben, und Sie sind infolgedessen zu völliger Dunkelheit verurteilt, lieber Dimchurch. Um so peinlicher, als Sie sich aus bloßer Bewunderung für unseren edlen Beruf freiwillig zur Verfügung gestellt haben.»
    «Sie haben der gesamten Menschheit einen segensreichen Dienst erwiesen», tröstete der Vorstand den Patienten. «Ich kann Ihnen versichern, daß dieser

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