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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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erhalten.»
    «Und Sie schämen sich gar nicht?» fragte Pip unwillkürlich.
    «Wieso schämen? Im Winter ist’s im Kittchen nicht kalt, im Sommer nicht besonders heiß. Mehr ist nicht dran.» Er fügte in rauherem Ton hinzu: «Du mußt deine affektierte Mittelstandseinstellung ablegen, wenn du unter uns arbeiten willst, Kamerad.»
    «Ich versichere Ihnen, daß ich überhaupt keine Einstellung habe», beeilte sich Pip zu versichern. «Ich hab mich sehr bemüht, zu einer gelockerten Lebensauffassung zu gelangen und habe deshalb eine Menge Bücher von Freud und Jung gelesen. Ich nehme jeden Menschen, wie er ist. Das tun übrigens die meisten Mediziner. Sogar Sir Lancelot.»
    «So ist’s richtig», stimmte Harold nachdenklich zu. «Was die Eingeweide anlangt, sieht ein Mensch aus wie der andre.»
    «Es ist nur, weil ich in meinem wohlbeschirmten Leben noch nicht viele Leute kennengelernt habe, deren Väter im Gefängnis sitzen.»
    «Na so was! Ich hab ja gleich den Eindruck gehabt, daß du ein erstklassiger Kerl bist», sagte Harold anerkennend. «Wie du dich zum Beispiel von Sir Lancelot und dem ganzen Pack schikanieren hast lassen. Wär ich an deiner Stelle gewesen, ich hätt dem Sir schon längst einen Tritt in den Hintern gegeben.»
    Sie schoben den Wagen durch eine Doppeltür in das kühle, stille, gekachelte Innere der Leichenkammer; säuberlich in Laken eingehüllt lagen aufgereiht, die es überstanden hatten. «Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor», sagte der einzige Lebende, der sich außer Pip und Harold in diesem Raum befand.
    «Ich war bis jetzt einer von den Studenten.»
    Pip erkannte im Braunmantel den jungen Forfar McBridie, einen vor kurzem aus Glasgow eingetroffenen Leichenträger. Forfar hatte Sommersprossen und eine gefurchte Stirn wie jeder Schotte, der seine Heimat noch nicht lange verlassen hat -, gefurcht vom Argwohn, daß man ihn beschwindeln oder, noch schlimmer, zum besten halten wolle.
    «Wer hat denn den da auf dem Gewissen?» fragte er, auf den Rollwagen deutend.
    «Das ist einer von Sir Lancelots Patienten», teilte ihm Harold mit.
    «Dann hat er nicht mehr viel Interessantes in ihm drin gelassen», knurrte der Schotte.
    Als sie mit leeren Händen in den Korridor hinaustraten, sagte Pip zu Harold: «Jetzt sollte ich wohl in den Gemeinschaftsraum gehen und auf weitere Aufträge warten?»
    «Hier sind wir schon, Guter.» Er stieß die Tür zu einem großen Raum mit niederer Decke auf, dessen Zementboden mit Bänken bedeckt war und in dessen von Rauchschwaden vernebelter Luft der Geruch von Schweißfüßen hing. Die Szene erinnerte Pip an die Zuschauertribüne eines ländlichen Cricketplatzes an einem schläfrigen Nachmittag. Männer mit aufgeknöpften braunen Mänteln und aufgeknöpften Hemden lagen oder lümmelten herum, pafften Rauchwolken, lasen Zeitungen oder Taschenbücher, spielten Karten, tranken Tee oder Bier, schliefen oder plauderten und lauschten den drei bis vier Programmen, die ihren Radios entströmten. Nach angestrengtem Spähen durch den Nebel schätzte Pip, daß hier an die hundert seiner neuen Kollegen ihren Arbeitstag vertrödelten. Er runzelte die Stirn. «Warten die da alle auf dringende Aufträge im Hause?»
    «Frag nicht so idiotisch. Du kannst hier Tage—ja Wochen, wenn du gerissen bist - verbringen, ohne daß sich einer drum schert. Du brauchst deinen Hintern nur zu heben, um deinen Lohn und deinen Tee zu kassieren.»
    «Aber Mr. Grout in der Kanzlei sagte, es läuft hier alles nach einem unerhört ausgeklügelten System ab -»
    «Jetzt nimm einmal Vernunft an», belehrte Harold ihn mitleidig. «Das hat auf dem Papier sicherlich prächtig ausgesehen. Viele Pläne nehmen sich auf dem Papier prächtig aus. Wie man Wetten gewinnt, wie man Kriege gewinnt.» Er tippte auf seine Stirn. «Man vergißt aber dabei das menschliche Element. Kapiert?»
    Alle Anwesenden standen plötzlich auf, warfen ihren Lesestoff oder ihre Spielkarten auf den Boden und bewegten sich auf die Tür zu. «Was ist los?» fragte Pip atemlos. «Ein ganz dringender Notfall?»
    «Teepause.»
    «Aber viele von den Leuten haben doch soeben Tee getrunken», gab Pip zu bedenken.
    «Egal», erklärte Harold im selben Ton wie früher. «Es ist drei Uhr. Teepause. Wir haben ein Recht darauf. Es steht in unserem Vertrag. Unsere Gewerkschaft hat dafür gekämpft.»
    «Aber wenn man gar nicht Lust auf eine Tasse Tee hat? Ich finde, es ist zu früh für Tee. Meinen Tee trink ich im allgemeinen um sechzehn

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