Gesundheit, Herr Doktor!
Patient könnte leicht mit einem Vierzigstel Krankenträger sein Auslangen finden, statt wie bisher mit einem Zwanzigstel.»
«Lieber junger Mann!» - Mr. Clapper, der sich den verschiedenartigsten Emotionen ausgeliefert sah, entschied sich für leidvolle Toleranz. — «Sie beginnen ja noch nicht einmal zu ahnen, wieviel Forschungsarbeit, Mühe, administrative Erfahrung, Zeit und Intelligenz für solche Betriebsstudien aufgebracht werden müssen. Dies alles liegt offenbar außerhalb der Reichweite eines Menschen von Ihren begrenzten Fähigkeiten und Ihrer beschränkten Bildung, wenn ich so sagen darf.»
«Aber das alles ist doch so einfach», gab Pip zurück. «Beginnen Sie damit, alle Träger, die im Gemeinschaftsraum sitzen, hinauszuwerfen. Sagen wir, einhundert. Statt dessen stellen Sie eine kleine Staffel erfahrener Krankenträger zusammen, die keine andere Aufgabe hat, als dorthin zu eilen, wo sie gerade dringend gebraucht wird. Ich bin während dieser ganzen Nacht über den Berichten Ihres Obmanns gesessen und habe sie bis zu dem Tage studiert, an dem er im Vorjahr verschwunden ist —»
«Verschwunden? Davon weiß ich nichts. Das ist doch unmöglich.»
«Und ich habe herausgefunden, daß die Träger im Durchschnitt insgesamt zu zehn Komma fünfundsiebzig Notfällen, also zu weniger als einem einzigen in zwei Stunden, gerufen wurden. Jeder Fall benötigte durchschnittlich fünf Männer und dauerte durchschnittlich zwanzig Minuten, so daß nach einer einfachen Kopfrechnung, drunten im riesigen Aufenthaltsraum fünf Träger nicht mehr als drei Stunden von vierundzwanzig müßig sitzen, während alle übrigen dort in absolutem Müßiggang herumlungern.»
Pip wartete geduldig auf eine Stellungnahme. Doch Mr. Clapper schien für Statistik nichts übrig zu haben. «Wollen Sie sich gefälligst entfernen?» fragte er eisig.
«Sind Sie denn gar nicht daran interessiert?» fragte Pip verwundert.
«Ihre Funktion im Spital besteht darin, die Mitglieder der OHA zu vertreten, und nicht, mir meine Arbeit zu erklären.»
«Ich wollte Ihnen doch nur helfen —»
«Wir befinden uns in einem Krankenhaus, Chipps. Vielleicht verstehen Sie das nicht - doch ist dies ein Ort, an dem die Einmischung eines Ignoranten gefährliche, wenn nicht verhängnisvolle Folgen haben kann.»
«Aber wollen Sie meinen Vorschlag nicht einmal durchlesen?» fragte Pip klagenden Tonfalls.
«Sie können, wenn Sie durchaus wollen, Ihre Ergüsse bei Mr. Grout zurücklassen.» Mr. Clapper machte eine Handbewegung, als wollte er Wasser von seinen Fingerspitzen wegschleudern. «Ich möchte Ihnen noch in Erinnerung bringen, daß nicht einmal Vertrauensleute vor Entlassungen sicher sind, wenn sie sich in Angelegenheiten einmischen, die über ihr Fassungsvermögen hinausgehen. Guten Tag.»
Pip war anfangs mehr verblüfft als gekränkt. Er verließ die Verwaltungskanzlei und stieg in den Personallift ein, der ein halbes Dutzend anderer Träger mit sich führte, des weiteren die Frühstücksreste mehrerer Stationen, ein arrogantes Mädchen mit dem Büchereiwagen, einen Mann, der pfeiferauchend Zeitungen verkaufte und eine Schwester, die eine hochschwangere, stöhnende Frau in einem Rollstuhl betreute. Plötzlich überkam ihn heftiger Ärger über die anmaßende Ablehnung eines Plans, der dem St. Swithin und dem Volksgesundheitsdienst viele Tausende Pfund erspart hätte; wieviel Sorgfalt hatte er doch in Faiths Bude auf die Ausarbeitung dieses Plans verwandt, bevor sie beide erschöpft in Schlaf gesunken waren! Auf den Stationen herrschte viel mehr Aufgeschlossenheit, stellte er fest. Wenn der bescheidenste Student eine Diagnose in Frage zu stellen oder eine Behandlungsmethode zu ändern wagte, wurde er hierzu eher ermuntert als zu Boden geschmettert. Sogar Sir Lancelot, fiel Pip ein, würde brummend, aber großmütig erklären: «Naja, ein junger Hund wittert oft ein Kaninchen rascher als ein alter.» In diesem Augenblick betrat zu Pips Bestürzung Sir Lancelot persönlich und voll von augenscheinlicher Ungeduld den Aufzug.
Sir Lancelot bemerkte seinen ehemaligen Prüfling nicht, wandte vielmehr seine Aufmerksamkeit einem kleinen, grauhaarigen, mageren und schäbigen Farbigen in rotgestreiftem Pyjama und hauseigenem Frotteeschlafrock zu. Der Farbige hatte sich in den Lift noch rasch hineingezwängt, als sich die Flügeltür schon zu schließen begann.
«Sir Lancelot Spratt?» stotterte der Neuankömmling atemlos, während der Lift nach oben
Weitere Kostenlose Bücher